Pionierinnen

Sie kämpften in einer männlich dominierten Gesellschaft für ihre Überzeugungen, setzten sich an die Spitze der technischen und künstlerischen Innovation und prägten den Verlauf der Geschichte mit ihren Ideen. In diesem Teil unserer Pionierinnen-Reihe stellen wir Frauen vor, die mit ihrem Mut und ihrem Durchsetzungsvermögen den Weg zur Gleichberechtigung geebnet haben. Von Kerstin Neurohr

Vivienne Westwood – Modeschöpferin (*1941)

Die Engländerin ist nicht einfach eine Modedesignerin – sie ist die Queen of Punk, erfolgreiche Exzentrikerin, Aktivistin für Naturschutz, Tier- und Menschenrechte sowie Dame Commander of the Order of the British Empire, also Trägerin eines der höchsten britischen Ritterordens. Gerade ist Vivienne Westwood 79 Jahre alt geworden. Sie ist in dritter Ehe verheiratet, ihr Mann Andreas Kronthaler ist 25 Jahre jünger als sie. Ursprünglich war sie Grundschullehrerin, bis sie in den Siebziger Jahren mit Malcolm McLaren, ihrem zweiten Ehemann, eine Boutique in London eröffnete. Die beiden schneiderten und verkauften Kleidung, die außergewöhnlich, verrückt und provokant war. Gemeinsam kleideten sie die Sex Pistols ein, McLaren wurde zum Manager der Punk-Band. Westwood baute ein Mode-Imperium auf, wurde zu einer der weltweit berühmtesten Engländerinnen und einer Ikone der Modebranche.

Katie Sowers – Football-Trainerin (*1986)

„Ich wollte schon immer etwas schaffen, was zuvor noch niemandem gelungen ist, und wirklich eine Wegbereiterin sein“, sagte Katie Sowers, Trainerin der San Francisco 49ers, als ihre Mannschaft am 2. Februar 2020 im Finale der National Football League (NFL), dem Super Bowl, stand. Sie verlor zwar gegen die Kansas City Chiefs – aber Sowers hatte ihr Ziel erreicht, sie war nämlich die erste weibliche Trainerin, die im Super Bowl stand. Der Weg dorthin war nicht einfach: Sowers wollte an ihrem College die Basketballer trainieren, wurde aber nicht zugelassen, weil man eine lesbische Trainerin nicht akzeptieren wollte. Bei den 49ers ist sie heute Offensive Assistant Coach – und das nächste Ziel hat sie vor Augen: Cheftrainerin werden!

Olga Witt – Zero-Waste-Aktivistin (*1983)

Olga Witt: Ein Leben ohne Müll. Mein Weg mit Zero Waste. Tectum 2019. 20 Euro

Die 36-jährige Olga Witt ist eigentlich Architektin. Doch als sie vor sechs Jahren von der Amerikanerin Beo Johnson und deren Lebensphilosophie „Zero Waste“ hörte, kündigte sie ihren Job und krempelte ihr Leben um: Als eine der ersten in Deutschland entschied sie sich für den „Zero Waste“-Lebensstil und machte Müllvermeidung und Nachhaltigkeit zu ihrem Lebensthema. Sie bloggt, schreibt Bücher, betreibt einen Online-Shop sowie zwei Unverpackt-Läden in Köln und ist gefragte Gesprächspartnerin, auch für Politik, Handel und Industrie. Ihre Tipps für Einsteiger: Wasser aus der Leitung trinken. Backwaren sowie Obst und Gemüse in mitgebrachte Beutel packen. Shampoo und Duschgel durch Seife bzw. festes Shampoo ersetzen.
www.zerowastelifestyle.de
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Florence Nightingale – Pionierin der Krankenpflege (1820 – 1910)

Schon als Jugendliche entwickelte sie ihren Berufswunsch, der für eine Tochter der britischen Upperclass absolut außergewöhnlich war: Florence Nightingale wollte Krankenschwester werden. Sie kämpfte lange, bis ihre Eltern ihr eine Ausbildung in einem Krankenhaus bei Düsseldorf ermöglichten – dort eignete sie sich umfassendes Wissen und praktische Erfahrung an und ging glücklich in ihrer Tätigkeit auf. Berühmtheit erlangte Nightingale, als sie in das heutige Istanbul zog: Dort, in Scutari, ist das Hauptquartier der Briten, die ab 1854 im Krimkrieg gegen die Russen kämpfen. Täglich wurden verletzte Soldaten eingeliefert, sehr viele starben. Florence Nightingale stand in dieser Situation einem Team von Krankenschwestern vor, organisierte den Lazarett-Betrieb und forderte mit viel Engagement das benötigte Material ein. Sie kümmerte sich um die Verletzten und rettete vielen das Leben – dafür wurde sie von den Soldaten verehrt und in ganz Großbritannien zur Berühmtheit. Auf Bildern wird sie meist mit einer Lampe in der Hand dargestellt, wie sie nachts nach den Patienten schaut. Daher rührt die Bezeichnung „The Lady with the Lamp“. Aus dem Krimkrieg kehrte sie krank zurück nach London, sie trug dennoch ganz wesentlich zur Reform des britischen Gesundheitswesens bei und veröffentlichte zahlreiche Bücher zur Krankenpflege. Das Florence-Nightingale-Museum in London feiert dieses Jahr groß ihren 200. Geburtstag

Hedy Lamarr – Schauspielerin und Erfinderin (1914 – 2000)

Hedy Lamarr, eigentlich Hedwig Kiesler, wurde in Wien geboren, war Jüdin und machte als Schauspielerin Karriere in Hollywood. Das Filmstudio MGM vermarktete sie als „schönste Frau der Welt“ – aber Hedy Lamarr war viel mehr: Als engagierte Gegnerin der Nazis entwickelte sie eine störungssichere Technik, mit der Torpedos per Funk ferngesteuert werden konnten. 1942 wurde ihre Erfindung, das sogenannte Frequenzsprungverfahren, patentiert. Bei der Entwicklung der Technik profitierte Hedy Lamarr zum einen davon, dass sie Klavier spielen konnte und für einen Film mehrere Pianolas synchronisiert hatte – mithilfe gleichzeitig ablaufender Klavierrollen, also Lochstreifen. Solche Lochstreifen verwendete sie auch für die Sender und Empfänger der Funkfernsteuerung. Bis heute profitieren wir von ihrer cleveren Erfindung: Sie war die Grundlage für Technologien wie Bluetooth. Michaela Lindinger: Hedy Lamarr: Filmgöttin – Antifaschistin – Erfinderin. Molden 2019. 28 Euro (Amazon-Werbelink)

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