StartProminenteInterview mit Stephan Schilling

Interview mit Stephan Schilling

Der Disziplinierte

„Wer heute Wirtschaftsprüfer werden will, muss viel Motivation und Disziplin mitbringen, sagt Stephan Schilling. Schließlich fangen Universitätsabsolventen in dieser Branche wieder ganz unten an: Sie müssen unter der Woche und an den Wochenenden viel lernen, denn die Prüfungen zum Steuerberater und dann zum Wirtschaftsprüfer haben es in sich. Bettina Blaß sprach mit ihm über den Einstieg von Absolventen in die Wirtschaftsbranche.

Zur Person

Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten in Marburg, Aachen und Mannheim begann Stephan Schilling seine Karriere 1987 als Assistent bei Touche Ross & Co, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Düsseldorf. Ab 1989 arbeitete er dann als Prüfungsleiter und Manager bei Pricewaterhouse in Leipzig und Düsseldorf. Vier Jahre später wurde er Manager in der Sozietät Rölfs Bühler & Partner und ab 1994 Partner. Ab 1997 war Stephan Schilling Mitglied des Vorstandes der RölfsPartner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Leiter der Niederlassungen Düsseldorf, Leipzig und Frankfurt am Main. Nach einer fast dreijährigen Berufserfahrung in der Industrie als Finanzchef beim Arnsberger Tissue-Hersteller Wepa, kehrte er im Oktober 2012 als Partner und Vorstand zur RölfsPartner Wirtschaftsprüfung zurück, um das Restrukturierungsteam mit seinen Kompetenzen zu verstärken.
Seine Arbeitsschwerpunkte liegen unter anderem in den Bereichen finanzwirtschaftliche Sanierungen, Unternehmenszusammenschlüsse, Synergieerzielung, kaufmännische Systeme-Schnittstellen-IT, Interims Management und Finanzierungen für große und mittelständische Unternehmen.

Warum sind Sie Wirtschaftsprüfer geworden?
Ich wollte immer Betriebswirtschaft studieren. Und als ich mich während des Studiums mit einem Wirtschaftsprüfer unterhielt, gefiel mir sehr, was er erzählte. Er schilderte einen vielfältigen Beruf, und das war mir wichtig.

Hat Sie Ihr Studium ausreichend auf Ihren Berufsalltag vorbereitet?
Für den Einstieg war es ausreichend – allerdings nur in der Kombination mit den Praktika, die ich absolviert habe.

Worauf kommt es bei Praktika an?
Solange die Praktika zielgerichtet sind, ist es egal, ob ein Student sie bei einem großen oder kleinen Unternehmen absolviert. Es kommt darauf an, dass er Initiative beweist. Wichtig finde ich auch, dass Bewerber mal nach rechts und links geblickt haben, sich außerhalb der Uni engagieren – und möglicherweise auch einige Zeit im Ausland waren.

Ausland – ein gutes Stichwort. Wobei geht es Ihnen dabei?
Man muss nicht im Ausland studieren. Aber dort einige Zeit gewesen zu sein, ist gut, um eine Sprache zu lernen. Wobei Englisch in Wort und Schrift bei uns Mindestvoraussetzung ist. Eine Zweitsprache ist für die Arbeit bei uns von Vorteil – gerne Französisch oder Spanisch. Aber sie ist keine notwendige Vorraussetzung. Exotischere Sprachen wie beispielsweise Mandarin sind bei uns im Berufsalltag derzeit nicht verwendbar.

Welche Kriterien legen Sie bei einer Bewerbung an?
Noten sind uns weniger wichtig, als dass jemand aus der Masse herausragt. Was hat er neben der Uni gemacht? Wie kommunikativ ist er? Wie kann er sich in ein Team eingliedern? Hat er Verantwortungsbewusstsein? Uns interessiert die Frage „Wie ist derjenige menschlich geeignet?“ eher als das Fachwissen

Wie finden Sie das heraus?
Nach einem persönlichen Gespräch von einer Stunde weiß man eine ganze Menge. Vor allem, wenn man schon viele Leute gesehen hat und das Gespräch zu zweit führt.

Worauf muss sich ein Einsteiger bei Ihnen einstellen?
Er muss viel Motivation und Disziplin mitbringen. Denn Uni-Absolventen fangen bei uns ganz neu an. Sie müssen erneut Prüfungen absolvieren, um Wirtschaftsprüfer zu werden. Das müssen Einsteiger wissen, bevor sie sich bewerben.

Was sind Ihre Aufgaben bei RölfsPartner?
Bei mir ist es eine Mischung: Einen Teil delegiere ich an mein Team – und einen Teil mache ich selbst. Ich betreue die Niederlassungen in Düsseldorf, Frankfurt am Main und Leipzig. Und ich versuche die Arbeit dieser drei Standorte miteinander zu vernetzen. Ich kümmere mich darum, dass wir neue Mandate akquirieren, die Aufgaben richtig besetzen und die Ergebnisse den Mandanten in geeigneter Form präsentieren. Derzeit führe ich zusätzlich Personalgespräche – wir suchen einerseits neue Leute, und andererseits stehen die Jahresgespräche mit rund 50 Mitarbeitern an.

