von karriereführer
Über das Vorstellungsgespräch, die Bewerbung, Ausstrahlung und Charisma sprach Viola Strüder vom karriereführer mit der ehemaligen Personalleiterin und Autorin des Buches „Ausstrahlung – wie ich mein Charisma entfalte“, Regina Först.
Frau Först, können Hochschulabsolventen Ihre Erkenntnisse für sich einsetzen?
„Ja, sowohl innerlich als auch äußerlich. Einerseits können sie zum Beispiel mit Hilfe der sehr effektiven Technik von Zielcollagen ihr Ziel erkennen und umsetzen. Andererseits spielt der äußerliche Auftritt für den Berufseinstieg eine ausschlaggebende Rolle, also die Frage, wie präsentiere ich mich im Vorstellungsgespräch?“
Was empfehlen Sie, bei einer Bewerbung zuerst zu tun?
Sich die Frage zu stellen: „Bin ich das“? Aufgabe hat mit Gabe zu tun, Beruf ist, was mich ruft. Wenn ich einen Arbeitsplatz bekomme, der mir gar nicht entspricht, sollte ich voller Respekt und Klarheit sagen, „Das sind nicht meine Werte, das bin nicht ich“. Neben der Frage, ob meine Fähigkeiten in das Unternehmen passen, hilft es zum Beispiel, sich vorzustellen: „Möchte ich da täglich sitzen, mit welchem Gefühl gehe ich dorthin, was bewegt mich, wenn ich an das Unternehmen denke.“
Das hört sich schlüssig an, aber gleichzeitig sind viele junge Menschen heute froh, wenn sie einen Job finden. Was ist, wenn es wirtschaftliche Zwänge gibt?
Dann habe ich die Gnade der Lektion, letztlich an dieser Aufgabe zu wachsen, zu lernen, Fehler zu machen, mir klar zu werden, was ich wirklich will, wie ich es erreichen kann, den Mut zu fassen, die Dinge anzugehen. Ich kann beginnen, meine Einstellung zu ändern, neugierig wie ein Kind durch die Welt zu gehen und zu erfahren, was gut für mich ist. An die Aufgabe, für die man berufen ist, gelangt man nur selten im Eilverfahren.
Was lässt sich exakt übertragen auf ein Bewerbungsgespräch?
Bei einem Bewerbungsgespräch ist der erste Eindruck das wichtigste. Bei einer Kennenlern-Situation dauert im Normalfall der Rundum-Check zwischen 150 Millisekunden und 90 Sekunden, dann steht das Urteil. Alter, Geschlecht, Attraktivität, sind die ersten Kriterien, aus denen ein Persönlichkeitsbild entsteht. Es dominieren die Signale der Augen, den größten Teil der Informationen bekommen wir über das Gesicht. Die Klugheit eines Menschen, erkennen wir an dessen Sprechweise. Hier spielt die flüssige und saubere Formulierung eine große Rolle, nicht was wir sagen, sondern wie wir es sagen.
Man sollte sich bewusst machen, das menschliche Gehirn nutzt alle Sinnesreize um einen ersten Eindruck zu gewinnen. Es ist immer eine „Ganzkörper-Bewerbung“. Der ganze Kopf, unsere Augen, der Mund, unsere Körpersprache mit Armen und Händen, unsere Gangart, wie wir uns kleiden und frisieren, der Schmuck den wir tragen, wird betrachtet. Dann erst denken wir darüber nach, was jemand zum Beispiel gesagt hat. Manchmal ist es aber dann schon zu spät, den emotionalen Eindruck intellektuell zu korrigieren.
Thema Optik: Wozu raten Sie den Absolventen bei der Kleidungswahl?
Was Äußerlichkeiten angeht, gibt es natürlich gewisse Spielregeln, zum Beispiel die Akzeptanz eines Kleidercodes. Man findet ihn im Vorgespräch heraus, über den Internetauftritt oder die typische Branchenregel. Wichtig ist, ich muss mich in den Sachen wohlfühlen, sie vor dem Bewerbungsgespräch schon einmal getragen haben, um sie regelrecht zu bewohnen. Was die Branchenunterschiede angeht: Wenn ich ein Krawattenhasser bin und in die Versicherungs-Branche gehe, dann sollte ich anfangen Krawatten zu lieben, um damit in das optische Bild des Unternehmens zu passen, es repräsentieren zu können. Dann sind wir wieder bei der Frage: „Passe ich dort hinein, spreche ich deren Sprache? Will ich das wirklich?“ Wenn ich mich täglich verbiegen muss, schade ich mir selbst.
Sie waren Personalleiterin, was ist bei einem Vorstellungsgespräch weniger wichtig?
Aufgeregtheit ist nicht so schlimm, Souveränität ist nicht so wichtig. Zeigen Sie, dass Sie sich über das Gespräch freuen, dass Sie dankbar dafür sind, denn schließlich lernt man in einem solchen Gespräch, unabhängig von der späteren Entscheidung.
Sind Ausstrahlung und Charisma angeboren oder erlernbar?
Jeder hat Ausstrahlung, jeder ist einzigartig, insofern ist sie allen angeboren. Viele haben aber Angst, attraktiv zu sein und aufzufallen, denn das braucht Mut. Wir sehnen uns zwar danach, aber wenn ich strahle, werde ich gesehen, umschwärmt, stehe im Licht und rage aus der Masse heraus. Ein zweischneidiges Schwert. Erlernbar ist, dass man vieles an sich durch Bewusstmachung optimieren kann, wenn man will. Charisma, das ist die Steigerung der Ausstrahlung. Sie ist der Vollspott, diese unbändige Energie, die von den Menschen ausgeht. Wie auch immer diese Energie gelebt wird, ausschlaggebend ist das Authentische, nach dem wir streben sollten. Wenn dieser Mensch einen Raum betritt, verbindet uns irgend etwas mit ihm. Es ist diese Einzigartigkeit, den Mut zu haben, seine Gabe zu leben. Ein Zitat Nelson Mandelas drückt all das in einem Satz aus: „Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, was wir am meisten fürchten.“
Das Top-Manager Interview mit Regina Först: Voll-Stoff: eine Werde-Gängerin, ganz aus der Mode
Mehr Information zum Thema Vorstellungsgespräch.
Lesen Sie weitere Texte im karriereführer-Angebot zum Thema Bewerbung.