StartÄrzteDas letzte Wort: "Doc Esser" Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser

Das letzte Wort: „Doc Esser“ Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser

Bekannt als „Doc Esser“ gibt Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser in der WDR-Servicezeit Gesundheitstipps und moderiert das WDR-Magazin #Gesund. Esser ist Oberarzt für Innere Medizin und Pneumologie am Sana-Klinikum Remscheid und leitet hier die Pneumologie-Abteilung. Doch das Multi-Talent kann noch mehr: Nebenbei entwickelt der Kölner Medizin-Apps, ist dreifacher Familienvater, Musiker mit eigener Band und Inhaber eines Tonstudios.

Was zeichnet für Sie einen guten Arzt aus?
Ein guter Arzt ist nicht nur ein guter Differentialdiagnostiker und Interventionist/Operateur, sondern begleitet den Patienten in seinem Sinne durch den stationären Aufenthalt, erklärt das Krankheitsbild in der Sprache des Patienten und versteckt sich nicht hinter dem „MedizinerLatein“.

Welche kritischen Fragen sollte sich ein Jung-Mediziner selbst immer wieder stellen?
Bin ich bereit, die Verantwortung über das Leben wildfremder Menschen dauerhaft zu übernehmen? Bin ich bereit, Tragödien und Schicksale über Jahrzehnte zu ertragen? Wo möchte ich in 10 Jahren beruflich stehen und inwieweit verträgt sich das mit meinen privaten/familiären Wünschen?

Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser, Foto: WDR
Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser, Foto: WDR

Die Künstliche Intelligenz ist auch in der Medizin auf dem Vormarsch. Was wird sie Ihrer Meinung nach bringen, was wird auf der Strecke bleiben?
Aktuelle Studien geben ja Anlass zur Hoffnung, dass der Arzt durch den Einsatz von KI entlastet wird und Fehldiagnosen seltener erfolgen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist die KI in der Medizin sinnvoll und notwendig. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Studienlage einfach noch zu dünn, um schon Schlüsse zu ziehen. Meine Hoffnung besteht darin, dass ein Arzt durch Unterstützung der KI deutlich mehr Zeit für die direkte Betreuung des Patienten gewinnt. Und in diesem Falle hätte die KI ihren Zweck bereits erfüllt.

Was ist Ihrer Meinung nach das größte Manko, das in deutschen Krankenhäusern herrscht und wie könnte man es abstellen?
Nach wie vor ist die Einbindung der Familie in den Beruf (oder je nach Blickwinkel der Beruf in die Familie) schwierig, da es zu wenig Kitas und Tagesmütter gibt und die Arbeitszeiten miteinander kollidieren. Hier könnten krankenhausinterne Kitas mit Betreuungszeiten zwischen 7 Uhr morgens und 18 Uhr abends den ärztlichen Arbeitsalltag deutlich erleichtern.

Sie sagen, dass Sie mit 4 bis 5 Stunden Schlaf pro Nacht auskommen. Ist das gesund? Würden Sie das auch anderen empfehlen?
Mein Schlafverhalten hat sich tatsächlich (mit zunehmenden Alter ) verändert. Ich benötige mittlerweile eher 5 bis 6 Stunden Schlaf. Da ich mich aber frisch und ausgeruht fühle, sehe ich auch keine Notwendigkeit, länger im Bett zu bleiben. Und so sollte das jeder für sich handhaben. Manche brauchen halt 7 bis 8, andere nur 4 bis 5 Stunden. Wichtig ist, das der Schlaf erholsam ist. Dann reichen auch wenige Stunden.

Was heilt Ihrer Auffassung nach einen Menschen letztlich wirklich?
Generell gilt: Wer heilt, hat Recht. Neben der Schulmedizin gibt es viele Therapieverfahren, die auch zur Heilung führen können. Oft ist es ja der Geist, der über das Anschlagen oder Versagen einer Therapie entscheidet und deswegen können auch Therapien zur Heilung führen, über die wir Schulmediziner nur verwundert den Kopf schütteln.

Was können Medizin-Apps wirklich? Und was nicht? Welche ist Ihre Lieblings-App?
Meine Lieblings-App ist natürlich meine eigene App: EasyOncology. Mittlerweile gibt es auf dem Markt viele richtig tolle Applikationen, die den ärztlichen Alltag erleichtern. Sei es interaktive Nachschlagewerke von Medikamenten, Leitlinien oder eben eine App, die dem Arzt bei der Diagnostik und Behandlung diverser Tumorerkrankungen unterstützt.

Es wird heute viel über Placebo, Nocebo, Alternativheilkunde geschrieben und in der Schweiz etwa ist die Homöopathie Teil der Kassenleistung. Warum tut man sich hier so schwer mit unterschiedlichen Ansätzen?
Alternativen zur Schulmedizin haben oft das Problem, dass sie nicht gut evaluiert sind. Die Studienlage ist eher dünn und dementsprechend ist es schwierig, die Wirksamkeit einer Alternativtherapie zu bewerten. Hier fehlt es an großen Untersuchungen und Zahlen, die dieses Feld transparenter machen würde.

 

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