Was steht auf dem Wegweiser, der die Richtung zu einem guten, gelingenden Leben weist? Vermutlich so etwas wie „Nachhaltigkeit: Da lang.“ Auf dem Weg mit Stefan Trees
Kennt ihr das Wort des Jahres von 1998? Als besonders charakteristisch für jenes Jahr befand die Gesellschaft für deutsche Sprache das Wörtchen: „nachhaltig“. Rot-Grün – ein weiteres Wort des Jahres 1998 – sorgte damals mit absoluter Mehrheit für einen donnernden Regierungswechsel. Ökologische Themen wie Klimaschutz und Ökosteuer (noch so ein Wort jenes Jahres) eroberten die politische Tagesordnung und die Medienberichterstattung. Die steile Karriere des Wörtchens „nachhaltig“ im öffentlichen Bewusstsein begann im Fahrwasser grüner Themen als Synonym für „ökologisch korrekt“.
Diese Bedeutung hat sich seitdem eingeschliffen. Und sie wurde noch verstärkt, als die Werbeindustrie das unschuldige Wörtchen wie einen Orden für korrektes Kaufen an jedes x-beliebige Produkt heftete. Hosen, Möbel, Geldanlagen – auf einmal war alles irgendwie „nachhaltig“. Das Misstrauen gegenüber der penetranten Werbebotschaft „du tust Gutes, indem du mich kaufst“ wuchs und stellte das unschuldige Adjektiv unter Generalverdacht des Greenwashing.
Woher der Begriff „Nachhaltigkeit“ kommt
1713 beobachtet der in Sachsen lebende Oberbergmann Hans Carl von Carlowitz eine massive Rodung der Wälder, die als Energielieferanten die immer größer werdenden Metallhütten der Umgebung versorgen. Er richtet mit der wissenschaftlichen Abhandlung „Sylvicultura eoconomica“ einen dringlichen Appell an seinen Kurfürsten August den Starken, die sächsischen Forste „nachhaltend“ zu bewirtschaften.
Nachhaltigkeit ist keine Produkteigenschaft
Zeit, dem Wort seine Bedeutung zurückzugeben. Denn Nachhaltigkeit ist keine Produkteigenschaft, sondern ein Konzept. Bereits 1987 schrieb die ehemalige norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland als Vorsitzende der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung in ihrem Abschlussbericht: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“
Diese Definition der nach dem Namen ihrer Vorsitzenden benannten „Brundtland-Kommission“ hat in der internationalen Staatengemeinschaft bis heute breite Zustimmung und bestimmt die weltweiten Diskussionen um das Konzept der nachhaltigen Entwicklung.
Eine Kernfrage hierbei lautet: Wie wird man den Bedürfnissen auf den drei Entwicklungsfeldern der Nachhaltigkeit Ökologie, Ökonomie und Gesellschaft gerecht, die auf den ersten Blick so gar nicht vereinbar scheinen?
Auf der Klimakonferenz in Cancún im Jahr 2010 wurde beispielsweise das Ziel formuliert, die Erderwärmung auf maximal 2° Celsius im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu begrenzen.
Konkret bedeutet das, die CO2-Emissionen drastisch zu verringern. Bei einer Emission von knapp 11 Tonnen CO2 pro Kopf in Deutschland bedeutet das: minus 80%. „Das ist nur möglich, wenn weniger konsumiert wird und zugleich kleine Wunder bei Effizienz und Produktivität geschehen“, konstatiert Hans-Peter Repnik (CDU), ehemaliger Vorsitzender des von der Bundesregierung einberufenen Rates für Nachhaltige Entwicklung: „Nachhaltiger Konsum spielt von daher eine zentrale Rolle für eine nachhaltige Entwicklung.“