Die IT-Beratung NTT Data Deutschland gehört zu einem japanischen Konzern. Diese Besonderheit hat Einfluss auf die Firmenkultur, sagt Personalchef Uwe Kloos. Das Unternehmen sieht sich selber als eine Familie. Was Einsteiger in dieser Hinsicht erwartet und was gute IT-Beratung heute auszeichnet, verrät der 48-Jährige im Interview mit André Boße.
Zur Person
Uwe Kloos, geboren am 27. August 1964 in Rumänien, studierte Ökonomie in Augsburg. Über berufliche Stationen bei Siemens Nixdorf, Siemens Business Services oder Compaq kam er zum deutschen IT-Beratungsunternehmen Cirquent, das im April 2012 zu NTT Data Deutschland umfirmiert wurde. Dort ist er heute Head of Human Resources & Organisation für die Region Deutschland, Österreich und Schweiz. Jährlich rekrutiert der 48-Jährige rund 300 Consultants und IT-Consultants. Zudem leitet er Integrationsprojekte aus dem Wirtschaftsraum EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika).
Herr Kloos, NTT DATA Deutschland ist Teil des großen japanischen Telekommunikationskonzerns NTT. Kann man bei Ihnen als Berater eigenständig arbeiten? Oder spürt man zu jeder Zeit den Einfluss des Mutterkonzerns?
Wir benutzen die Metapher der Familie. Das heißt, es gibt innerhalb der NTT DATA Familienmitglieder – eines davon ist die deutsche Organisation –, die kooperieren und ein gemeinsames Ganzes bilden. Das ist wichtig, weil wir als IT-Dienstleister die gesamte Bandbreite anbieten, vom Consulting über die Umsetzung von Business- Strategien in IT-Konzepten bis hin zur Systemintegration. Wir appellieren daher an den Teamgeist unserer Mitarbeiter. Eine Ellenbogenmentalität passt nicht zu uns.
Ist hier die japanische Unternehmenskultur spürbar?
Ich denke schon. Im Zentrum stehen das Miteinander und eine langfristige Orientierung. Das versuchen wir zu leben. Klar, wir zählen zu den großen IT-Unternehmen auf dem globalen Markt. Trotzdem legen wir Wert darauf, dass jeder Mitarbeiter ein auf sich zugeschnittenes Arbeitsfeld mit entsprechenden Entwicklungsmöglichkeiten erhält. Das ist deshalb wichtig, weil wir unseren Kunden ja auch maßgeschneiderte Lösungen bieten wollen. Hier bedingt das eine das andere.
Wie und wann werde ich als Einsteiger bei Ihnen mitbekommen, dass Ihr Unternehmen global aufgestellt ist?
Das beginnt sicherlich mit den ersten informellen Gesprächen mit den neuen Kollegen, die dann von der Bandbreite der Projekte erzählen. Wir legen Wert darauf, dass junge Kandidaten viele solcher Gespräche führen. Der potenzielle Nachwuchs soll eben nicht nur mit einem Manager reden, sondern möglichst auch künftige Kollegen kennenlernen. Die Mitarbeiter wiederum werden dann in die Personalentscheidung mit einbezogen. Hier greift also wieder der Familiengedanke: Neben der fachlichen Expertise, die ein Bewerber mitbringt, muss er uns auch auf persönlicher Ebene überzeugen. Er muss in die Familie passen.
Wo sehen Sie die besonderen Herausforderungen dieses interkulturellen Arbeitens?
Wenn es um rein fachliche IT-Fragen geht, finden die Mitarbeiter sehr schnell zueinander. Ob in China, Indien, Japan oder Deutschland: Die Technik ist überall mehr oder weniger gleich. Doch die IT läuft ja nicht für sich, sondern für die Menschen, für die Kunden. Und da wird es dann komplizierter. Wir bieten eben nicht nur ITLösungen an, sondern auch die damit verbundene Beratung und das Change Management. Daher ist die interkulturelle Kompetenz ein absoluter Erfolgsindikator für internationale ITProjekte. Sprich: Ein Informatiker mit Top-Abschluss und hohem fachlichen Know-how, der sich für eine Karriere bei einem IT-Dienstleister mit hohem Consulting-Anteil interessiert, muss über ausgeprägte soziale Skills verfügen – oder sich diese aneignen.
