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Herzschmerz am Schreibtisch

„Liebeskummer ist eine scheußliche Krankheit“, hat Tina Turner einmal gesagt. Dagegen meint der französische Schriftsteller Marcel Pagnol: „Liebeskummer ist wie ein Diamant: Man sollte ihn mit Fassung tragen.“ Einfacher gesagt als getan. Gerade wer erst ins Berufsleben eingestiegen ist, kann eigentlich nichts weniger brauchen als ein gebrochenes Herz – und muss manchmal eben doch damit zurechtkommen. Nur: Wie stellt man das an? Kerstin Neurohr und Theresa Hupp haben Elena Sohn, die Liebeskümmerin, dazu befragt.

Elena Sohn, Foto: Sohn
Elena Sohn, Foto: Sohn

Die Expertin und ihre Liebeskümmerer Elena Sohn, 33 Jahre, ist Gründerin des Unternehmens „Die Liebeskümmerer“. Nachdem sie vor einigen Jahren selbst schlimmen Liebeskummer erlebte, gab sie ihren Job in einer Berliner PR-Agentur auf und krempelte ihr Leben um. Seitdem hilft sie als Liebeskummer- Expertin mit ihrem Team anderen, Krisen zu überwinden. Die Liebeskümmerer bieten unter anderem Liebeskummer-Reisen, Beratung per E-Mail oder Telefon durch ein Team von Psychotherapeuten, einen Online-Shop mit kleinen Geschenken sowie Veranstaltungen für alle, die Liebeskummer haben.

www.die-liebeskuemmerer.de
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Der Berufseinstieg hat tadellos geklappt, motiviert ist man in den Traumjob gestartet – da zerbricht plötzlich die Liebe. Irgendwie muss man zwischen dem Verarbeiten seiner Gefühle und dem Funktionieren im Job überleben. Keine einfache Sache. Wie geht man mit dieser Situation um? Tritt man in jedem Fall morgens im Büro an, auch wenn sich der Partner am Vorabend getrennt hat? Natürlich möchte man gerade als Berufseinsteiger in einem neuen Job nicht mit plötzlichen Krankschreibungen auffallen. Daher ist es wichtig, sich zunächst zu fragen, ob sich die Arbeit bewältigen lässt, eventuell sogar willkommene Ablenkung sein kann, oder nicht. Im ersten Fall ist es auf jeden Fall sinnvoll, seiner Arbeit weiter nachzugehen.

Für den zweiten Fall gibt Elena Sohn vom Beratungsunternehmen „Die Liebeskümmerer“ Tipps: „Man sollte sich zunächst einige Fragen stellen: Bin ich momentan bei der Arbeit entbehrlich? Wie viel Verantwortung und Genauigkeit verlangt mir meine Arbeit ab, und kann ich ihr überhaupt gerecht werden? Oder riskiere ich, gravierende Fehler zu machen? Kann ich mit meinen Kollegen oder dem Chef über meinen Zustand sprechen oder muss ich mich verstellen – und könnte ich das überhaupt? Anhand solcher Fragen sollte man sich ehrlich beantworten, ob es möglich und sinnvoll ist, weiterzuarbeiten“.

Wichtig ist, eine klare Entscheidung zu treffen. Im Büro zu stehen und sich unablässig zu fragen, ob man der Arbeit gewachsen ist, verstärkt nur das Gefühl der Ohnmacht. „Ich vergleiche das gern mit einem gebrochenen Arm oder einer schweren Grippe: Kein Mensch würde von Ihnen verlangen, mit einer derartigen Erkrankung normal weiterzuarbeiten. Bei Liebeskummer ist das anders – obwohl der oft wesentlich schlimmer ist“, sagt Elena Sohn. Wer also merkt, dass die Arbeit unter dem Kummer leidet, sollte sich ernsthaft Gedanken über eine kurze Auszeit machen.

