Angelika Gifford hat es schwarz auf weiß: Sie ist Managerin des Jahres 2009. Die Jury des Mestermacher-Preises war von der Karriere der Microsoftmanagerin begeistert, in deren Verlauf sie problemlos Familie und Job in Einklang brachte – und das in der männerdominierten ITBranche. Warum sie dort bestens aufgehoben ist und welche Aufstiegschancen die Branche jungen Absolventen bietet, erzählt sie im Interview. Die Fragen stellte André Boße.
Zur Person
Angelika Gifford, 43 Jahre, ist seit 2007 Senior Director des Geschäftsbereichs Public Sector und Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland. Sie ist seit 1993 bei Microsoft beschäftigt und hat bereits zahlreiche strategisch wichtige Geschäftsbereiche für Microsoft Deutschland und für die Region EMEA (Europa, Mittlerer Osten, Afrika) aufgebaut. So war sie zunächst mit der Weiterentwicklung des Product Support Service (PSS) in Deutschland betraut.
Angelika Gifford hat einen Abschluss als Bankbetriebswirtin, ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in München. 2009 erhielt sie den Mestermacher-Preis als Managerin des Jahres; die Jury lobte ihren Karriereweg als vorbildhaft für andere.
Frau Gifford, wie arbeitet es sich mit dem Titel „Managerin des Jahres“ am Revers? Steigen die Erwartungen, die man in Sie setzt – schließlich bezeichnete die Jury Sie als „Vorbild für viele hochqualifizierte Frauen“?
Ich betrachte die Auszeichnung als Ansporn, um anderen zu zeigen: Auch Mütter können im Top-Management arbeiten. Die Vorbildfunktion, die ich durch diese Auszeichnung einnehme, möchte ich deshalb nutzen, um jungen Frauen Mut zu machen, ihre Chancen zu ergreifen. Sie sollten die Herausforderungen einfach annehmen – man wächst mit seinen Aufgaben.
In der Fernseh-Comedy „Stromberg“ gab es zuletzt ein sehr stereotypes Bild einer jungen weiblichen Führungskraft zu sehen: Tanja Seifert war schnell überfordert, wurde von der Männerwelt gemobbt und hat nah am Wasser gebaut. Ist an diesem Klischee was dran?
Das von Ihnen beschriebene Klischeebild wird häufig gezeichnet. Das ist zwar übertrieben, jedoch sind Frauen in der Geschäftswelt in der Tat oftmals bescheidener. Hier kann ich nur den Rat geben, einfach in Schuhe zu schlüpfen, die vielleicht zunächst eine Nummer zu groß erscheinen. Ein Mann würde das auch machen. Ich tue mich aber generell schwer, ein Stereotyp von der selbstbewussten, karriereorientierten jungen Frau aufzubauen. Ich denke, das ist ganz unterschiedlich.
Hat sich Ihnen im Verlauf Ihrer Karriere einmal die Frage gestellt: Karriere oder Familie?
Nein, nie. Denn ich habe einen Arbeitgeber, der Rahmenbedingungen wie Vertrauensarbeitszeit statt Stechuhrmentalität schafft und der Frauen im Unternehmen fördert. Persönlich treffe ich gemeinsam mit meinem Mann viele Vorkehrungen, um Job und Familie unter einen Hut zu bekommen. Es ist auch nicht mehr zeitgemäß, sich zwischen Kind oder Karriere entscheiden zu müssen. Das Potenzial von sehr gut ausgebildeten und engagierten Frauen sollte stärker genutzt und gefördert werden. Unternehmen müssen deshalb für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Weichen stellen, damit sich Frauen diese Entweder-oder-Frage gar nicht mehr stellen müssen.
Noch immer wird die IT-Branche von Männern dominiert – gerade in der Spitze. Gibt es Anzeichen, dass sich das wandeln wird?
Es stimmt, vor allem die Vorstände sind eine reine Männerdomäne. Laut einer aktuellen DIW-Studie sind von den insgesamt 833 Vorstandsposten der 200 größten Unternehmen nur 21 von Frauen besetzt. Das entspricht einem Anteil von gerade einmal 2,5 Prozent. Doch heute weiß man, dass weibliche Führungskräfte den Gewinn ihrer Unternehmen maßgeblich steigern und erfolgreiche Unternehmen von der Vielfalt ihrer Mitarbeiter geprägt sind; das belegen verschiedene Studien wie die der Unternehmensberatung McKinsey. Bei Microsoft legen wir großen Wert auf Vielfalt – oder neudeutsch Diversity. Ich setze mich bei Microsoft seit Jahren stark für ein familienfreundliches und frauenförderndes Umfeld ein. Darüber hinaus engagiere ich mich als Mentorin für junge Managerinnen und unterstütze die Vernetzung von Frauen bei Microsoft und darüber hinaus.
Zu Beginn Ihrer Karriere irritierten Sie manch eine Männerrunde. Die älteren Kollegen hielten Sie nicht für die Projektleiterin, sondern für die Sekretärin. Kann man solche Überraschungseffekte für sich nutzen?
