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Sieben Trends für den Einstieg

Von der Herausforderung der Digitalisierung über einen noch intensiveren Kundenfokus bis hin zu ungewöhnlichen Beratungsthemen wie Ethik und Werte: Der Beratermarkt wandelt sich. Sieben Trends sind für Einsteiger besonders wichtig, weil sie die Branche von morgen bestimmen werden. Von André Boße

Wandel, wohin man schaut. Es gibt kaum eine Branche, kaum ein Unternehmen, das zuletzt nicht von wesentlichen Veränderungen getroffen wurde. Ob die Digitalisierung der Gesellschaft oder der demografische Wandel, ob der Trend zu mehr Ethik und Werten in der Wirtschaft oder die regulatorischen Folgen der Finanzkrise: Ein Unternehmen, das sein Geschäftsmodell, seine operativen Prozesse sowie seine Unternehmenskultur nicht an die neuen Gegebenheiten anpasst, gerät früher oder später ins Schlingern.

Zeiten des Wandels sind in der Regel gute Zeiten für Strategieberatungen. Schließlich sind sie es, die zusammen mit den Kunden die Veränderungen anstoßen und umsetzen. Und tatsächlich: Wer sich heute in der Branche umhört, erkennt eine optimistische Stimmung. Vorbei die Zeit, als die Consultingfirmen über die Sparmaßnahmen der Unternehmen klagten. Zwar spüren noch immer viele Kunden den Kostendruck, doch sind die Veränderungen von so großer Bedeutung und häufig von so immenser Komplexität, dass sie ohne Beratung kaum zu gestalten sind. Doch das Consultinggeschäft geht nicht einfach weiter wie bisher. Es gibt eine Reihe von neuen Trends, die heute schon erkennbar sind und die Beraterlandschaft in Zukunft prägen werden.

Trend 1: Große Projekte
Als COO des Consulting-Bereichs bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Sieben Trends KPMG ist Manfred Hannich für das operative Geschäft der Beratungssparte zuständig. Seine Prognose für die Zukunft: „Die Zahl der Beratungsprojekte wird insgesamt abnehmen, die Größe der Projekte jedoch tendenziell steigen.“ Die Nachfrage nach Beratungsdienstleistungen für große Transformationsprojekte oder Projekte mit übergreifenden Themen nehmen schon heute stetig zu. Einerseits sind diese Projekte sehr komplex. Andererseits wünschen sich die Kunden eine Beratung aus einer Hand. Darauf müssen sich die Consultingunternehmen und ihre Mitarbeiter vorbereiten. „Die starre Unterteilung in kleine Spezialberatungen, IT-Consultants, Strategieberatungen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften lässt sich zukünftig nicht mehr aufrechterhalten“, glaubt Manfred Hannich. Nur zu beraten, ohne die Umsetzung im Blick zu haben, reiche heute nicht mehr. „Die Zukunft gehört daher Multispezialisten, welche die immer komplexeren Probleme ihrer Kunden bearbeiten können.“

Trend 2: Der Kunde will’s wissen
Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf den Einstieg in die Branche. „Berater müssen verstehen, dass der Kunde König ist. Und sie müssen sich immer wieder auf veränderte Rahmenbedingungen oder Wünsche ihrer Kunden einstellen. Mit vorgefertigten Konzepten nach dem Motto ‚Friss oder stirb‘ kann man heute keinen Auftrag mehr bekommen“, sagt Manfred Hannich. Für Berater bedeutet das, dass sie mehr denn je Abstand von vorgefertigten Standardlösungen nehmen müssen. Wenn der Kunde komplexe Fragestellungen formuliert und zudem wissen möchte, welche konkreten Verbesserungen ihm die Lösungen bieten, dann muss der Berater darauf Antworten finden – und zwar idealerweise solche, die sich belegen lassen. Und: Er muss auch dann noch im Unternehmen sein, wenn sich zeigt, ob diese Antworten tatsächlich die richtigen waren. Neu ist auch, dass Kunden sich verstärkt dafür interessieren, was andere Unternehmen oder Organisationen tun, um ihre Geschäfte zu optimieren. „Wir machen die Beobachtung, dass Unternehmen bei der Beurteilung von strategischen Themen zunehmend an Beispielen und Erkenntnissen aus anderen Ländern und Branchen interessiert sind, um von diesen Erfahrungen zu lernen“, sagt Daniel Milleg, Partner bei der Unternehmensberatung Oliver Wyman und dort für den Bereich Recruiting in Deutschland zuständig.

Studie: Umsatz der Branche steigt

In der Studie „Facts & Figures zum Beratermarkt 2013/2014“ untersuchte der Bund Deutscher Unternehmensberater die Umsätze der deutschen Consultingfirmen. Das erfreuliche Ergebnis: Der Umsatz in der deutschen Unternehmensberaterbranche ist im Jahr 2013 erneut gestiegen. Insgesamt fragten die Auftraggeber aus Industrie, Wirtschaft und Verwaltung Beratungsleistungen im Wert von 23,7 Milliarden Euro nach. Dies entspricht einem Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das laufende Jahr 2014 erwartete der BDU erneut ein Umsatzplus von 5,5 Prozent.

