23,5 Jahre – so alt sind im Schnitt die Erstabsolvent*innen von Hochschulen und Universitäten in Deutschland. 1999 lag der Schnitt noch bei 29 Jahren. Mittlerweile haben sich Schul- und Studienzeiten aber verkürzt, unter anderem aufgrund von G8 und der Bologna-Reform. Während Berufseinstieger*innen immer jünger sind, werden die Erwerbstätigen in Deutschland im Schnitt immer älter, bereits jetzt ist jede*r vierte Beschäftigte über 55 Jahre alt. Konflikte scheinen vorprogrammiert – doch wenn wir den Blick weg von den Risiken hin zu den Chancen einer altersdiversen Arbeitswelt legen, eröffnen sich ungeahnte Potenziale. In ihrem Gastbeitrag erklärt Dr. Irène Kilubi, wie das generationenübergreifende Miteinander im Arbeitsleben gelingt.
Zur Person
Dr. Irène Kilubi ist promovierte Wirtschaftsingenieurin, Unternehmensberaterin, Multi- Beirätin und Keynote Speakerin. Sie hat die Social-Impact-Initiative „JOINT GENERATIONS“ gegründet, mit der sie den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Generationen nachhaltig verbessern möchte. In ihrem Buch, das Ende Februar 2024 erschienen ist, zeigt sie, wie ein generationsübergreifendes Miteinander in Unternehmen und im sozialen Alltag gelingt.
Es fängt bei der Haltung an
Dass es am Arbeitsplatz von morgen verstärkt zu Konflikten kommt und kommen wird, liegt auf der Hand. Teamstruktur, Arbeitsweise und Dynamik fallen unter Mitarbeitenden zwischen Anfang 30 und Mitte 50 anders aus als unter Mitarbeitenden zwischen U20 und Ü60. Babyboomer mit mehreren Jahrzehnten Erfahrung bringen andere Fähigkeiten mit als Vertreter*innen der Generation Z. Wenn wir uns von der Vorstellung verabschieden, dass die eigene Arbeitsweise immer die beste sei und wir offen sind für neue Erfahrungen und andere Perspektiven, ist ein großer Schritt gemacht.
Ängste ernst nehmen
Unbewusst teilen Alt und Jung oft eines: Ängste. Die Jungen, weil sie befürchten, von Älteren ausgebremst, bevormundet oder übergangen zu werden. Die Älteren, weil sie befürchten, dass die Jungen sie in puncto Technik links und rechts überholen oder sie in bestimmten Runden nicht mehr mitreden können. Der Groll, der sich in solchen Situationen anstaut, richtet sich dann meist gegen „die Anderen“ – die Jungen, die sich in einem neuen Revier breit machen oder die Alten, die das Feld nicht räumen wollen. Wenn wir uns aber vor Augen führen, dass Jung und Alt diese Ängste teilen, ändert sich unser Blickwinkel – wir erkennen, dass wir im selben Boot sitzen und nur durch gemeinsames Ruderschlagen vorankommen.
Klare Kommunikation
Erinnert sich noch jemand an das Wort „Bildschirmbräune“? Nein? Und doch war es mal Jugendwort des Jahres und meinte die „Blässe von Computerfreaks“. Was ich damit sagen will: Jede Generation kommuniziert in ihrem eigenen Slang und nutzt eigene Kommunikationsformen. Elementarer Erfolgsfaktor für generationenübergreifende Zusammenarbeit ist hier der Perspektivwechsel: Wenn ich mit anderen kommuniziere, muss ich meine Botschaften, das entsprechende Medium und die gewählten Wörter stets mit meinem Gegenüber abgleichen. Während wir an den Universitäten meist „unter uns“ sind, also in Peer-Groups im ähnlichen Alter, ändert sich das mit dem Berufswechsel gravierend. Die eigene Sprache zu reflektieren und anzupassen, ist deshalb ein zentraler Schlüssel zu einem besseren Miteinander der Generationen.
Irène Kilubi: Du bist mehr als eine Zahl. Warum das Alter keine Rolle spielt. Murmann 2024. 25,00 Euro.