Moritz Zielke ist nicht nur der „Momo“ aus der „Lindenstraße“. Zusammen mit Wibke Schaeffer bietet er ökologische Umbauten und Renovierungen an – und leistet Überzeugungsarbeit. Das Interview führte Petrina Engelke
Zwischen Baustelle und TV-Kulisse
Zielke, Jahrgang 1973, stand mit zehn Jahren das erste Mal vor der Kamera. In einer Medienfamilie groß geworden, wuchs er in den Beruf hinein und wurde bekannt als „Momo“ in der „Lindenstraße“. Weil er sich schon immer für Gestaltung interessierte, studierte er in Köln Design. Vor anderthalb Jahren gründete er zusammen mit der Architektin Wibke Schaeffer das Planungsbüro Wiederverwandt und kümmert sich dort um ökologische Innenarchitektur und nachhaltiges Design. Auch das hat ihn vor die Kamera gebracht: Für die ARD haben die beiden an mehreren Ratgebersendungen mitgewirkt. Zudem hat Zielke eine Castingagentur und spielt Schlagzeug in mehreren Bands. Doch so oft er die Aufgaben auch wechselt: Ganz oben auf seiner Prioritätenliste stehen seine beiden Kinder.
www.wiederverwandt.de
Herr Zielke, man hört bei Ihnen oft das Wort „Quark“. Was hat das mit Bauen zu tun?
Wir wollen den Menschen nahebringen, wie man ökologisch sinnvoll saniert, renoviert und gestaltet, wir beschäftigen uns mit Recycling und Upcycling und bieten Seminare zu Wand- und Bodengestaltung an. Dafür haben wir eine sogenannte Kaseinfarbe ausgegraben. In Ökobaukreisen ist das ein alter Hut: Man stellt aus Quark einen Binder für eine Farbe her, indem man ihn mit Hirschhornsalz vermischt. Das reagiert mit dem Quark und wird zu einer klebrigen Masse, einem Binder also. Dort hinein rührt man Titanweiß, Kreide oder bunte Pigmente. Damit hat man eine selbstgemachte Farbe, die ökologisch sinnvoll und für das Raumklima gut ist. Sie löst keine Allergien aus und enthält keine Konservierungsmittel.
Eben haben Sie es erwähnt: Was ist denn Upcycling?
Es gibt Recycling, Downcycling und Upcycling. Recycling ist zum Beispiel, Altpapier wieder zu Schreibpapier zu machen. Downcycling wäre zum Beispiel, dass man alte Fahrradschläuche schreddert und daraus eine Bautenschutzmatte macht. Denn Kautschuk kann man nicht einschmelzen, das muss man kleinschreddern und dann mit einem Kleber verarbeiten. Und Upcycling heißt, dass man Müll in eine höhere Nutzung überführt. Zum Beispiel aus ausgedienten Müllcontainern ein Sofa baut oder aus alten Ampelgläsern eine Lampe macht. Dabei muss man aber immer schauen, ob es Sinn macht. Alte Fahrradschläuche etwa sind bei Designern sehr angesagt, doch darüber kann man geteilter Meinung sein, weil das Material polyaromatische Kohlenstoffe freisetzt.
Beim Renovieren, Umbauen und Ausbauen denkt man in erster Linie an Dreck. Wie schlagen Sie die Brücke zu Ästhetik und Design?
Klar assoziiert man mit Umbauen Dreck, aber Wohnraumplanung ist auch immer Gestaltung. Man kann vorhandene Räume umgestalten, zum Beispiel mit einer neuen Farbgebung, einem neuen Lichtkonzept, selbstgebauten Möbeln, oder man kann von Grund auf Häuser aufbauen oder Wände einreißen. Dabei müssen wir den Menschen vermitteln: Sparen fängt beim Ausgeben an. Es ist nicht damit getan, einen relativ günstigen Boden zu verlegen, den man aber nach drei Jahren wieder hinauswerfen kann, weil er dann schäbig aussieht. Stattdessen kann man in einen vernünftigen Holzboden investieren, den man über 50 Jahre immer wieder abschleifen, wischen oder laugen kann. Das ist nicht immer möglich, da muss man dann kleine Lösungen finden.
Was würden Sie jemandem raten, der Bauingenieurwesen studiert?
Auf jeden Fall, sich mit solchen Techniken beschäftigen. Und zwar für die gesamte Baukette, angefangen mit der Frage: Woher beziehe ich mein Material? Das Ziel ist, dass man relativ wenig Schaden anrichtet und wenig Energie verbraucht, natürliche Materialien verwendet, Ökobilanzen studiert und so weiter.
Ökologisches Bauen war schon vor 30 Jahren ein Thema. Was ist heute anders?
Weil in Deutschland Energiepässe gebraucht werden, wird das ressourcenschonende Bauen auch vom Gesetzgeber verlangt. Dadurch ist ökologisches Bauen in einer breiteren Bevölkerungsschicht angekommen. Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre hat sich nur eine eingeschworene Gruppe damit befasst. Aber genauso, wie die alten Bioläden Biosupermärkten Platz gemacht haben, ist diese Entwicklung aus ihrer Ecke herausgekommen. Da kann man klagen, dass das nicht überall die reine Lehre ist. Dass es Sinn hat, so zu bauen, steht immer mehr im Fokus, aber es gibt noch viel zu tun und zu überzeugen.
Apropos viel zu tun: Sie arbeiten als Designer im Planungsbüro Wiederverwandt und als Schauspieler in der „Lindenstraße“. Machen Sie eher eins nach dem anderen, oder mischen Sie alles?
Im Moment steht das Design im Vordergrund: Wiederverwandt gibt es seit anderthalb Jahren, und eine Gründung braucht viel Zeit und Energie. Im Tagesablauf gibt es Verschiebungen. Es gibt Zeiten, wo man sehr viel switchen muss zwischen den einzelnen Jobs. Auch mit Wiederverwandt haben wir an Fernsehberichten mitgestrickt. Dann berät man Bauherren, bereitet einen Workshop vor, versucht, Upcycling-Gestaltungen anzubringen. Diese Anforderungen haben nicht unbedingt viel miteinander zu tun. Wir haben es uns aber ausgesucht, etwas zu tun, das sehr abwechslungsreich ist.