Peter Pfaff ist Konzeptmanager bei B. Braun und verantwortlich für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen, die das Image des Unternehmens als Ansprechpartner für multiresistente Erreger (MRE) stärken. Über die gefährlichen Keime und darüber, wie man sie bekämpfen kann, sprach mit ihm Christiane Siemann.
Herr Pfaff, „MRE – der schleichende Tod“ heißen dramatische Schlagzeilen. Wie entstehen multiresistente Erreger?
Der Hauptgrund der Entstehung liegt in der Verwendung von zu vielen oder falschen oder zu kurz verabreichten Antibiotika. Neben dem unkritischen Einsatz von Antibiotika ist häufig auch die Umsetzung der prophylaktischen Hygienemaßnahmen in Kliniken nicht optimal. Multiresistente Erreger werden zum Problem bei Kranken und abwehrgeschwächten, insbesondere älteren Menschen oder bei Frühgeburten. Auch Patienten mit Verletzungen, Operationen, chronischen Wunden, invasiven Maßnahmen wie Kathetern oder Sonden bedürfen besonderer Schutzmaßnahmen. Dringen die Erreger in den Körper ein, sind die Therapiemaßnahmen sehr begrenzt, und es kann zu dramatischen Infektionsverläufen kommen.
Multiresistente Erreger (MRE)
Als Multiresistenz bezeichnet man in der Medizin eine Form der Antibiotikaresistenz, bei der Bakterien oder Viren gegen mehrere verschiedene Antibiotika unempfindlich sind. MRE gehören zu den häufigsten Komplikationen medizinischer Behandlungen. Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit treten in Deutschland jährlich schätzungsweise 400.000 bis 600.000 Fälle auf.
Wie sehen die Folgen aus?
Am meisten Sorgen macht uns der MRSA, der multiresistente Staphylococcus aureus. Man geht davon aus, dass 30 Prozent aller Erwachsenen zeitweise besiedelt sind. Dies ist für den gesunden Organismus eigentlich kein Problem. Auf der Körperoberfläche sind diese Bakterien durch gezielte sogenannte Sanierungsmaßnahmen relativ einfach zu entfernen. Im Körper verursachen sie allerdings Wund-, Atemwegs- oder Harnwegsinfektionen oder eine Blutvergiftung. Nach Schätzungen befinden sich in deutschen Krankenhäusern jährlich über 130.000 Patienten mit MRSA. Davon haben rund 38.000 die Besiedlung im Krankenhaus erworben, mehr als ein Drittel von ihnen sind diesbezüglich behandlungsbedürftig. Eine MRSA-Infektion erhöht das Risiko, bei einem Klinikaufenthalt zu sterben, um den Faktor 2,7. Erst dramatische Fälle, wie der Tod der Frühgeborenen in Mainz oder Bremen, führten zu Reaktionen auf der politischen Ebene und der Festschreibung entsprechender Maßnahmen im Infektionsschutzgesetz.
Warum engagiert sich B. Braun in MRE-Projekten?
MRE gehören zu den häufigsten Komplikationen medizinischer Behandlungen. Für Kliniken und Heime entstehen immense betriebswirtschaftliche Kosten: Personalkosten für Sanierungsmaßnahmen fallen an sowie Kosten für Sanierungsprodukte, Desinfektion und Schutzkleidung. Zudem erhöhen MRSA-Infektionen die Krankenhausverweildauer. Große Probleme kann aber niemand für sich allein lösen – und multiresistente Erreger sind ein großes Problem. Wir wollen aufzeigen, dass abgestimmte Vorgehensweisen, offene und ehrliche Kommunikation sowie systematisches Hygienemanagement zum Erfolg führen können. Daher unterstützen wir Kliniken, Gesundheitsämter und andere Institutionen beispielweise mit der Erfahrung aus vielen Projekten und Schulungsmaßnamen. Durch Kooperationen mit Krankenkassen und auch Wettbewerbern wollen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, um gemeinsam den Kampf gegen MRSA zu gewinnen.
Wie kann man den Keim abwehren?
Unser Ansatz: Die Keime müssen bekämpft werden, bevor sie die Möglichkeit haben, in den Körper einzudringen. Der erste Schritt: umfassende Aufklärung, wie das Hygienemanagement gestaltet sein sollte, um den Keim, wenn er vorhanden ist, zu eliminieren. Das Personal muss geschult werden, denn wenn der Keim vorhanden ist, kann er auf andere Patienten, das Krankenhauspersonal und Angehörige übertragen werden, die ihn dann wieder weitergeben. Die Sanierung des Keims ist im Prinzip relativ leicht: Nach sieben Tagen spezifischer Behandlung kann ein Mensch MRSA-frei sein. Zudem haben wir ein System auf der Basis des Wirkstoffs Polyhexanid (PHMB) entwickelt, mit dem ein MRSA-Träger von Kopf bis Fuß saniert werden kann. Es ist besonders hautfreundlich und hat einen nachgewiesenen antimikrobiellen Barriereeffekt bis zu 24 Stunden.
Welche Rolle spielen Naturwissenschaftler bei der Entwicklung?
Ein solches Produkt, wie ein Desinfektionsmittel oder ein Arzneimittel mit seinen gesamten Therapiemöglichkeiten, entsteht immer in der Zusammenarbeit von Chemikern, Medizinern, Biologen, Hygienikern, Pharmakologen und Toxikologen. Von der Forschung bis zur Produktentwicklung über die Auswahl und Formulierung des Wirkstoffs bis zu den klinischen Studien sind viele unterschiedliche naturwissenschaftliche Disziplinen beteiligt.
Über B. Braun
Das Unternehmen mit Sitz im nordhessischen Melsungen hilft durch Wissensaustausch, Therapien und Arbeitsabläufe in Kliniken und Praxen zu verbessern und die Sicherheit von Patienten, Ärzten und Pflegepersonal zu erhöhen. 2011 erwirtschafteten 44.000 Mitarbeiter in rund 50 Ländern mit Produkten und Dienstleistungen 4,6 Milliarden Euro.
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