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Nicholas R. Teller

Die Führungsetagen deutscher Großbanken sind international besetzt. Auslandserfahrung ist mittlerweile obligatorisch. Wie sehen die Bildungs- und Karrierestationen auf dem Weg in das Topmanagement aus? Der karriereführer nahm Nicholas R. Teller, Regionalvorstand Nord der Commerzbank AG, unter die Lupe. von Antje Krause

Frankfurt, Commerzbank-Tower, 46. Etage. Die Aussicht ist beeindruckend und lädt zum Sinnieren ein. Wenn Zeit dafür bliebe. „Das Bild des Bankers, das noch in manchen Köpfen schwirrt“, so Nicholas Teller, „ist längst nicht mehr Realität. Das ‚Frühstücksdirektorium‘, das sich einst in getäfelten Hallen einfand, um in Ruhe die Post zu sichten, ist ausgestorben. Die Arbeit als Vorstandsmitglied ist heute vor allem eins: ein anspruchsvoller und zeitraubender Job, den Sie nur mit einer gewissen Hemdsärmeligkeit erfolgreich bewältigen können.“ – Sprach’s und legt sein Jackett beiseite.

Von Ort zu Ort
Ein Blick in den Arbeitsalltag des zweifachen Familienvaters lässt erst gar keine Zweifel aufkommen. Nicholas Teller, der das Firmenkundengeschäft von Frankfurt ab gen Norden einschließlich Skandinavien steuert, ist viel unterwegs. „Mein Lebensmittelpunkt und Dienstsitz ist Hamburg. Dort arbeite ich aber nur ein bis zwei Tage pro Woche. Hauptsächlich besuche ich die Filialen in der Region und unterstütze sie bei der Bewältigung von Problemen. Zu meinen Aufgaben gehört allerdings in erster Linie, die Bank in den Unternehmen auf höherer Ebene zu repräsentieren und mindestens einmal wöchentlich habe ich Sitzungen in der Frankfurter Zentrale. Zwangsläufig muss ich viel pendeln. Da ich eine Familie habe, die ich gerne sehe, ist mir das lieber als Übernachtungen in fremden Hotelbetten. Ich möchte meine Kinder zumindest abends noch ins Bett bringen können und nehme dafür gerne in Kauf, morgens den 6 Uhr 20-Flieger in die Finanzwelt zu nehmen.“

Mit Überzeugungskraft zur Kreativität
Naheliegend also, dass klare Prioritäten und diszipliniertes Zeitmanagement notwendige Anti-Stress-Instrumente sind. Gut organisiert zu sein ist das eine, Erfolg auch wirklich zu wollen das andere. Ohne Überzeugungskraft geht nichts. „Sie müssen die Leute mitreißen“, so Nicholas Teller. „Teamspirit zu erzeugen und damit das Bewusstsein, gemeinsam etwas bewegen zu können und Spaß daran zu haben, ist von zentraler Bedeutung. Nur so lässt sich Kreativität freisetzen, um Problemlösungen zu finden. Dabei ist sicherlich auch entscheidend, dass ich in die Welt der Inlandsbank ein Stück Internationalität hineinbringe.“

Zu Hause auf internationalem Parkett
Internationalität ist in der Biografie des 42-jährigen Briten fest verankert. In London geboren, kommt er im frühen Kindesalter mit seiner Familie nach Deutschland, besucht in Düsseldorf zunächst die britische Volksschule, dann ein deutsches Gymnasium. Nach dem Abitur zieht es ihn zurück nach England. Er entscheidet sich für ein BWL-Studium in Birmingham. „Ich wollte in England studieren, weil mir das Studium in Deutschland viel zu lange dauert. Hier wird viel mehr Fachwissen im Detail vermittelt, während das Studium in England genereller angelegt ist. Der Hochschulabschluss hat dort eher den Stellenwert eines hervorragenden Leistungsnachweises. Arbeitsspezifisches Know-how erwirbt man anschließend on the job.“ Teller steigt mit einem Traineeprogramm in die Commerzbank ein – ein Jahr in der Londoner Filiale, ein Jahr in Deutschland. Auf internationalem Parkett geht es weiter. Nach eineinhalb Jahren steigt der Junior in London zum Senior Manager auf, wechselt dann 1994 als Geschäftsführer in die Filiale Prag.

Anders denken
Neben dem „Businessbrain“ als unabdingbare Voraussetzung für eine Bankkarriere sind es vor allem aktive Sprachkenntnisse und die Auseinandersetzung mit anderen Denkweisen, die der Großbanker als wertvolle Erfahrungen mit Rückkopplungseffekt betrachtet: „Sprache hat mir ermöglicht, in ein internationales Financial Center vorzudringen und mir dort einen Hintergrund anzueignen, der auch für den Heimatmarkt unserer Banken enorm wichtig ist. Ich bringe eine Sichtweise mit, die hilft, den Horizont zu erweitern, anders vielleicht als dies bei jemandem der Fall ist, der Zeit seines Lebens ausschließlich in Deutschland gelebt und gearbeitet hat.“

Gelassenheit durch Freiräume
Dass Horizonterweiterung mehr ist als die Summe internationaler Marktkenntnisse, macht Teller unverblümt klar. „Wenn sich Ihr Interessensgebiet nur auf die Bank bezieht, werden Sie nicht nur unzufrieden, sondern auch als Ansprechpartner uninteressant. Es ist enorm wichtig, sich bei allen Verpflichtungen persönliche Freiräume zu schaffen.“ Zeitaufwändige Hobbys wie das Fliegen hat der Banker mit Pilotschein zwar vorerst auf Eis gelegt, nicht aber seine Leidenschaft für Literatur. „Lesen hält mich nicht nur à jour über Themen, die in meiner alten Welt UK und meiner neuen Welt Deutschland stattfinden. Es hilft mir auch, meinen Job so gelassen und humorvoll zu nehmen, wie es geht. Der Ernst der Sache ist für mich prinzipiell nie anzweifelbar, aber ohne Humor könnte ich den Job nicht machen.“

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