Wie kommt man eigentlich in den Weltraum? Und warum waren dort bisher so wenige Frauen? Sabine Olschner sprach mit Claudia Kessler, Geschäftsführerin der Astronautin GmbH.
Warum haben Sie die Stiftung „Die Astronautin“ und die dazugehörige GmbH gegründet?
Die Idee entstand 2014, als es um den deutschen Astronauten Alexander Gerst so einen Medienrummel gab. Ich dachte mir: Es wäre doch toll, wenn nach elf deutschen Männern nun endlich auch einmal eine deutsche Frau ins All fliegen würde. Ich sprach mit Raumfahrtagenturen und anderen Leuten aus der Branche, und alle sagten: Ja, das wäre toll, aber es gibt ja in Deutschland keine Frau, die dafür geeignet ist. Also habe ich die Stelle der ersten deutsche Astronautin ausgeschrieben – und erhielt 400 Bewerbungen. Mit einem Crowdfunding haben wir Geld gesammelt, um das privat organisierte und finanzierte Basistraining der zwei Astronautinnen zu finanzieren, die wir ausgewählt hatten. Sie durchliefen unter anderem Tauchsimulationen für Unterwassermondmissionen, machten den Flugschein und nahmen an Parabelflügen teil. Wir hoffen, dass spätestens im nächsten Jahr eine der beiden ins All fliegen wird.
Was muss ich denn tun, um Astronautin zu werden?
Zunächst einmal müssen Sie mutig genug sein, um sich vorzustellen, dass Sie sich auf 300 Tonnen Treibstoff setzen. Neben Neugier und Entdeckergeist braucht es zudem die richtige Mischung aus Teamfähigkeit und Leadership- Qualitäten. Astronauten und Astronautinnen arbeiten schließlich sehr lange auf sehr engem Raum im Team zusammen und müssen gleichzeitig in der Lage sein, in schwierigen Situationen schnell Entscheidungen zu fällen und sie dann auch durchzuziehen. Hinzu kommen Stressresistenz, ein schnelles Aufnahmevermögen, Reaktionsgeschwindigkeit und eine gute Kondition. Es ist hilfreich, wenn man Sportarten wie Fallschirmspringen, Drachenfliegen oder Tauchen betreibt, um zu wissen, wie der eigene Körper in verschiedenen Umständen reagiert. Und natürlich ist ein technisches Studium Pflicht. Normalerweise werden zudem drei bis fünf Jahre Berufserfahrung bei der ESA gefordert. Die Kandidaten und Kandidatinnen sollen schon mit beiden Beinen im Leben stehen und sich im Berufsalltag bewiesen haben.
Warum sollten Ihrer Meinung nach überhaupt Frauen ins Weltall fliegen?
Weil Frauen genauso viel können wie Männer. Und weil im Weltall genauso wie auf der Erde gemischte Teams einfach besser funktionieren: Sie sind kreativer und finden mehr Lösungen als einseitige Teams. Gerade im All braucht man in vielen Situationen eine hohe Problemlösungskompetenz. Wenn man längerfristig denkt, Richtung Mars-Mission und Besiedelung anderer Planeten, dann ist klar, warum Frauen auch ins All fliegen sollen. Denn wenn es um Nachwuchs geht, ist das bisher ein Thema, das nur Frauen lösen können. Um dafür Vorbereitungen zu treffen, braucht man medizinische Daten von Frauen. In den vergangenen 50 Jahren hat man fast nur medizinische Daten von Männern gesammelt. Und vieles, was man über den Körper des Menschen im All lernt, lässt sich in der Medizin auf der Erde anwenden.
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Was sind weitere Aufgaben von „Die Astronautin“?
Unsere Stiftung hat in Zusammenarbeit mit Google und dem Fraunhofer Institut das Bildungsprogramm Code4Space aufgelegt, in dem wir Kinder und vor allem Mädchen für die Raumfahrt begeistern wollen. Schulklassen wurden dazu aufgerufen, Vorschläge für ein Experiment zu machen, das die erste deutsche Astronautin auf ihrer Mission durchführen soll. Die Astronautin GmbH hat sich zu einem Raumfahrt-Start-up weiterentwickelt. Wir wollen die Inhalte aus dem Astronautentraining in den Alltag transferieren und Trainingsprogramme für Frauen entwickeln. Denn unser Ziel ist es nicht nur, die erste deutsche Frau ins All zu bringen, sondern grundsätzlich Frauen an die Spitze von Wirtschaft und Gesellschaft. „Die Astronautin“ hat eine ganz starke Vorbildfunktion, nicht nur für mehr Mädchen in Technik, sondern auch als Coach für Frauen in technischen Berufen. Uns wurde ganz oft gesagt, dass das, was wir tun, unmöglich ist. Wir haben es trotzdem gemacht.