Ihr Tagesgeschäft haben Unternehmen selbst im Griff. Doch um in Zeiten der Digitalisierung wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen die Unternehmen auf Ausgründungen oder die Start-up-Kultur. Und Gründer wollen mit neuen Ideen die Märkte aufmischen. Berater sind dabei gefragte Begleiter. Von Christoph Berger
„Im Bankenbereich ging man erst davon aus, dass sich die Branche aufgrund der technologischen Entwicklungen innerhalb von drei bis fünf Jahren wandelt. Doch inzwischen rechnen wir schon in Halbjahresschritten. Und angesichts des Negativzinsniveaus erhöht sich der Druck momentan sogar auf eine quartalsweise Betrachtung“, beschreibt Achim H. Schulz, Gesellschafter und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Schulz & Cie. Consulting in München, die Situation in der Finanzbranche.
Sein Unternehmen berät zum einen Finanzdienstleistungsunternehmen, die durch die Gründung von Fintechs, also technologiegetriebene Start-ups im Finanzbereich, oder Tochterunternehmen diesem Wandel Rechnung tragen wollen. Oftmals sollen neue Geschäftsideen umgesetzt oder der Markteintritt geplant werden. Denn, so der Experte: „Wir erleben hier ganz massiv Projekte, in denen es um Prozesseffizienz geht, in denen alles Bisherige hinterfragt wird. Alles, was in irgendeiner Weise kostenintensiv ist, steht in der Branche auf dem Prüfstand.“
Frankfurt School Blockchain Center
Die Frankfurt School of Finance & Management hat im Februar 2017 das Frankfurt School Blockchain Center ins Leben gerufen. Das Center ist als Think Tank und Forschungszentrum konzipiert und beschäftigt sich mit den Implikationen der Blockchain-Technologie für Unternehmen und Wirtschaft. Dabei wird man sich vor allem auf die Bereiche Banken, Energie, Industrie 4.0 und Mobilität konzentrieren. Weitere Infos: www.frankfurt-school.de/home/research/centres/blockchain.html
Im Bereich der Fintechs oder Banken kümmern sich die Berater somit um Nischenthemen: die bankenaufsichtlichen Regularien, neue gesetzliche Vorschriften oder um ein möglichst schlankes und erfolgsversprechendes Zulassungsverfahren bei der Bafin. Die reine Unternehmensgründung, die würden all seine Kunden selbst hinbekommen. Ein zweiter Schwerpunkt von Schulz‘ Beratungsunternehmen liegt auf der Beratung von Mittelstandsunternehmen:
Die Beratung hinsichtlich der Business-Pläne und die Umsetzung von Geschäftsideen sind in diesem Segment die wesentlichen Beratungsthemen. Auch bezüglich der Finanzierungsstrukturen oder bei Rating-Analysen unterstützt Schulz die Unternehmen: ‚Ist die richtige Bank als Partner gefunden worden?‘ und ‚Wie stehen die Chancen für einen Kredit?‘ sind beispielsweise zu beantwortende Fragen. „Wir leben natürlich von diesen Veränderungen und den Umbruchsituationen“, erklärt Schulz die Beratertätigkeit. „Uns braucht man in der Regel nur, um Veränderungen gut zu managen.“
Damit er und seine Teams dabei erfolgreich sind und den gewünschten Mehrwert für die Kunden erzielen, werde unterschiedlichstes Knowhow benötigt: Zu den Teams gehören Finanzmarkt- und IT-Experten, aber auch Fachleute für Führungsthemen. „Gerade bei der Gründung von Tochtergesellschaften spielt die Qualifikation der Führungskräfte eine entscheidende Rolle. Habe ein Start-up erst einmal Fahrt aufgenommen, brauche es schnell Führungsstrukturen. Beraten und geschult werden müsse zu folgenden Fragen: Was kommt auf mich zu und welche Haftungspflichten muss ich beachten – im rechtlichen und Finanzierungsbereich? „Und es geht um allgemeine Führungsthemen“, beschreibt Achim Schulz die Herausforderungen.
Schließlich spiele noch der technikgetriebene Bereich für die Beratung eine Rolle, jedoch mit der Warnung: „Bei all diesen neuen Geschäftsmodellansätzen handelt es sich meist um einen Mix aus klassischen Finanzprodukten und mehr Geschwindigkeit. Die Basis müsse aber immer die Schaffung von Mehrwert beim Kunden sein. Den interessiert die Technik wenig, er wünscht ein gut funktionierendes Produkt“, so der Experte. Einsteigern empfiehlt er derzeit eine Fokussierung auf die Themen Risikomanagement, Anti Money Laundering, also die Anti-Geldwäsche, und Compliance. Im Bereich Finanzierung rät er zu einer Konzentration auf das Thema Corporate Finance. In diesen Segmenten würden sich beste Einstiegsmöglichkeiten bieten.
Start-up Beratung
Auf eine andere Gruppe im Bereich der Start-up-Beratung hat sich die FSGU Group Unternehmensberatung spezialisiert. Sie berät Existenzgründer beim Markteintritt. „Wir beraten hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Fragestellungen, insbesondere zu Themen der Finanzierung, zu den Erfolgsaussichten eines Geschäftsmodells und zu technischen und administrativen Fragen“, sagt Rolf Stahlberger, Kopf der freiberuflichen Unternehmensberatung. Dabei lernt er die gesamte Breite an Gründerpersönlichkeiten kennen – solche, die in Bezug auf Abläufe und die Beschaffung von Kapital von Beginn an sehr gut aufgestellt sind, aber genauso diejenigen, die den Fokus nur auf das eigene Geschäftsmodell gelegt hatten. Letzteres sei nicht unbedingt verkehrt, so Stahlberger, schließlich seien die Unternehmensberater ja dafür da, beratend einzugreifen.
Er hat jedoch auch festgestellt: „Manche Gründer gehen sehr naiv an ihr Vorhaben ran. Sie denken, ihre Idee sei so toll, die muss einfach laufen. Allerdings entspricht diese Vorstellung oft nicht der Realität.“ Doch was unterscheidet beispielsweise seine Unternehmensberatung von Existenzgründerberatungen, die oftmals sogar kostenfrei Gründern mit Rat zur Seite stehen? „Gerade bei den zukunftsorientierten Fragen, in denen es um Prognosen und Abschätzungen geht, ist ein hoher Erfahrungswert sehr wichtig – etwa bei der Frage nach der Tragfähigkeit eines Geschäftsmodells“, ist Stahlberger überzeugt. Je nach Branche, in der man gründet, sollte man auch entsprechende Experten zu Rate ziehen, empfiehlt er. Die finanziellen Mittel dafür müssten natürlich zur Verfügung stehen. Da für eine Gründung aber fünf Jahre zur Verfügung stünden, gebe es nach einiger Zeit oft schon erwirtschaftetes Kapital, von dem Teile in eine professionelle Beratung investiert werden könnten.
Buchtipps
Das Buch „Dienstleistungen 4.0“ behandelt vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung und der damit verbundenen grundlegenden und nachhaltigen Veränderung von Märkten und Branchen den Themenschwerpunkt „Dienstleistungen 4.0“. Die Autoren zeigen auf, dass der adäquate Umgang mit der Digitalisierung einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor sowohl für Produkthersteller als auch Dienstleistungsunternehmen darstellt. Manfred Bruhn, Karsten Hadwich (Hrsg.): Dienstleistungen 4.0. Springer Gabler 2017. 99,99 Euro.
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