Startfrauen in führungspositionenDas letzte Wort hat: Katja Diehl, Mobilitätsexpertin, Autorin, Podcasterin & Speakerin

Das letzte Wort hat: Katja Diehl, Mobilitätsexpertin, Autorin, Podcasterin & Speakerin

Katja Diehl kämpft nicht einfach für eine Verkehrswende, sondern für „eine liebenswerte Welt für alle“. Jahrelang war sie in leitenden Funktionen in der Mobilitätsund Logistikbranche tätig. Heute entwickelt sie Konzepte, wie Mobilität unabhängig vom Auto gelingt. Ihre Bücher sind Spiegel- Bestseller, sie hat einen Podcast („SheDrivesMobility“) und sitzt u. a. im Beirat von Baden- Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann. Für ihre Arbeit hat sie bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten: Der Focus zählte sie zu den „100 Frauen des Jahres“, ihr erstes Buch erhielt den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis und Diehl gilt als eine der „Remarkable Women in Transport“. Die Fragen stellte Kerstin Neurohr

Sie fordern eine Mobilitätswende – wie sähe Deutschland denn aus, wenn alle Ihre Wünsche diesbezüglich in Erfüllung gingen?
Das Auto wäre nicht mehr der Lieferzustand bundesdeutscher Mobilität, sondern ein Angebot von vielen. Weil wir die Welt für alle verbessern, Wege vielleicht auch gar nicht mehr antreten müssen, weil Ziele nebenan liegen und unser Leben(sraum) so entspannt ist, dass wir nicht mehr in den Urlaub fliegen müssen, um uns zu erholen. Wir benötigen dringend ein Spiegelbild an den Tischen der Macht, wo unsere Mobilität ausgehandelt wird. Zu oft werden Frauen, Transgender, BIPoC, Behinderte (Black, Indigenous and People of Colour) mit ihren Bedürfnissen vor allem an subjektive Sicherheit und Wegeketten durch z. B. Carearbeit nicht mitgedacht und autoabhängig. Auch viele Menschen mit Behinderungen sind auf das Auto angewiesen, weil öffentliche Verkehrsmittel oft nicht barrierefrei sind. Ich sehe mich als Anwältin derer, die unfreiwillig Auto fahren, keinen Führerschein haben oder sich kein Auto leisten können.

Und weniger utopisch, mehr realistisch gedacht: Was sollte in den nächsten fünf Jahren unbedingt passieren in Sachen Mobilität?
Ich würde als Erstes den über 1.000 Städten und Gemeinden der Aktion „lebenswerte Städte“ das Recht geben, in ihren Städten und Gemeinden Tempo 30 einzuführen. Und damit massiv die Lebensqualität vor Ort zu erhöhen. Durch mehr Sicherheit, weniger Lärm und Emissionen. Also die zahnlose Reform der Straßenverkehrsordnung und des Straßenrechts durch Volker Wissing mit sehr viel mehr Biss ausstatten.

Zweitens würde ich anordnen, dass Verkehrssicherheit ein zentraler Baustein der Politik wird und „Vision Zero“ (null Verkehrstote im Straßenverkehr) ganz oben auf die Agenda setzen, damit Mobilität für alle und insbesondere für Alte, Behinderte und Kinder sicher wird.

Linktipp

https://katja-diehl.de

Und als Drittes würde ich ALLE fossilen Subventionen abschaffen – von Dienstwagen- bis Dieselprivileg. Mit den jährlichen Milliarden würde ich eine sichere Mobilität für alle bauen. So kostet uns das Dienstwagenprivileg je nach Schätzung, mindestens vier Milliarden Euro im Jahr, während ein flächendeckendes On-Demand-Rufbussystem in Deutschland bis 2030 insgesamt etwas über drei Milliarden kosten würde.

Was antworten sie jungen Menschen, die demnächst den Führerschein machen wollen und sich schon darauf freuen, bald unabhängig unterwegs zu sein?
Gibt es bei dir Carsharing? Damit sparst du enorm viel Geld und Zeit! Das Schöne: Carsharing boomt gerade vor allem im ländlichen Raum vornehmlich durch private Initiativen. Nicht, um alle Autos abzuschaffen, aber um Zweit- und Dritt-Pkw besser auslasten und weniger rumstehen zu haben.

Cover Katja Diehl Raus aus der Autokratie

Buchtipp

Katja Diehl: Raus aus der AUTOkratie. Rein in die Mobilität von morgen. Fischer 2024. 20,00 Euro.

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