Das klingt nach viel Arbeit. Wann stehen Sie morgens auf?
Um sechs. Ich muss vor der Arbeit noch meinen Sohn zum Bahnhof bringen. Und ab halb acht arbeite ich dann – denn ich nutze schon die Zeit im Auto, um zu telefonieren. Gegen 20 Uhr bin ich dann in der Regel fertig. Manchmal kann es aber auch länger dauern, das hängt von den Mandanten ab.

Wie viele Tage in der Woche sind Sie in Deutschland unterwegs?
Ich bin zwei Tage in Düsseldorf und drei Tage in Frankfurt, Leipzig oder bei Mandanten. Meine Mitarbeiter sehe ich entweder dort, oder wir telefonieren. In der Branche wird erwartet, dass man heutzutage mittels Blackberry und Handy überall und jederzeit erreichbar ist.

Wie bekommen Sie das mit Ihrer Familie vereinbart?
Es konzentriert sich sehr vieles aufs Wochenende, sowohl mit der Familie als auch mit Freunden.

Hat sich Ihr Beruf in den 20 Jahren, in denen Sie ihn ausüben, verändert?
Ja, er hat sich enorm verändert: Früher gab es noch ein Saisongeschäft. Bis März hatten wir alle Hände voll zu tun, dann flaute es ab. Im Sommer war es sehr ruhig, und gegen Winter fing es wieder an. Das ist heute anders: Wir sind jetzt das ganze Jahr über stark beschäftigt. Außerdem sind wir keine reinen Wirtschaftsprüfer mehr. Das Geschäft hat sich stark Richtung Unternehmensberatung verschoben. Hinzu kommen viele gesetzliche Änderungen und internationale Regelungen wie US GAAP oder IFRS.

Das heißt, dass man sich in Ihrer Branche ständig weiterbilden muss?
Ja. Wir bieten dazu Schulungen an. Und natürlich erwarten wir ein gewisses Maß an Eigeninitiative unserer Mitarbeiter. Sie müssen beispielsweise die relevante Fachliteratur lesen.

Wie wichtig sind Netzwerke?
Für uns unabkömmlich. Wir organisieren für unsere Manager Wochenendtagungen, damit sie lernen, Netzwerke zu knüpfen. Und wir haben ein weltweites Netzwerk, das wir pflegen. Ich bin außerdem im Lions Club engagiert.

Hat der Beruf des Wirtschaftsprüfers negative Seiten?
Junge Leute müssen aufpassen, dass sie sich nicht verschleißen. In unserer Branche wird generell viel gearbeitet, und während der Lernphasen zur Vorbereitung auf das Steuerberater- und das Wirtschaftsprüferexamen ist die Belastung für die jungen Leute sehr hoch. Man sollte seine eigenen Grenzen kennen. An dieser Stelle sind unsere Führungskräfte gefordert, die jungen Mitarbeiter zu unterstützen.

Wie sehen Sie die Zukunft Ihres Berufes?
Ich denke, wir haben alle Chancen der Welt, weiterhin eine wachsende Branche zu sein. Unser Berufszweig ist breit aufgestellt und gut angesehen. Nur die gesetzlichen Änderungen werden uns auch weiterhin vor neue Herausforderungen stellen. Aber der Beruf wird weiterhin interessant bleiben. Derzeit gibt es eine Konzentrationswelle, und ich glaube, die kleinen Einzel-Prüfer-Büros werden auf Dauer dadurch keine Zukunft haben. Auch für Studierende wird sich etwas ändern, denn künftig soll man den Beruf des Wirtschaftsprüfers direkt studieren können.

Zum Unternehmen

RölfsPartner gehört zu den führenden unabhängigen Beratungsgesellschaften Deutschlands. Eine starke Teamorientierung und ein ganzheitlicher Beratungsansatz prägen die Arbeitsweise von RölfsPartner: Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte und Unternehmensberater arbeiten interdisziplinär eng zusammen und bieten ein breites Spektrum spezialisierter und kundenorientierter Dienstleistungen an. Die interdisziplinären Kompetenzen sind in den sechs Competence Centern Fraud • Risk • Compliance, Private Clients, Public Sector, Real Estate, Restructuring sowie Transactions gebündelt. RölfsPartner ist mit 700 Mitarbeitern an zwölf Standorten in Deutschland und durch die Mitgliedschaft bei Baker Tilly International auch weltweit vertreten.
Baker Tilly International ist mit über 24.000 Mitarbeitern in 125 Ländern ein führendes internationales Netzwerk unabhängiger Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften.

Das könnte dich auch interessieren

Der Roman „Die Kündigung“ von Hubertus Meyer-Burckhardt

SPIEGEL-Bestseller: Der Roman „Die Kündigung“ von Hubertus Meyer-Burckhardt jetzt auch als Taschenbuch erhältlich.

Interview mit Annette Kulenkampff

Annette Kulenkampff leitet den Hatje Cantz Verlag in Ostfildern bei Stuttgart. Als einer der...

Interview mit Christian Pape

Christian Pape ist einer von Deutschlands Top-Personalberatern, passionierter Koch und Autor von „Traum! Job!...



Anzeige




Anzeige
BWI