Sicherlich. Voraussetzung ist aber, Nervenstärke zu zeigen und gleich zur Tat überzugehen. Wir haben damals ein Vertriebsmodell für große und mittelständische Unternehmen innerhalb Europas aufgesetzt. Das Projekt wurde ein voller Erfolg und einer der herausragenden Meilensteine in meiner Karriere.
Sie loben bei Microsoft eine „offene Unternehmenskultur“, die Ihnen auf dem Weg nach oben geholfen hat. Was darf man sich konkret darunter vorstellen?
Neben der Vertrauensarbeitszeit gibt es eine Vielzahl von Angeboten wie individuelle Coachings sowie Mentoringprogramme. Die Technologie ermöglicht es den Mitarbeitern zudem, nicht während der gesamten Arbeitszeit persönlich im Büro anwesend sein zu müssen: Sie können ihre E-Mails auch unterwegs abrufen, von zu Hause auf die Unternehmensserver zugreifen oder an virtuellen Teammeetings teilnehmen. Mein Büro besteht zum Beispiel aus Notebook und Mobiltelefon. Dadurch kann ich flexibel und ortsunabhängig arbeiten – und abends rechtzeitig bei meinem Sohn zu Hause sein.
Sie sind seit 1993 bei Microsoft. 18 Jahre in einem Unternehmen – das ist für die IT-Branche eine lange Zeit. Was sind die Vorteile, so lange in einem Konzern zu arbeiten?
Für mich war bereits früh klar, dass ich international arbeiten und immer etwas bewegen möchte. Ich mag Herausforderungen, bei denen ich mich immer wieder weiterentwickeln und mein Team zu Höchstleistungen motivieren kann. Genau das bietet mir Microsoft. Hier arbeite ich in einem global agierenden Unternehmen mit Kollegen auf der ganzen Welt zusammen. Etwa alle zwei Jahre habe ich eine neue Funktion übernommen und musste mich immer schnell darauf einstellen. Die IT-Branche ist zwar stark männerdominiert, aber ich fühle mich in dieser Männerdomäne sehr wohl.
Warum?
Weil hier eines zählt: Kompetenz.
Wie gestaltet man eine Karriere, ohne irgendwann die Motivation zu verlieren, im Alltagstrott müde zu werden?
Wichtig ist, sich berufliche und private Ziele zu setzen, sich zu überlegen, wie man dorthin kommt, und das dann in die Hand zu nehmen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Ich mache aus meinen Ambitionen keinen Hehl, denn ich weiß, dass ich mich immer noch weiterentwickeln kann, und ich möchte auch in Zukunft mutig die mir gegebenen Chancen nutzen. Denn es heißt ja auch nicht umsonst: Das Glück bevorzugt die Mutigen.
Ihre Branche hat sich in den vergangenen 18 Jahren rasant gewandelt. Wie gelingt es, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben?
Das ist ganz einfach: Learning on the job. Bei einem Hightech-Unternehmen wie Microsoft ist immer die neueste IT im Einsatz. Da gibt es zum Beispiel „Unified Communication“– und „Collaboration“-Technologien, die virtuelle Kooperation ermöglichen. Auch wenn ich mal im Home Office arbeite, sehe ich jederzeit, welche meiner Teammitglieder gerade ansprechbar sind. Arbeitsstände stehen mir auf Knopfdruck sofort zur Verfügung.
Sie sind bei Microsoft für den Public Sector zuständig. Wie steht es um die Bereitschaft von Behörden oder Institutionen, in Sachen IT fit zu sein?
Die öffentliche Verwaltung ist längst nicht so träge, wie manche glauben. Seit längerem findet dort ein Paradigmenwechsel hin zu einer stärkeren Serviceorientierung statt, und wir zeigen Städten und Kommunen, wie sie dabei von innovativer Informationstechnologie profitieren können, etwa indem sie wiederkehrende Bearbeitungsschritte reduzieren und bestehende Verwaltungsvorgänge optimieren.
Zum Abschluss: Was können aufstrebende männliche Karrieristen im Umgang mit Frauen in Spitzenpositionen noch lernen?
Sie sollten dies nicht mehr als Sonderrolle begreifen, denn die Zahl von Frauen in Spitzenpositionen wird sicherlich zunehmen. Zudem bemesse ich Leistung an den Taten und nicht an den Worten. Meine Devise lautet: Sage, was Du denkst, und tue, was Du sagst. Integrität schafft Vertrauen bei Kollegen, Partnern und Kunden. Und Vertrauen ist die Basis für langfristigen Erfolg.
Zum Unternehmen
Microsoft Deutschland ist die drittgrößte Auslandstochter der Microsoft Corporation. Sie wurde 1983 gegründet, Unternehmenssitz ist Unterschleißheim bei München. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland rund 2400 Mitarbeiter.
Es ist im Wesentlichen für Marketing und Vertrieb der Produkte in Deutschland zuständig und kooperiert dazu mit 31.500 lokalen Partnerunternehmen. Neben der Zentrale ist Microsoft Deutschland bundesweit mit sechs Geschäftsstellen vertreten. Darüber hinaus wurde im Mai 2003 das erste „European Microsoft Innovation Center“ (EMIC) in Aachen eröffnet. Die Microsoft Corporation beschäftigt weltweit rund 88.000 Mitarbeiter; der Hauptsitz liegt in Redmond, einem Vorort von Seattle, USA.
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