StartConsultingKönigsdisziplin Strategieberatung

Königsdisziplin Strategieberatung

Die schnelllebige und von Veränderungen geprägte Zeit stellt viele Unternehmer und Manager vor die Frage: Welche Strategie brauchen wir, um auf Dauer zukunfts- und wettbewerbsfähig zu bleiben? Strategieberater sehen sich hier als Partner, neue Wege zu entwickeln und beim Gehen auf diesen, zur Seite zu stehen. Von Christoph Berger

Die deutsche Spezialchemiebranche steht vor vielfältigen Herausforderungen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Ein vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater ins Leben gerufener Thinktank erstellte ein Themendossier, in dem der Branche eine Verringerung des technologischen Vorsprungs, schrumpfende Marktanteile, eine fehlende internationale Ausrichtung sowie ein Kosten- und Optimierungsdruck am Standort Deutschland attestiert wird. Um die Zukunftsfähigkeit der Branche zu erhalten, formulierten die am Thinktank teilnehmenden Berater aus vier Unternehmensberatungen neben vielen weiteren Maßnahmen zwei entscheidende Schwerpunkte: die Verteidigung der Position in den angestammten Heimatmärkten sowie die Teilnahme am Wachstum der Schwellenländer. Beides eindeutig strategische Schwerpunkte, die es nun gilt, umzusetzen.

Berater als Partner

Vor Herausforderungen steht natürlich nicht nur die Spezialchemiebranche. Prinzipiell kann gesagt werden: „Die Anforderungen an die Unternehmensführungen und das Management sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Wir leben in einer Welt, die von Volatilität und großen Umwälzungen geprägt ist. Da brauchen Manager guten Rat von Partnern. Von Partnern, auf die sie sich verlassen können“, sagt Kathrin Kammer, Head of Global HR Marketing & Recruiting bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Und genau solche Partner seien die Strategieberater, Partner, die Kunden in einem komplexen Umfeld Orientierung und neue Impulse geben. Nicht umsonst kommunizieren Strategieberater oftmals mit den oberen Führungsebenen der Unternehmen.

Die Wettbewerbsfähigkeit sowie die Ausrichtung auf die Zukunft sind dabei Kerninhalte einer Strategie, dass es sich aber nicht immer um Internationalisierungsthemen wie in der Spezialchemie handelt, ist auch klar. „In der Strategieberatung dreht sich vieles um die Trends der Digitalisierung: von künstlicher Intelligenz und Machine Learning über neue Arten von Mobilität bis hin zu Workforce for the Future“, nennt Dr. Michael Lierow, Partner bei der Beratungsgesellschaft Oliver Wyman, die derzeitigen Haupttrends. Und diese Themen ziehen sich durch sämtliche Unternehmen und Branchen, egal ob Konzern, Mittelstand oder öffentliche Hand. Wobei der Begriff der Digitalisierung natürlich äußerst weit gefasst ist. „Die Digitalisierung betrifft zum einen sämtliche Bereiche der Wertschöpfungskette, zum anderen aber auch die Themen agile Arbeitsprozesse und -methoden, die den Kunden in punkto Zusammenarbeit weiterbringen“, erklärt Kathrin Kammer.

Doch was sind das für Menschen, die bei der beschrieben Vielseitigkeit und Komplexität den Überblick behalten und gleichzeitig die Fähigkeit mitbringen, eine auf den Kunden und seine Bedürfnisse zugeschnittene Strategie nicht nur zu entwickeln, sondern auch zu implementieren? „Neben herausragenden analytischen und persönlichen Fähigkeiten ist auch der Umgang mit innovativen Technologien, wie zum Beispiel Python, sinnvoll“, nennt Michael Lierow einige Must-haves, die Einsteiger mitbringen sollten. Und immer wieder fallen die Begriffe kluge Köpfe, Innovatoren oder Vordenker. Ein Aspekt, auf den auch Kathrin Kammer großen Wert legt: „Ziel ist es, kreative Vordenker an Bord zu holen, die den Kunden helfen, neue Wege zu gehen.“

