Dr. Sarah Straub ist Musikerin und Psychologin – beide Berufe übt sie mit großer Leidenschaft aus. Seit ihrer Kindheit spielt sie mehrere Instrumente und komponiert eigene Lieder, mit denen sie heute auf Tournee geht. Neben Konstantin Wecker stand sie schon mit Joe Cocker, Anastacia und Lionel Richie auf der Bühne. Als promovierte Psychologin arbeitet sie mit Demenzkranken. In ihrem 2021 erschienenen Buch verarbeitet sie nicht nur die Krankheit ihrer Großmutter, sondern gibt auch hilfreiche Tipps für Angehörige von Demenzkranken. Die Fragen stellte Christiane Martin
Frau Dr. Straub, wie lassen sich zwei so unterschiedliche Berufungen – Musik und die Arbeit mit Demenzkranken – vereinbaren? Wo liegen die Schwierigkeiten und wo vielleicht auch die Chancen?
Mein Psychologiestudium war anfänglich eher ein nicht ganz ernst genommener „Plan B“. Dann erkrankte meine geliebte Großmutter an Demenz und für mich änderte sich alles: als pflegende Angehörige war ich oft überfordert und wollte das so nicht stehenlassen. Ich beschloss, mich neben der Musik auch dem Thema Demenz intensiv zu widmen. Nun begleite ich seit 12 Jahren, neben meiner Musikkarriere, Betroffene und ihre Angehörigen. Es ist ein intensiver Alltag, ich habe eine „7-Tage-Woche“. Aber ich habe diesen Weg keinen Tag bereut. Beide Berufe sind für mich eine Leidenschaft.
Unsere Gesellschaft altert – und damit steigen auch die Zahlen der an Demenz Erkrankten. Was bedeutet das für eine Gesellschaft und was kann jeder Einzelne vorbeugend tun?
Wir müssen uns unserer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gegenüber älteren und kranken Menschen bewusst werden. Jeder hat ein Recht auf Lebensqualität, auch ein von Demenz Betroffener! Um das Demenzrisiko zu senken, müssen wir auf einen gesunden Lebensstil achten: Sport treiben, uns geistig fordern, soziale Kontakte pflegen, gesund essen, keine Zigaretten, kein Alkohol. Blutdruck- und Cholesterinwerte checken. Das sind ein paar der wichtigsten Faktoren. Dennoch können wir das Risiko, zu erkranken, nie ganz auf Null reduzieren.
Lesetipp
Dr. Sarah Straub: Wie meine Großmutter ihr Ich verlor. Kösel 2021. ISBN 978-3-466-34772-8. 18 Euro.
Und was sind Ihre wichtigsten Empfehlungen für Angehörige von Demenzkranken?
Fordern Sie bei Verdacht auf Demenz eine differenzierte Diagnostik durch einen Facharzt ein. Holen Sie sich frühzeitig Hilfe, lassen Sie sich gut beraten und gehen Sie in Ihrer Familie und Ihrem Freundeskreis offen mit der Erkrankung um, um das Thema zu enttabuisieren. Achten Sie auf Ihre Kräfte und erkennen Sie Ihre persönlichen Belastungsgrenzen. Ermöglichen Sie dem oder der Betroffenen stabilisierende, nicht-medikamentöse Therapien wie Ergo- oder Logopädie.
Was bedeutet Ihnen die Musik?
Die Musik ist meine große Liebe. Es gibt nichts Schöneres für mich, als auf der Bühne zu stehen und meinem Publikum einen schönen Abend zu bereiten. Lieder wie mein Song „Schwalben“, in welchem es um Demenz geht, ermöglichen es mir außerdem, mein Publikum mit einem solchen Thema zu konfrontieren und es zu sensibilisieren. Ich will eine „Fürsprecherin für Demenzkranke“ sein und Betroffenen eine Stimme geben.