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Wirtschaftlich teilen

Shareconomy verändert derzeit ganze Branchen. Die Musikund die Filmindustrie sind gute Beispiele. Doch auch andere Wirtschaftsbereiche sind von dem Sog der neuen Möglichkeiten erfasst, beispielsweise die industrielle Fertigung und der Energiesektor. Und überall entstehen unter dem Begriff des Teilens neue Geschäftsmodelle. Doch was bedeutet Teilen? Von Christoph Berger

„Wir teilen nicht, weil wir uns plötzlich alle lieb haben. Wir teilen, weil die IT und die Telekommunikation das Tor aufstoßen in diese neue Welt“, sagte der Präsident des Branchenverbands Bitkom, Professor Dieter Kempf, in seiner Rede im Rahmen der CeBIT-Eröffnung dieses Jahr in Hannover. In dieser neuen Welt geht es ums Nutzen statt ums Besitzen: um die gemeinsame Nutzung von Techniken, Infrastruktur und Wissen. Dieses Prinzip nennt sich Share Economy – oder auch verkürzt Shareconomy.

Bemühen wir das gern genutzte Beispiel des Car-Sharings: Wieso ein Auto kaufen, wenn es nur hin und wieder zum Einkaufen gebraucht wird? Billiger, profitabler und ressourcenschonender ist es, sich einen Wagen mit anderen zu teilen. Diese Idee ist auf vieles übertragbar – und der Gedanke, dass mit Teilen kein Geld verdient werden kann, ist falsch, wie Beispiele zeigen: Beim Car-Sharing betreiben Unternehmen Autoflotten, auf die Nutzer bei Bedarf zugreifen und dafür zahlen.

Die Musik- und Filmindustrie hat nach schweren Zeiten mit Umsatzrückgängen aus dem Prinzip des Teilens ein erfolgreiches Vertriebsmodell gemacht. Bitkom-Präsident Kempf prophezeite in seiner Rede sogar das Verschwinden der Grenze zwischen Produzenten und Konsumenten. Der zentrale Akteur der Shareconomy werde der Prosumer. Der Kunde ist derjenige, „der sich an der Entwicklung des neuen Autos beteiligt, es später auch fährt, bewertet und gemeinsam mit dem Hersteller weiterentwickelt“.

Filmtipp
BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf sprach auf der CeBIT 2013 über die Chancen der Shareconomy!

Der Begriff Shareconomy mag neu sein – laut dem US-Unternehmen Salesforce tauchte er erstmals im Dezember 2012 auf. Für Jan Stötzel, bei Fujitsu aus München für Services und Cloud Marketing zuständig, ist das Modell jedoch schon uralt: „Denken Sie nur an Flugzeuge. Viele Menschen teilen sich ein Verkehrsmittel, um an einen anderen Ort zu kommen. Oder an Energie: Kraftwerke versorgen ganze Regionen mit Strom.“

Er verbindet mit Shareconomy eher einen Wandel vom Produkt- hin zu einem Servicezentrismus. „Viele teilen sich einen Service, nicht jeder muss sich eine eigene Infrastruktur aufbauen“, erklärt er. Gezahlt wird jeweils, wie etwa im Car-Sharing-Modell, nach Bedarf. So entstehen nicht nur ganz neue Geschäftsmodelle, auch die Eintrittsbarrieren für junge Unternehmen sinken. Stötzel ist sich sicher, dass Unternehmen entstehen werden, an die man heute noch überhaupt nicht denkt. Wer hätte je daran geglaubt, dass ein Service, der das Teilen von Handtaschen organisiert, erfolgreich sein kann?

IT teilen

Auch die Cloud-Technologie ist ein Geschäftsmodell der Shareconomy: Unternehmen können sich bei Cloud- Anbietern den für sie geeignetsten Service suchen und konfigurieren ihn dann, bis er die für das jeweilige Geschäft nötigen Anforderungen erfüllt. Start-ups stehen Rechenleistungen zur Verfügung, die früher nur Großunternehmen betreiben konnten, sodass die jungen Firmen sich die IT-Infrastrukturen nicht mehr selbst aufbauen müssen. Sie brauchen kaum noch Hard- und Software, ausgegliedert wird bis zur IT-Adminstration. Die Unternehmen konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft.

Was für Kunden und Unternehmen wie ein Segen klingen und einer Revolution gleichkommen mag – Kempf sprach von der „4. industriellen Revolution“ –, ist für die Anbieter der IT-Infrastrukturen eine enorme Herausforderung. Sie müssen eine Zugriffsgarantie und Ausfallsicherheit für ihre Services abgeben. Hochspezialisierte Mitarbeiter für Datenbankmodelle und Backend- Lösungen werden benötigt. Und auch die Themen Datenschutz, Verbraucherschutz, gewerblicher Rechtsschutz und Arbeitsrecht stehen jetzt auf der Agenda. „Denn unter dem Aspekt des Teilens spielt die Sicherheit der unternehmenseigenen Daten eine wichtige Rolle“, sagt Stötzel.

Diese Vielfalt an neuen Möglichkeiten bietet auch IT-Absolventen eine riesige Spielwiese: Entweder teilen sie ihr Wissen mit einem Unternehmen – oder sie bringen gleich ihre eigene Idee auf den Markt. Das Prinzip der Shareconomy eröffnet für Einsteiger ganz neue Welten.

Professor Dieter Kempf nannte in seiner CeBIT-Eröffnungrede fünf Auswirkungen des Teilens auf die Wirtschaft:
1. In der Shareconomy entsteht eine neue Macht der Verbraucher.
2. In der Shareconomy werden die Grenzen zwischen Produzenten und Konsumenten nach und nach verschwinden.
3. In der Shareconomy spielt Unternehmensgröße nur noch eine kleine Rolle.
4. In der Shareconomy lösen sich die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem weiter auf.
5. In der Shareconomy funktioniert der alte Rechtsrahmen nicht mehr so richtig.

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