Klar scheint: Absolventen des Bauingenieurwesens müssen sich um ihren Berufseinstieg keine Sorgen machen. Wird dieser Zustand lang anhalten?
In der Tat müssen sich Berufseinsteiger keine Sorgen um ihre Zukunft machen. Aktuell „brummt“ der Bau sowohl im Hoch- als auch im Tiefbau. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Die Auftragsbestände erreichten zur Jahresmitte einen neuen Rekordwert von rund 43 Milliarden Euro. Diese gute Entwicklung wird unserer Einschätzung nach auch weiterhin Bestand haben, denn in unserem Land gibt es einen enormen Baubedarf. Unsere Straßen und Brücken müssen dringend erneuert werden, in den Ballungszentren fehlt kostengünstiger Wohnraum und auch das produzierende Gewerbe braucht mehr Kapazitäten. Für all diese Aufgaben werden dringend Bauingenieure gebraucht. Wer in diesen spannenden und abwechslungsreichen Beruf einsteigen will, rennt derzeit offene Türen ein.
Experten gehen davon aus, dass die Digitalisierung die Baubranche komplett verändern und damit einen erheblichen Produktivitätsschub auslösen wird. Was bedeuten diese Entwicklungen für angehende Bauingenieure?
Wir sehen in dieser Entwicklung die große Chance, Bauprozesse zu optimieren. Architekten, Bauingenieure, Bauzeichner, Tragwerksplaner, Haustechniker und Bauherrn werden in Zukunft mit Building Information Modeling, also BIM, disziplinübergreifend auf einer Plattform zusammenarbeiten. Damit werden Prozesse schneller und effizienter, Konflikte lassen sich leichter vermeiden, weil Fehler in der Planung früher erkannt werden. Erfahrungen werden gespeichert und sind für das nächste Projekt jederzeit abrufbar. Diese Transformation wird für einen gewaltigen Produktivitätsschub sorgen.
Natürlich ändert sich damit auch das Aufgabenspektrum von Bauingenieuren. Ihnen fällt künftig eine Schlüsselrolle in diesem Prozess zu. Sie werden noch stärker als bisher Manager, Koordinatoren oder Berater sein – alles natürlich auf der Grundlage von BIM. Akademische Nachwuchskräfte werden künftig systematisch an diese neuen Aufgaben herangeführt. Wir arbeiten über den Akkreditierungsverbund für Studiengänge des Bauwesens (ASBau) eng mit den Hochschulen zusammen, um die praxisnahe Ausbildung künftiger Bauingenieure zu unterstützen und zu fördern.
Wie kann das „Abarbeiten“ von Aufträgen und die Einarbeitung in neue Methoden in Einklang gebracht werden?
Die große Herausforderung besteht wirklich darin, neben den hohen Beanspruchungen durch das laufende Baugeschäft das Zukunftsprojekt Bauen 4.0 voranzutreiben. Entwickelt werden die digitalen Methoden von IT-Spezialisten, aber der fachliche Input kommt von den Baufachleuten. Diese wiederum sind so fasziniert und überzeugt von den Möglichkeiten der Digitalisierung, dass sich viele unserer Mitarbeiter, ob jung oder älter, neben ihrem Tagesgeschäft in dem Zukunftsprojekt Bauen 4.0 engagieren. Je größer die Wissensbasis beim Bauen mit digitalen Methoden wird, desto mehr Erfahrungen können auch in jetzt kommende Aufträge einfließen und dabei helfen, Projekte effizienter abzuarbeiten.