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Stationen auf dem Weg ins Mittelalterliche Kriminalmuseum

Historia vero testis temporum … (Cicero, De oratore, II, 36) umschreibt eine meiner frühesten Leidenschaften, die Geschichte. Die Zweite wurzelte in der friedlichen Revolution (1989/90). Als Siebtklässler im Weimar der ehemaligen DDR erlebte ich hautnah die Wende von Planwirtschaft und Unfreiheit hin zu sozialer Marktwirtschaft und Rechtsstaat – beides fasziniert mich seitdem.

Zur Person

Dr. Markus Hirte, LL.M. ist Geschäftsführender Direktor des Mittelalterlichen Kriminalmuseums in Rothenburg ob der Tauber und Lehrbeauftragter an den Universitäten Augsburg und Jena.

Die Qual der Studienwahl nahmen mir die schlechten Jobaussichten für Historiker ab. Schnell merkte ich beim Jurastudium in Jena, eine der schönsten Unistädte schlechthin, dass sich Recht und Geschichte in der Rechtsgeschichte perfekt verbinden lassen. Gleichwohl ließ mich auch das Wirtschaftsrecht nicht los. Dank eines guten ersten Examens und Landesgraduiertenstipendiums konnte ich mich im mittelalterlichen Kirchenstrafrecht promovieren. Über 4.000 päpstliche Entscheidungen galt es aus dem Mittellatein zu übersetzen; Quellen, die mich oft genug staunend zurückließen ob der hohen juristischen Fertigkeit unserer Vorfahren im 13. Jahrhundert!

Zum Referendariat wollte ich indes „Wirtschaftsluft“ schnuppern und wechselte ins „Ländle“ (LG Heilbronn). Neben den Justiz-Stationen beeindruckten mich vor allem die Stationen in den beiden Stuttgarter Großkanzleien Gleiss Lutz und CMS Hasche Sigle, die bereits damals mit einem umfangreichen Referendar- Ausbildungsprogramm glänzten. Meine Entscheidung gegen eine Habilitation und für den Berufseinstieg bei CMS im Aktien- und Kapitalmarktrecht war erneut von Neugier getrieben, hatten mich doch im Gesellschaftsrecht bis dahin eher Personengesellschaften gereizt. Dank eines guten und engen Mentorings ging es dann auch gleich im ersten Jahr mit in Hauptversammlungen.

Neben Secondments in Berlin und London absolvierte ich im Abendstudium einen LL.M. mit Schwerpunkt Wirtschaft und Rechtsgeschichte. Noch ganz fokussiert auf die Partnerschaft, hörte ich von der vakant werdenden Stelle des Geschäftsführenden Direktors des Mittelalterlichen Kriminalmuseums in Rothenburg ob der Tauber, Europas bedeutendstem Rechtskundemuseum, mit zuletzt jährlich über 125.000 Gästen aus 125 Ländern, einem Bestand von gut 50.000 Exponaten und einer über 100-jährigen Geschichte. Gesucht wurde ein Volljurist und Rechtshistoriker mit starkem betriebswirtschaftlichen Verständnis, da sich das in der Rechtsform einer Stiftung öffentlichen Rechts betriebene Haus durch Eintrittsgelder tragen muss, also eher wie ein Unternehmen zu führen ist … insoweit ein Unikum im sonst stark defizitären Kulturbetrieb.

Den Wechsel zurück zur Geschichte könnte man als Sprung ins kalte Wasser bezeichnen, denn fast nahtlos ging es von meiner letzten Hauptversammlung (Delisting) zur ersten strafrechtshistorischen Fachtagung im Kriminalmuseum, der 9. Scharfrichtertagung. Besonders überraschte mich die Aufgabenvielfalt jenseits des reinen Tagesbetriebes, etwa Ausstellungskuration und Sammlungsausbau, Marketing und PR oder Networking und Wissenschaft sowie die Vielzahl der juristischen Themen auf meinem Schreibtisch, z. B. Vertrags-, Arbeits-, Handels-, Stiftungs-, Steuer-, Sachen-, Urheber-, Marken- und IT-Recht.

Besonders gewöhnungsbedürftig war anfangs der Sprung vom Schreibtisch vor die Kamera, ist doch das Haus eng vernetzt mit Funk und Fernsehen im In- und Ausland, von TerraX und ZDF-History bis nach Japan, Süd-Korea oder Taiwan; essenziell für neue Gästegruppen, um auch in 20 Jahren noch eines der beliebtesten Museen in Deutschland zu sein.

Meine drei Tipps an Studierende, Referendarinnen und Referendare:

  1. Enjoy the choice! Da der Mensch meist will, was er (schon) kennt … probiert euch aus … warum nicht eine Station oder ein Praktikum in Großkanzlei, Kriminalmuseum oder Ausland?
  2. Der leichte Weg ist meist der Holzweg! Wenn der Gedanke kommt „lieber nicht“, dann „erst recht“ … nur so verlasst ihr die Komfortzone und wachst.
  3. Beim „Hochschalten“ ruckelts! Nur wenige Studiengänge und Karrieren sind so hart wie die Juristerei: „Enttäuschungen“ oft unvermeidlich. Dass diese nicht das „Ende“ sind, zeigen unzählige erfolgreiche Jura-Viten bis hin in höchste Positionen in Justiz, Anwaltschaft, Wirtschaft und Staat … also „dranbleiben“.

 

 

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