Ob jemand dieses Mindset mitbringt, ob jemand offen für Innovationen, flexibel und kreativ in seinem Denken ist, stellt man bei Roland Berger über strukturierte Recruiting- Prozesse fest, in denen ein festes Set an Fähigkeiten abgeprüft wird. Empathie hat ebenfalls einen hohen Stellenwert. Denn nur ein Berater, der sich in den Kunden hineinversetzen und gut zuhören kann, wird auch dessen Probleme erfassen – egal ob Generalist oder Spezialist. Und: Das Arbeiten in Teams darf dabei natürlich keineswegs vergessen werden. Bringen Einsteiger all diese Skills mit und ist der Einstieg einmal geschafft, nimmt die Weiterbildung in Beratungsunternehmen einen besonders hohen Stellenwert ein. Laut einer Anfang 2018 veröffentlichten BDUStudie investieren erfolgreiche Unternehmen der Consultingwirtschaft pro Jahr durchschnittlich 5400 Euro pro Berater. Die höchsten Investitionen in die Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter tätigen Strategieberater mit einem durchschnittlichen Wert von 5900 Euro.

Plattformen: Neue Wege der Zusammenarbeit

Apropos Teamarbeit: „Wir haben ein Netzwerk gegründet, in dem wir starke Experten aus dem Digitalisierungsumfeld zusammenbringen. Denn: Wir als Unternehmensberatung halten ja nicht jedes Spezialwissen, jede Programmierungsdienstleistung bei uns selber parat, sondern wir kooperieren mit Partnern“, erklärt Kathrin Kammer Auswirkungen der schnellen Veränderungen auf die sich verändernde Beraterarbeit. Unter dem Mantel „Terra Numerata“ kooperieren unterschiedlichste Expertenunternehmen, die sich je nach Kundenanforderung, Bedarf und Projekt in immer wieder neuen Konstellationen zusammentun.

Masterstudiengang „Strategy and Digital Business“

An der ESCP Europe Business School in Berlin startet im September 2018 der Masterstudiengang „Strategy and Digital Business“. Er richtet sich an Bachelorabsolventen der Wirtschafts-, Sozial- und Naturwissenschaften, die sich intensiv mit der Welt der digitalen Unternehmensstrategien befassen möchten. Strategischer Partner des Studiengangs ist die Managementberatung Bain & Company.

In eine ähnliche Richtung geht auch das von Roland Berger mit dem Kreditkartenunternehmen Visa initiierte „Spielfeld“ in Berlin. Der Digital Hub liefert eine physische Infrastruktur, in der Kunden gemeinsam mit Beratern und Start-ups neue Digitalisierungskonzepte entwickeln können. Gemeinsam werden dort Ideen ausprobiert, neue Geschäftsmodelle erprobt und Prototypen programmiert. „Das ‚Spielfeld‘ bietet den Raum, um mit Kunden eng zusammenzuarbeiten und Innovationen zuzulassen“, so Kammer. „Natürlich gibt es noch das klassische Projekt, nicht alles ist im agilen Working-Flow. Aber es ist so, dass wir in vielerlei Aspekten Leute an einen Tisch bringen und den gegenseitigen Austausch fördern. Das ist mit Sicherheit ein wichtiger Aspekt, der bei unserer Arbeit hinzugekommen ist.“

Galt die Strategieberatung immer als Königsdisziplin des Consulting, so wird sie diesen Titel wohl auch in Zukunft behalten. Die Themen der Zeit, allen voran die Digitalisierung, bringen das einfach mit sich. Zumal, wie Dr. Michael Lierow von Oliver Wyman betont, die Transformation in vielen Industrien noch in den Kinderschuhen steckt. Auch Kathrin Kammer von Roland Berger prognostiziert dem Bereich weiteres Wachstum, „die Strategieberatung ist definitiv noch die Königsdisziplin im Consulting“, sagt sie. Daher bewertet sie, genauso wie Lierow, den Bereich auch als äußerst attraktiv für Einsteiger: Man wird mit den unterschiedlichsten Themen und Fragestellungen konfrontiert, arbeitet an Lösungen unserer Zeit, die Wirtschaft und Gesellschaft bewegen, lernt unterschiedlichste Unternehmen von innen kennen, hat mit Projektbeginn Kontakt zur Managementebene mit vielschichtigen und unterschiedlichsten Persönlichkeiten. Und das alles meist in internationalem Umfeld, da die meisten Projekte grenzüberschreitend sind. Eine überdurchschnittlich ansteigende Lernkurve ist damit garantiert. Und dafür spielt das Studienfach noch nicht einmal die entscheidende Rolle. Gefragt sind Leidenschaft und Exzellenz.

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Freek Vermeulen: Breaking Bad Habits: Defy Industry Norms and Reinvigorate Your Business. Harvard Business Review Press 2017. 23,25 Euro.

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