Die Teamplayerin Britta Seeger ist seit 2017 Vorstandsmitglied bei der Daimler AG – und damit eine von derzeit zwei Frauen im Top-Gremium des Konzerns. Im Interview erzählt die studierte Betriebswirtin, wie es ihr gelungen ist, Karriere und Drillinge unter einen Hut zu bekommen – und welche Fortschritte ihr Arbeitgeber beim Thema Diversität gemacht hat. Die Fragen stellte André Boße.
Zur Person
Britta Seeger, geboren 1969, trat 1989 nach dem Abitur in die damalige Mercedes-Benz AG ein und absolvierte ein Studium der Betriebswirtschaft an der Berufsakademie in Stuttgart mit dem Abschluss Diplom- Betriebswirtin BA. Im Konzern war sie zunächst als Managerin im Verkaufs- und Markentraining tätig, 2000 stieg sie zur Senior Managerin eBusiness Unit auf. Nach Top-Positionen in den Bereichen After Sales und Produktmanagement wurde sie 2008 Director Service Operations & Service Sales. Ab 2013 führte sie ihr Weg bei Daimler als President & CEO nach Seoul und später auch nach Istanbul. Britta Seeger ist seit 2017 Vorstandsmitglied der Daimler AG und in dieser Funktion verantwortlich für Mercedes- Benz Cars Vertrieb. Sie ist außerdem Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz AG und Mitglied des Aufsichtsrats der Daimler Mobility AG.
Frau Seeger, Sie sind bereits mit 19 Jahren zu Daimler gegangen und haben dem Konzern die Treue gehalten. Wie werden Sie Ihren Enkeln einmal erklären, warum Sie nie gewechselt sind?
Da gibt es viele Gründe, wie zum Beispiel die weltweit bekannte und faszinierende Marke Mercedes-Benz. Aber besonders begeistern und inspirieren mich die Mitarbeiter und Persönlichkeiten bei Daimler, denen ich tagtäglich begegne. Der starke Teamspirit und die internationale Leidenschaft für unsere Marke und unsere Produkte spornen mich immer wieder aufs Neue an. Das hat sich seit meinem ersten Tag bei Daimler nicht geändert.
Im Rückblick auf Ihre Jahre im Konzern: Wie hat das Thema Diversität in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen?
Wir haben uns als Unternehmen das Ziel gesetzt, dass der Anteil von Frauen in leitenden Führungspositionen bis zum Ende des Jahres 2020 weltweit 20 Prozent betragen soll. Aktuell liegen wir bereits bei 19 Prozent. Außerdem ist auch der Aspekt Internationalität für ein global agierendes Unternehmen ein wichtiges Thema. Bei uns arbeiten weltweit Menschen mit mehr als 160 Nationalitäten unterschiedlichen Alters. Dadurch erhalten wir auch wichtige Einblicke in unsere verschiedenen Märkte und Kundengruppen. Ich bin überzeugt, dass die Vielfalt an Menschen und Kulturen mit unterschiedlichen Perspektiven, Erfahrungen und Fachkenntnissen unsere Teams zusammenbringt und unseren weltweiten Erfolg ausmacht. Um die Herausforderungen unserer Branche auch in Zukunft erfolgreich zu bewältigen, werden wir weiterhin aktiv diese Vielfalt im Unternehmen fördern.
Sie haben es selbst angesprochen: Ihre Branche wandelt sich aktuell grundlegend. Werden die Kunden bald ganz selbstverständlich Ihre Neuwagen über Online- Shops kaufen, und was bedeutet das für die Vertriebsstrategie des Konzerns?
Schon sehr bald, davon bin ich überzeugt. Im Gebrauchtwagenhandel läuft bereits ein großer Teil des Vertriebs online. Es ist es ein natürlicher Prozess, dass künftig auch vermehrt Neuwagen im Internet bestellt werden. Wir gehen davon aus, dass wir bis zum Jahr 2025 ein Viertel unseres weltweiten Pkw-Absatzes über Online-Kanäle erzielen werden. Das Autohaus bleibt aber weiterhin unverzichtbar. Mehr als 80 Prozent der Kunden möchten noch immer im persönlichen Kontakt beraten werden und Probefahrten machen. Wir wollen unseren Kunden ein nahtloses und bequemes Luxuserlebnis bieten, wann immer sie mit Mercedes-Benz in Kontakt treten möchten. Deshalb verbinden wir unseren Handel nahtlos mit den digitalen Kanälen und gestalten ihn mit innovativen Store- und Standortkonzepten neu. Schon heute informieren sich Interessenten umfassend im Internet, bevor sie das Autohaus betreten. Unsere Kunden wollen selbst entscheiden, ob und wann sie online oder offline mit uns in Kontakt treten möchten.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – vor allem als Familienteam. Ich kann junge Frauen und Männer nur ermuntern: Wenn ihr Familie und Beruf wollt, traut es euch zu!
