Bauingenieure bleiben im Mittelpunkt des Baugeschehens, trotz aller digitaler Unterstützung und Hilfsmittel. Als kreativ planende und letztlich einzige vertrauenswürdige Instanz bleiben sie sowohl Anfangsals auch Endpunkt jedes Bauvorhabens. Von Fabian Hesse M.A. bauingenieur24 Informationsdienst
Dass man sich im Bauingenieurwesen eher mit technischen Inhalten befasst, ist allgemein bekannt. Weniger bewusst ist vielen Berufseinsteigern, dass auch die Form des Arbeitens in einem modernen Ingenieurbüro oder Bauunternehmen wie auch in der Verwaltung durch technische Prozesse und Anwendungen geprägt ist. Ein hoher Technisierungs- und Digitalisierungsgrad ist inzwischen Standard im Bauwesen und der Umgang mit smarten Geräten wie auch die Anwendung von Arbeitsmethoden wie BIM oder Lean- Management werden vorausgesetzt. Ziel ist es, Planungsprozesse vor allem zeitlich zu rationalisieren und dabei dem Menschen wiederkehrende oder körperlich belastende Aufgaben abzunehmen.
„Die neu gewonnene Zeit kann für den Erfahrungsaustausch untereinander oder zum Gespräch mit Kunden genutzt werden, um deren Bedürfnisse noch besser zu verstehen“, sagt Jürgen Eggers, Personalleiter bei der Goldbeck-Gruppe. Konkret würden Roboter oder der Einsatz von Drohnen auf Baustellen für exaktere und schnellere Ergebnisse und damit eine höhere Kundenzufriedenheit sorgen, so Eggers. Zudem biete die Digitalisierung neue Beschäftigungs- und Forschungsfelder für die Beschäftigten im Bauwesen. Wie Eggers, betont auch Julia-Carolin Carbon von Wolff & Müller die Bedeutung menschlicher Akteure am Bau: „Bauprojekte lassen sich nur erfolgreich im Team realisieren. Dafür sind Fähigkeiten wie Empathie und Vertrauen unverzichtbar.“ Die Umstellung auf das Building Information Modeling (BIM) mit seinem Grundsatz, erst digital, dann real zu bauen, bedeutet für die Geschäftsführerin der Wolff & Müller Personalentwicklung GmbH eine schlichte Arbeitserleichterung: „So können sich die Menschen auf ihren eigentlichen Job konzentrieren – das Bauen!“
Bauprojekte lassen sich nur erfolgreich im Team realisieren. Dafür sind Fähigkeiten wie Empathie und Vertrauen unverzichtbar.
Neben den Bauprojekten können sich mit der Digitalisierung auch die Arbeitsbedingungen im Bauingenieurwesen verbessern. Denn bei aller Technik sollte es im Bauunternehmen und Planungsbüro – wie überall in der Arbeitswelt – immer menschlich zugehen. Für Christian Würfl, Leiter des Planungsbüros formTL, gehören eine gesunde Arbeitsumgebung, Weiterbildungsmöglichkeiten, aktives Teambuilding und Vertrauensmitarbeiter unbedingt dazu. Wichtig sei ein Team, das auf alle setzt und jeden individuell und langfristig fördert. Eine Kultur von „hire and fire“ lehnt Würfl dagegen vehement ab. Erkennbar ist schon lange, dass sich das Planen und Bauen mit der Digitalisierung stark verändert. Manche sprechen gar von einer Revolution. Laut Julia Zantke vom Ingenieurdienstleister Sweco böten sich besonders durch BIM sowohl für Beschäftigte als auch für Auftraggeber signifikante Potenziale und ein großer Mehrwert.
Dennoch: „Ohne Menschen und persönliche Kontakte geht es nicht, denn jedes Projekt ist einzigartig und kann nur von und mit den Menschen umgesetzt werden. Diesen zwischenmenschlichen Aspekt unter Berücksichtigung der notwendigen Fachlichkeit zu begleiten und zu steuern ist das, was unseren Beruf auch in Zukunft kennzeichnen wird“, so Julia Zantke. Wie in der gesamten Gesellschaft muss die menschliche Kreativität also auch im Bauwesen nicht der Technik zum Opfer fallen. Vielmehr vergrößern sich mit ihr die Mittel und damit die Möglichkeiten der durch verantwortliche Planung und Beratung in unzähligen Wirtschaftsbereichen tätigen Bauingenieure.