Klar, man könnte fragen: Haben wir hier auf der Erde nicht genügend zu bewältigende Herausforderungen? Müssen wir uns nun auch noch mit dem Bauen auf dem Mond beschäftigen? Zu erstens: Stimmt, haben wir. Zweitens: Und ja, können wir – zur weiteren Erforschung des Mondes oder als Zwischenstation für den Aufbau von Missionen zu weiter entfernt liegenden Zielen im Weltraum. Und ein Blick in die Zukunft lohnt sich allemal. Von Christoph Berger
Für das Jahr 2024 wird derzeit eine Mission zum Mond geplant, die das Bauen von Landeplätzen, Straßen oder Gebäuden aus Mondstaub auf dem Erdtrabanten zum Ziel hat. So forschen Wissenschaftler* innen des Laser Zentrums Hannover e.V. (LZH) und der Technischen Universität (TU) Berlin im Rahmen des Projekts MOONRISE daran, mit Laserstrahlung Mondstaub aufzuschmelzen. Das so entstehende Material soll für den 3D-Druck nutzbar gemacht werden, um die dortige Infrastruktur aufzubauen. Der Laser existiert bereits. Dieser wurde auch erfolgreich im Labor am Roboterarm eines Mond-Rovers getestet. Außerdem gelang es Wissenschaftler*innen, Regolith, also pulverisiertes Mondgestein, im Einstein-Elevator des HiTEC (Hannover Institute of Technology) der Leibniz Universität Hannover unter Mondgravitation aufzuschmelzen. Doch wie soll der Laser auf den Mond gelangen? Genau um die Beantwortung dieser Frage geht es dem Forscher*innen- Team derzeit: Die Wissenschaftler*innen von LZH und TU Berlin wollen ein Flugmodell des Lasers entwickeln, das für den Einsatz im Weltraum qualifiziert ist.
Mit der Vor-Ort-Fertigung von Infrastruktur ließen sich enorme Transportkosten sparen.
Außerdem wird an einer den Laser unterstützenden künstlichen Intelligenz (KI) gearbeitet. Eine Kamera wird auf dem Mond Fotos machen, die dann von den Forscher*innen auf der Erde mithilfe eines intelligenten Bildverarbeitungssystems ausgewertet werden. Das System soll bei der Analyse des mit dem Laser aufgeschmolzenen Mondstaubs helfen und dem Team auf der Erde so eine KI-basierte Prozess- und Qualitätskontrolle ermöglichen. Damit dies funktioniert, muss die KI für den Mondeinsatz schon im Vorfeld trainiert werden. An der TU Berlin wird dazu eigens ein Labor entstehen, in dem das Regolith unter Beleuchtungsverhältnissen fotografiert wird, die denen auf dem Mond nachempfunden sind.
Hintergrund dieser Forschungsarbeiten sind unter anderem die Pläne der europäischen Weltraumorganisation ESA für ein „Moon Village“. Von dort könnten leistungsstarke Weltraumteleskope auf der stets von der Erde abgewandten Rückseite des Mondes zum Einsatz kommen. Außerdem mache die geringere Schwerkraft und das Fehlen einer Atmosphäre den Mond zu einer idealen Zwischenstation für den Aufbau von Missionen zu weiter entfernt liegenden Zielen im Weltraum.
Würde man die dafür notwendige Infrastruktur allerdings mit Material von der Erde bauen wollen, wäre dies ein äußerst kostspieliges Vorhaben. Jörg Neumann, Projektleiter von MOONRISE am LZH, spricht im Fall eines solchen Transports von einer Million Dollar pro Kilogramm. Regolith sei dagegen auf dem Mond massenhaft vorhanden und könnte als Rohmaterial zum 3D-Druck verwendet werden. Mit der Vor-Ort-Fertigung von Infrastruktur ließen sich enorme Transportkosten sparen. Das Nutzen und Verarbeiten von vor Ort vorhandenen Materialien wird in der Raumfahrt auch als In-Situ Resource Utilization (ISRU) bezeichnet. Gelingt dies, könnte das Verfahren ein entscheidender Faktor sein, die Exploration des Mondes und des Weltraums voranzubringen.