Glauben Sie denn generell, dass Ihre Kinder eines Tages das Auto noch als Statussymbol betrachten werden?
Mobilität ist ein Grundbedürfnis, das stetig wächst. Sicherlich haben jüngere Kunden heute einen anderen Fokus beim Autokauf, aber der Wunsch nach Freiheit und individueller Mobilität vereint am Ende alle unsere Kundengruppen. Grundsätzlich wissen wir, dass die Bedeutung des eigenen Autos von Region zu Region unterschiedlich ist. In Asien etwa ist der Besitz eines Autos essenziell und hat damit einen deutlich höheren Stellenwert als beispielsweise in der europäischen Kultur. Vieles hängt auch vom individuellen Fahrprofil des Kunden ab: Pendler in den Vororten oder auf dem Land haben andere Bedürfnisse als die Bewohner der Ballungsräume, die über Alternativen verfügen.
Wie ist das bei Ihnen persönlich, verbinden Sie mit dem Auto eine Leidenschaft oder ist es für Sie eher von Nutzen?
Ganz klar Leidenschaft, ich bin beispielsweise großer Cabrio-Fan. Für mich ist es etwas ganz Besonderes, dass ich Leidenschaft und Beruf miteinander verbinden kann.
Ich kann Frauen nur ermuntern, ihre Wünsche und Ziele immer klar zu benennen.
Sie sind Mutter von Drillingen. Als Ihre Kinder noch sehr klein waren, was waren mit Blick auf die Karriere die größten Herausforderungen?
Natürlich war das nicht immer einfach, aber: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – vor allem als Familienteam. Ich kann junge Frauen und Männer nur ermuntern: Wenn ihr Familie und Beruf wollt, traut es euch zu! Es ist wichtig, die individuelle Entscheidung gemeinsam in der Familie zu treffen und dann als Team eng zusammenzuarbeiten.
Wie hat Ihnen Ihr berufliches Umfeld geholfen, diese Herausforderungen zu meistern?
Daimler tut viel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zum Beispiel mit Kinderbetreuung, Teilzeit und Sabbaticals. Das Unternehmen hat viel getan, um auch mir meine Karriere zu ermöglichen. An Möglichkeiten hat es noch nie gemangelt. Darüber hinaus spielt das persönliche Umfeld natürlich auch eine große Rolle: Mein Mann und ich sind ein gutes Team.
Authentisch zu sein, halte ich für die Basis von Erfolg. Viele Karriereschritte habe ich nur gemacht, weil ich sehr klar sowohl im Privat- als auch im Berufsleben gesagt habe, was ich möchte.
Haben Sie durch Ihre persönlichen Erfahrungen heute einen besseren Blick darauf wie junge und ambitionierte Mütter verhindern können, dass durch die Familie die Karriere abgebremst wird?
Authentisch zu sein, halte ich für die Basis von Erfolg. Viele Karriereschritte habe ich nur gemacht, weil ich sehr klar sowohl im Privat- als auch im Berufsleben gesagt habe, was ich möchte. Vor jeder neuen Station habe ich mir gesagt: Ich traue mir das zu, ich habe Spaß an dieser Aufgabe. Man muss die Chancen ergreifen, die sich bieten. Das muss aber jede und jeder für sich entscheiden.
Angenommen, eine Einsteigerin fragt Sie: „Hand aufs Herz, wie meistert man als Vorstandsfrau bei Daimler den Alltag, ohne sich selbst zu verlieren?“ – was würden Sie antworten?
Es ist entscheidend, sich auf seine Stärken zu fokussieren. Für mich war es in meiner Berufslaufbahn immer wichtig, authentisch zu bleiben. Auch die interkulturelle und internationale Arbeit war mir ein Anliegen. Und: Ich kann Frauen nur ermuntern, ihre Wünsche und Ziele immer klar zu benennen.
Zum Unternehmen
Die Daimler AG ist eines der erfolgreichsten Automobilunternehmen der Welt. Mit den Geschäftsfeldern Mercedes-Benz Cars & Vans, Daimler Trucks & Buses und Daimler Mobility gehört der Fahrzeughersteller zu den größten Anbietern von Premium-Pkw und ist einer der weltgrößten Hersteller von Nutzfahrzeugen. Daimler Mobility bietet Finanzierung, Leasing, Flottenmanagement, Geldanlagen, die Vermittlung von Kreditkarten und Versicherungen sowie innovative Mobilitätsdienstleistungen an. Als Pionier des Automobilbaus betrachtet Daimler es als Verpflichtung, die Zukunft der Mobilität sicher und nachhaltig zu gestalten. Das Unternehmen will dabei auf innovative und grüne Technologien sowie auf sichere und hochwertige Fahrzeuge setzen. Darüber hinaus treibt das Unternehmen die intelligente Vernetzung seiner Fahrzeuge, das autonome Fahren und neue Mobilitätskonzepte voran.