Wenn von der Digitalisierung des Bauwesens die Rede ist, geht es meist um Building Information Modeling, BIM, die Erstellung eines digitalen Zwillings. Doch es gibt noch zahlreiche weitere Digitalisierungstechnologien, die die Branche beeinflussen. Von Christoph Berger
Fahrer von Baumaschinen könnten in Zukunft nicht nur einen Helm, sondern auch eine Datenbrille an ihrem Kopf tragen. Denn wenn die Entwicklungen des Konsortiums „Fahrerleitsystem 4.0“ eines Tages Alltagsausrüstung sind, werden die Fahrer über die Brillen mit zusätzlichen Informationen versorgt, beispielsweise mit Holografien, die in ihrem Sichtfeld aufgebaut werden. Dazu werden BIM-Daten, die mittels Mixed Reality Datenbrillen als 3DModelle auf der realen Baustelle angezeigt werden, mit Sensordaten von Maschinen, Leitungsplänen und Gefährdungszonen in einer Applikation gebündelt.
So sind sämtliche relevanten Baustelleninformationen für alle Baustellenbeteiligten auf einen Blick verfügbar, ohne verschiedene Pläne studieren zu müssen. Das führt zu Zeitersparnissen und macht effizienteres Arbeiten möglich. Auch Wissenschaftler der TU Dresden arbeiten in einem gemeinsamen Projekt mit mehr als 20 Partnern an Lösungen für eine vollständig vernetzte Baustelle. Zum Einsatz auf der 5G-Baustelle kommen dabei neue Maschinen- und Kommunikationstechnologien: selbstfahrende Bagger, ein kabelloses 5G-Netzwerk mit Baustellencloud und intelligente Werkzeuge. Ein komplexes Vorhaben, denn es braucht funktionierende Technologien für die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine, für Maschinen untereinander sowie solche für die Vernetzung von Maschinen mit der Cloud.
„BIM contracts“
Im Verbundprojekt „BIM contracts“ entwickeln Partner aus Forschung und Industrie ein automatisches Zahlungsmanagement für die Baubranche. Basis für das Zahlungsmanagement sollen digitale Bauwerksmodelle und die Blockchain- Technologie in Verbindung mit Smart Contracts sein.
Einen Schritt weiter ist man bereits im Projekt Smart-Deck. Das Verstärkungssystem für Brücken, das deren Dauerhaftigkeit und Lebensdauer erhöhen soll und aus einer dünnen zweilagig carbonfaserbewehrten Mörtelschicht besteht, beinhaltet zusätzlich noch ein vollflächiges Echtzeit-Monitoringsystem. Sensoren messen dabei den Feuchtegehalt des Mörtels und senden die erhobenen Daten über Mobilfunk oder Internet an den Betreuer des Messsystems. So ist eine Echtzeit-Überwachung von Brückenbauwerken möglich. Im Sommer 2019 wurde Smart-Deck erstmals auf einem realen Brückenbauwerk appliziert. Neben der Sensorik werden wohl auch Drohnen in Zukunft eine größere Rolle bei der Überwachung und Analyse von Bauschäden an Bauwerken spielen. Im sogenannten Brücken-TÜV, eine Reaktion auf den Einsturz des Polcevera-Viadukts in Genua Mitte August 2018, kündigte die Bundesregierung neben der eigentlichen Brückenprüfung auch den Einsatz von Drohnen und intelligenten Systemen als Ergänzung an, um zusätzliche Kennwerte über den eigentlichen Bauwerkszustand zu erhalten.
Digitale Technologien werden also in allen Bereichen des Baus vermehrt zum Einsatz kommen, die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz und Robotik eingeschlossen, zu denen es ebenfalls vielfache Forschungsprojekte und erste Anwendungsfälle gibt. Die Branche trägt somit der Forderung nach mehr Effizienz und Produktivität Rechnung.