Nähere Infos zur Studie unter www.bdu.de

Trend 3: Renaissance der Strategieberatung
Im Zuge der Diskussion um Kostenund Prozessoptimierungen stellte sich zuletzt die Frage, ob die klassische Strategieberatung ihre Königsposition verloren hat. Experten sind anderer Meinung. „Wir sehen eine sehr große Nachfrage bei den zentralen Themen der Unternehmensstrategie“, sagt Michael Staebe, Partner bei Bain & Company und verantwortlich für das Recruiting im deutschsprachigen Raum. „Viele unserer Kunden wollen sich auf das konzentrieren, was sie wirklich vom Wettbewerber differenziert, und fragen unsere Unterstützung bei der Strategieentwicklung an.“ Man kann es auch so formulieren: Im Zuge der immer größeren Komplexität und Internationalität verlieren viele Unternehmen das Gespür für das, was sie wirklich auszeichnet. Hier können Consultants helfen. Gefragt sind zum Beispiel Unternehmensberater, die sich darauf verstehen, strategische Programme zur Steigerung des Ertrags zu entwickeln. Dabei steht alles auf dem Prüfstand: die Organisation und das Geschäftsmodell, M&A-Geschäfte und die Unternehmensstruktur.

Trend 4: Digitalisierung als Herausforderung
Das Internet und die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation sind im Leben der Menschen längst allgegenwärtig. Die Strategien der Unternehmen, diese neue Form der Kommunikation für die eigenen Geschäfte zu nutzen, sind aber vielfach noch nicht ausgereift. „Viele Branchen stehen vor der Digitalisierung ihrer gesamten Wertschöpfungskette, was Veränderungen in den Unternehmensprozessen, aber auch in der Kultur bedeutet“, sagt Bain-Partner Michael Staebe. Die Aufgabe der Berater ist es, die Digitalisierung des Geschäfts der Kunden innerhalb der Organisation voranzutreiben und neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Nachgefragt werden Consultants auch, wenn es darum geht, die vielen Daten, die Unternehmen von ihren Kunden sammeln, optimal zu nutzen, damit die Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Kunden besser verstehen.

Trend 5: Beratung in Sachen Ethik und Werte
Früher brachte man Unternehmensberater nicht in erster Linie mit Begriffen wie Ethik und Werte zusammen. Doch auch hier haben sich die Zeiten geändert. „Gesellschaftliche Verantwortung und nachhaltiges Wirtschaften zählen zu den derzeit wichtigsten Themen für Unternehmen“, sagt Daniel Milleg von Oliver Wyman. Die Unternehmensberatung führt ein eigenes „Sustainability Center“, das Unternehmen und Regierungsorganisationen dabei unterstützt, wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeitsstrategien umzusetzen. Um als Berater bei diesen Fragen glaubwürdig zu sein, legen die Unternehmensberatungen selbst großes Gewicht auf Werte und ökologisches Denken. Pro-Bono-Beratungen für soziale und innovative Non-Profit-Organisationen gehören genauso dazu wie Richtlinien für ethisches Handeln und eine grüne Unternehmenskultur.

Trend 6: Talente so gefragt wie nie
Mit Blick auf den Arbeitsmarkt für Consultants stellt Michael Staebe von Bain & Company allen Beratertalenten eine hervorragende Karriereperspektive in Aussicht: „Der ,war for talents’ bleibt auch weiterhin eine große Herausforderung für die Branche, denn alle Top-Managementberatungen suchen zusammengenommen mehr Nachwuchskräfte, als an Beratung interessierte Hochschulabsolventen zur Verfügung stehen.“ Doch bei den Anforderungen, die Strategieberatungen an den Nachwuchs stellen, werden die Arbeitgeber keine Kompromisse eingehen – dafür sind die Ansprüche der Kunden einfach zu hoch. Wer also als Consultant einsteigen und von der sehr steilen Lernkurve profitieren möchte, muss einiges mitbringen. „Neben analytischen Fähigkeiten sind praktische Erfahrungen in der Industrie von Vorteil“, nennt Oliver-Wyman-Partner Daniel Milleg einen Punkt. „Schließlich müssen sich Berater bei Projekten schnell in die jeweilige Unternehmensstruktur und -kultur der Kunden hineinversetzen. Ein Grundverständnis für große und mittelständische Unternehmen ist daher sehr hilfreich.“ Bei KPMG setzt man in erster Linie auf BWL-Absolventen, denn, so der COO Manfred Hannich, „ohne ein grundlegendes Verständnis von betriebswirtschaftlichen Prozessen ist es nur schwer möglich, ein Unternehmen auf höchstem Niveau zu beraten.“ Ergänzt werden die Teams jedoch von Beratern aus unterschiedlichsten Richtungen, von Ingenieuren und Mathematikern bis hin zu Informatikern und Statistikern.

Trend 7: Ohne Wachstum geht es nicht
Auch die Beratungsunternehmen selbst sind gefordert. Die Branche war zuletzt von einigen Übernahmeplänen geprägt, die Dynamik wird nach Meinung vieler Experten dazu führen, dass vor allem große Generalisten und kleine Nischenberatungen erfolgreich am Markt bestehen werden. Dass die Consultingfirmen wachsen, ist nicht nur wichtig für die Bilanz, sondern auch für das Recruiting. „Beratung ist ein People Business“, sagt Manfred Hannich. „Wir müssen wachsen, um unseren Mitarbeitern Karrierechancen bieten zu können. Sonst gehen sie woanders hin.“

Buchtipp: Ethik und Consulting

Der Autor Michael Hesseler ist Sozialwissenschaftler und Wirtschaftswissenschaftler. In seinem Buch fragt er, wie es gelingen kann, eine moderne Unternehmensberatung mit Fragen der Ethik zu verknüpfen. Das Buch beschreibt moralische Risiken, denen sich Consultants stellen müssen, und bietet im Serviceteil eine Reihe von Fallbeispielen sowie Informationen zu Weiterbildungen und speziellen Studiengängen.

Michael Hesseler: Unternehmensethik und Consulting: Berufsmoral für professionelle Beratungsprojekte.
Oldenbourg 2011. ISBN 978-3486586893. 39,80 Euro.

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