„Ich bin gleich in einem Workshop – drei Männer und ich als einzige Frau. Wünschen Sie mir Glück!“ Diese Mail einer Seminarteilnehmerin brachte Kommunikationstrainer Paul Johannes Baumgartner auf die Idee, einen außergewöhnlichen Workshop anzubieten: „Die Macht der weiblichen Stimme“. Der Coach verrät, was die Teilnehmerinnen dort lernen. Von Paul Johannes Baumgartner
Mehr über den Kommunikationstrainer und Termine für offene Workshops unter www.pauljohannesbaumgartner.de
Die weibliche Stimme ist mächtig, aber im Vergleich zur männlichen Stimme ist sie höher, weicher und melodiöser. Dadurch haben es Frauen bei der Vermittlung von emotionalen Botschaften leichter. Wenn es jedoch darum geht, Kompetenz und Souveränität zu beweisen, auf einem Standpunkt zu beharren, Worten den nötigen Nachdruck zu verleihen und in hochemotionalen Situationen gelassen zu bleiben, strecken Frauen mitunter die Waffen. Ein Verhalten, das man bei Männern in Gesprächsrunden oder Präsentationen seltener erlebt. Tiefe Stimmen werden mit Souveränität und Kompetenz assoziiert.
Die weibliche Stimme ist von Natur aus im Schnitt eine halbe bis eine Oktave höher, da die Stimmbänder von Frauen kürzer sind. Zudem ist der weibliche Kehlkopf anatomisch bedingt kleiner, was sich ebenfalls in einer höheren Stimme widerspiegelt. Und bei Nervosität wird die Stimme noch einmal um ein paar Töne höher, was gerade bei wichtigen Präsentationen oder in Verhandlungen verheerend sein kann. Es gibt nur eine Möglichkeit, die Stimme wieder nach unten zu korrigieren: sich auf die Zwerchfellatmung konzentrieren. Beim Sprechen eine kurze Pause machen, dreimal tief in den Bauch atmen, dabei die Schultern bewusst unten lassen – und weiter im Text.
Summen Sie sich fit!
Egal ob als Warm-up-Programm am Morgen oder vor einem wichtigen Termin: Summen ist eine ideale Methode, die Stimme in Schwung zu bekommen. Dabei atmen Sie langsam durch die Nase aus und ein, und während die Luft ausströmt, summen Sie ein „Mmmh“ dazu. Die Lippen sollten sich dabei kaum berühren. Summen Sie nun schneller und langsamer und versuchen Sie dabei, die Tonhöhe nach oben und nach unten zu variieren. Dabei sollten Sie aber nicht lauter oder leiser werden – nur höher und tiefer. Nach einiger Zeit können Sie spüren, wie die Stimmbänder im Hals locker schwingen. Das Ergebnis: Mit sogenannten Klingern, wie zum Beispiel dem Konsonanten „M“, verhelfen Sie Ihrer Stimme zu einem volleren Klang, indem Sie Ihre körpereigenen Resonanzräume so gut wie möglich nutzen.
Je klarer und deutlicher Ihre Aussprache, desto interessierter hört man Ihnen zu. Kaum etwas ist für Stimmtraining und Lautbildung besser geeignet als der klassische Korkentrick: Nehmen Sie einen Korken zwischen die Zähne und lesen Sie einen Text laut vor. Am Anfang wird dabei ein unverständliches Kauderwelsch herauskommen, aber mit der Zeit wird sich Ihre Artikulation verfeinern. Nehmen Sie zur Selbstkontrolle immer wieder den Korken aus dem Mund und achten Sie auf den Unterschied bei der Artikulation und dem allgemeinen Stimmklang.
Das Geheimnis liegt in der Wiederholung
Es genügt nicht, am Fitnessstudio vorbeizufahren und hineinzuwinken, in der Hoffnung, dass sich die Muskeln von selbst aufbauen. Ebenso muss die Stimme trainiert werden. Nachfolgend eine Stimmroutine in fünf Schritten, mit der Sie binnen kurzer Zeit Ihre Stimme vor wichtigen Gesprächen optimieren können. Bitte dreimal täglich durchführen: einmal morgens vor dem Spiegel oder im Auto auf dem Weg zur Arbeit, einmal am Ende der Mittagspause und einmal abends, bevor Sie Freunde oder Familie treffen.
Schritt 1:
- Grundlage schaffen. Die Kiefermuskeln massieren, indem Sie das Gesicht, vor allem die Wangen, fest nach unten ausstreichen und „Nonn, Nonn, Nonn, Nonn …“ sprechen, federnd wie ein Trampolin.
Schritt 2:
- Am Resonanzraum arbeiten. Mit der Zunge den Mundraum säubern, dann den Effekt kontrollieren, indem Sie summen: „Mmmmmh“. Dann noch einmal mit der Zunge durch den Mundraum und erneut kontrollieren.
Schritt 3:
- An der Artikulation arbeiten. Die Lippen spitzen und ein Lied pfeifen, anschließend lassen Sie ein lautes „Brrrrrrrrrrrrr“ erklingen und sprechen mehrmals den Satz „Der klappernde Papagei plapperte auf Galapagos“.
Schritt 4:
- An den Vokalen arbeiten. Sprechen Sie folgende Wörter und Sätze: Gila Gala Gila Gala, nie sah ich die Nasa so nah, sina sana sina sana, nisa nasa nisa nasa, Barbara saß nah am Abhang, sprach gar sangbar zaghaft langsam, mannhaft kam alsdann am Waldrand Abraham a Sancta Clara.
Schritt 5:
- Endkontrolle. Sprechen Sie „Mmmmh“ – britzeln die Lippen und die Nasenspitze? Legen Sie Ihre Hand auf den Brustkorb und wiederholen Sie „Mmmmh“ – vibriert der Brustraum? Wenn ja – wunderbar, Ihre Stimme ist in Schwung!
- Wer viel spricht, sollte viel Wasser oder Tee trinken. Zwei bis drei Liter täglich sind ein guter Schnitt.
- Bei Heiserkeit: Salbeitee trinken! Besser keinen Kamillentee, denn Kamille trocknet die Stimmbänder aus.
- Räuspern verboten! Beim Räuspern reiben die sowieso schon trockenen und angegriffenen Stimmbänder wie zwei Schmirgelpapiere aneinander und nutzen sich gegenseitig ab, sie werden stumpf. Besser: kontrolliert abhusten. Dadurch klatschen die Stimmbänder aneinander und befreien sich auf schonende Weise vom Schmutz.
- Überwiegend durch die Nase atmen, damit die Luft angefeuchtet, angewärmt und gefiltert wird. Schont die hochempfindlichen Stimmbänder eine Etage tiefer.
- Wenn die Stimme versagt oder Sie einen trockenen Mund haben: Lutschen Sie spezielle Pastillen, die es in der Apotheke gibt.
- Bei Erkältungen: Nie flüstern. Flüstern belastet die Stimmbänder unnötig, sie müssen sehr viel mehr Kraft aufwenden. Stattdessen leise und wenig sprechen.
- Kein Alkohol, keine Zigaretten