Wie prüfen Sie in der Bewerbungsphase, ob jemand bereits über solche Kompetenzen verfügt oder nicht?
Ein möglicher Weg ist, sich von den Kandidaten ihre Diplomarbeit präsentieren zu lassen. Die Bewerber sind dann im Thema, und wir können schauen, wie sie sich bei der Präsentation geben. Dabei geht es uns nicht um fachliche Perfektion. Uns interessiert vielmehr, wie sich jemand in der, wie der Amerikaner sagt, „danger zone“ darstellt. Wir merken dann schnell, ob jemand damit zurechtkommt oder nicht – wobei man sagen muss, dass die allermeisten Bewerber hier gut abschneiden. Wer sich für einen Einstieg in die Beratung entscheidet, hat sich in den meisten Fällen bereits selbst vorselektiert und erkannt: Das ist was für mich. Bei etwa 250 neuen Einstellungen pro Jahr haben wir dafür einen guten Blick entwickelt.
Nun bringen die Einsteiger der sogenannten Generation Y neue Ansprüche mit in die Unternehmen, vor allem was die Work-Life-Balance betrifft. Kann ein Beratungsunternehmen diese Ansprüche erfüllen?
Es ist grundsätzlich möglich, ja. Wenn jemand ein Sabbatical wünscht oder in Elternzeit gehen möchte, arbeiten wir gemeinsam an einer guten Lösung für beide Seiten.
Das klingt, als würde jetzt ein „aber“ folgen …
… ja, denn man muss diese Flexibilität auch dem Kunden vermitteln, und das ist nicht immer einfach. Man muss ihm nahebringen, dass ein Consultant ihm vielleicht nicht über die gesamte Strecke der Beratung zur Verfügung steht. Andererseits muss man als Berater wissen, dass es Phasen gibt, in denen eine Auszeit nur schwer vermittelbar ist. Zum Beispiel, wenn am Höhepunkt eines Projekts die Umsetzungsphase beginnt. Kein Kunde hat Verständnis, wenn der Berater sagt: Ich bin jetzt drei Wochen weg und schaue dann, wie es gelaufen ist. Einsteiger sollten sich also darauf einstellen, als Berater im Rhythmus von Projekten zu arbeiten – wobei ich schon finde, dass dieser Rhythmus genügend Gestaltungsspielräume bietet, um für sich selber eine gute Work-Life-Balance herzustellen.
Die gesamte IT-Branche diskutiert den akuten Frauenmangel. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Auch wir haben Schwierigkeiten, passende Bewerberinnen zu finden. Leider. Zum einen gibt es einfach zu wenige Frauen, die BWL mit einem IT- oder Wirtschaftsinformatik-Hintergrund studieren. Hinzu kommt das Problem, dass viele Frauen, die Karriere und Familie vereinbaren möchten, an einem bestimmten Punkt auf Teilzeitlösungen setzen. Hier schaffen wir es bereits, individuelle Lösungen zu vereinbaren, allerdings sind diese bei unseren Kunden besonders in beratungsintensiven Phasen nicht leicht zu vermitteln. Um es kurz zu sagen: Er möchte seinen Berater dann ganz.
Es ist also kein fachliches, sondern ein organisatorisches Problem.
Absolut. Den Frauen, die bei uns an Bord gekommen sind, bereitet die Arbeit sehr viel Freude.
Zum Unternehmen
Der japanische IT-Konzern NTT Data mit Hauptsitz in Tokio ist in mehr als 35 Ländern weltweit vertreten. Außerhalb des japanischen Stammmarktes arbeitet das Unternehmen mit rund 6000 IT-Spezialisten. Der Schwerpunkt liegt auf langfristigem Engagement mit seinen Kunden: Das Unternehmen kombiniert globale Reichweite mit lokaler Marktkenntnis und bietet Dienstleistungen von der Beratung und Systementwicklung bis hin zum Outsourcing an. In Deutschland war das IT-Beratungsunternehmen Cirquent lange eine Tochtergesellschaft des japanischen Konzerns, bevor es 2012 zu NTT Data Deutschland umformiert wurde.