In ihrem ersten Buch, das Ende Oktober 2013 erscheint, erzählt Elena Sohn wahre Geschichten von Frauen und Männern mit Liebeskummer:
Schluss mit Kummer, Liebes. Geschichten vom Herzschmerz und wie er verging.
Ullstein 2013. ISBN 978-3548374826. 8,99 Euro

Allzu lange sollte man sich dem Alltag und damit dem Job allerdings nicht entziehen, da er auch wichtigen Halt bietet: Die Struktur, die er in den Tag bringt, kann sehr hilfreich sein. Zudem bietet die Arbeit Ablenkung und die Möglichkeit, aktiv und produktiv zu sein – etwas, das einem im Privaten gerade vielleicht schwer fällt. Im Job besonders Gas zu geben, kann sogar für ein neues Hoch sorgen, denn Lob steigert das Selbstwertgefühl, und der Liebeskummer kann ein Karrieresprungbrett sein. „Eine junge Frau, über die ich in meinem Buch berichte, hat in dieser Situation richtig Karriere gemacht, weil ihre Arbeit ihr so viel Halt bot“, sagt Elena Sohn.

Falls es im Büro Momente gibt, in denen man um Fassung ringen muss, hilft es, tief durchzuatmen und den schwarzen Gedanken einen klaren Riegel vorzuschieben, bis man wieder in den eigenen vier Wänden ist. Es ist notwendig und richtig, der eigenen Trauer nachzugehen – nicht aber, sich ihr immer und überall zu ergeben. Wenn es sich anbietet, eine Kollegin oder einen Kollegen des Vertrauens einzuweihen, sollte man das tun: In einem Umfeld, in dem man sich auch menschlich verstanden weiß, arbeitet es sich leichter.

Buchklassiker zur Liebe

Der 1956 erstmals erschienene Klassiker des Sozialpsychologen Erich Fromm wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt, immer wieder neu aufgelegt und hat weltweit Millionen von Lesern gefunden:
Erich Fromm: Die Kunst des Liebens
dtv 2012. ISBN 978-3-423-36102-6. 7,90 Euro

Auch außerhalb der Arbeit sollte man sich gerade in Zeiten des Liebeskummers bewusst um sich selbst kümmern: Es ist wichtig, gut zu essen und genug zu schlafen, um gesund zu bleiben und sich ein gutes Körpergefühl zu bewahren. Sport bietet Zerstreuung und setzt Endorphine frei. Zudem empfiehlt es sich, mal wieder gründlich die Wohnung auszumisten und sich ein klares, freundliches Zuhause zu gestalten, sowie auch neben der Arbeit den normalen Tagesrhythmus zu erhalten: Die Freizeit aktiv zu gestalten und Freunde zu treffen schafft positive Energie.

Hilfe suchen
„Wenn der Liebeskummer auch nach einer längeren Auszeit immer noch so schlimm ist, dass Sie sich schwer konzentrieren können, können Sie psychotherapeutische Hilfe in Erwägung ziehen“, sagt Elena Sohn. „Davor braucht keiner Angst zu haben, und man ist auch nicht schwach oder labil, weil man das macht – im Gegenteil.“ Keine Lösung ist es, den Schmerz auszusitzen oder gar zu ignorieren, denn ein gebrochenes Herz kann krank machen. So kann der Kummer zu ernsthaften Beschwerden wie starken Kopfschmerzen und Magenbeschwerden führen, die die Leistungsfähigkeit erheblich einschränken, in schlimmen Fällen sogar zum „Broken Heart Syndrom“, welches wie ein Herzinfarkt behandelt werden muss. Es gilt: Jeder Mensch ist anders, geht individuell mit Schmerz um und braucht dementsprechend individuelle Lösungen, um wieder gesund zu werden. Deshalb sollte man sich nicht scheuen, sich genau die Hilfe zu holen, die man benötigt.

Extra: Filmtipp

Was ist schiefgelaufen, wenn man 30 Jahre alt wird – aber der Kontostand in Sachen Liebe noch auf Null steht? Dieser Frage geht Filmemacher Wolfram Huke in Love Alien nach. Seine sehr persönliche filmische Dokumentation war letzten Sommer im Kino zu sehen, hat zahlreiche Preise abgeräumt und erscheint demnächst auf DVD. love-alien.de

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