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Interview mit Regina Brückner

Das Veredeln von Textilien ist ihr Geschäft. Mit 30 Jahren übernahm sie das Maschinenbauunternehmen ihres Vaters. Heute führt sie es gemeinsam mit ihrem Mann – er ist der Stratege, sie die Frau der schnellen Entscheidungen. Im Interview mit S-taff spricht Regina Brückner über Gespür für Zwischentöne und Techniker, die oft schwarzweiß denken.

Zur Person

Vordiplom Textiltechnik an der Fachhochschule Reutlingen, Magisterstudium in Neuerer deutscher Literatur, VWL und Organisationspsychologie.
Nach diversen Praktika im In- und Ausland Eintritt als Trainee in die Firma Brückner Trockentechnik. Seit 1999 ist sie Geschäftsführerin, gemeinsam mit ihrem Ehemann Axel Pieper.
Privat: 1969 in Stuttgart geboren, verheiratet, zwei Kinder.

Wann stand für Sie fest, dass Sie in den Familienbetrieb einsteigen würden?
Schon als ich 16 war, fragte mich mein Vater, ob ich mir vorstellen könnte, die Firma einmal zu übernehmen. Blauäugig, wie ich in dem Alter war, habe ich ja gesagt, ohne dass ich mir damals vorstellen konnte, was da genau auf mich zukommt. Von meinen älteren Geschwistern hat keiner Interesse gezeigt, daher habe ich es als meine Verpflichtung gesehen, die Firma eines Tages weiterzuführen, daran gab es bei mir keinen Zweifel. Entsprechend habe ich auch zunächst mein Studium dahingehend ausgerichtet und an der Fachhochschule Reutlingen Textiltechnik studiert.

Warum haben Sie nach dem Vordiplom ein Magisterstudium begonnen?
Das FH-Studium war mir zu verschult. Außerdem wurde mir klar: Wenn ich einmal die Firma leiten wollte, musste ich meinen Horizont erweitern und intellektuell auch noch etwas für mich persönlich tun. Im Nachhinein denke ich, ich hätte besser Jura oder Maschinenbau studieren sollen, das hätte mir bei meiner heutigen Arbeit mehr geholfen. Aber letztendlich kommt es gar nicht auf die Studienrichtung an, wichtig ist, dass man lernt strukturiert zu denken und zu handeln. Und unternehmerisches Handeln lernt man durch Erfahrung und Erleben. Wichtig ist, bei Entscheidungen sorgfältig abzuwägen, gleichzeitig Entschlussfreudigkeit und Vertrauen in sich selbst zu haben.

Helfen Ihnen Ihre Erkenntnisse aus dem Magisterstudium trotzdem bei der Arbeit?
Mit Sicherheit. Vor allem, was ich in Organisationspsychologie gelernt habe, kann ich hier jeden Tag anwenden: beim Umgang miteinander und mit den Mitarbeitern, in schwierigen Gesprächssituationen, beim Lösen von Konflikten, zur Motivation – das alles gehört zum täglichen Geschäft. Darüber hinaus hat mir das Magisterstudium gezeigt, manche Fragen anders zu beurteilen. Techniker denken in der Regel geradeaus, es gibt für sie häufig nur zwei Varianten: schwarz oder weiß. Manchmal nimmt man aber nicht nur diese zwei Varianten wahr, sondern es gibt auch Zwischentöne, die man beachten muss. Jeder Mensch nimmt Aussagen von anderen mit seiner eigenen Wahrnehmung auf – und sich darüber bewusst zu werden, hilft im täglichen Umgang miteinander.

Wie haben die Mitarbeiter auf die Tochter des Chefs reagiert, als Sie als Trainee bei Brückner begonnen haben?
Als ich als Trainee einstieg, war mein Vater schon gestorben. Die Mitarbeiter haben deshalb viel Hoffnung in mich gesetzt, weil sie glaubten, da sei endlich wieder jemand aus der Familie, der sich für die Firma engagiert. Für mich war das eine schwierige Situation, weil ich ihre Hoffnungen noch nicht erfüllen konnte. Ich hatte ja noch gar keine Erfahrung und keine Entscheidungsbefugnisse. Wie alle Trainees konnte ich anfangs einfach nur zuschauen und zuhören. Das war für mich eine sehr lehrreiche Zeit, weil ich überall dabei sein durfte. Dabei habe ich erkannt: Wenn man es will, kann man alles lernen. Ich kann heute ebenso technische Zeichnungen lesen wie mich über kaufmännische Themen unterhalten.

Im Rückblick: Wäre es besser gewesen, vor dem Einstieg in den Familienbetrieb zunächst einmal in anderen Unternehmen zu arbeiten?
Das wäre sicherlich sinnvoll gewesen, und ich hätte es auch gern gemacht. Aber ich habe gespürt, dass unser Unternehmen damals eine schwierige Zeit vor sich haben würde – was sich tatsächlich bewahrheitet hat: Zwei Jahre nach meinem Einstieg haben wir einen Betrugsfall im zweistelligen Millionenbereich aufgedeckt. Wenn ich damals noch nicht so lange im Unternehmen gewesen wäre, hätte ich von der Firma nicht soviel verstanden und hätte nicht so schnell einspringen können. Für mich war es also der richtige Weg, direkt nach dem Studium hier begonnen zu haben. Grundsätzlich kann es jedoch nicht schaden, auch in anderen Unternehmen gearbeitet zu haben, weil ansonsten die Gefahr besteht, schneller betriebsblind zu werden.

Sie haben dann schon mit 30 Jahren die Geschäftsleitung übernommen. Wie wurden Sie als junge Frau in der männerdominierten Technikwelt akzeptiert?
Anfangs haben alle gedacht: Frau, jung, hat keine Ahnung. Das hatte durchaus seine Vorteile, weil ich von vielen unterschätzt wurde. Wenn man dann mit Charme bei Verhandlungen hart bleibt, sind viele Geschäftspartner erst einmal überrascht. Aber zum Glück ist es ja nicht mehr nur eine Männerwelt. Wir bei Brückner zum Beispiel achten darauf, auch Mitarbeiterinnen zu beschäftigen – auch im technischen Bereich. Denn wir haben bemerkt, dass sich das Klima deutlich verbessert, wenn in den Abteilungen nicht nur Männer arbeiten.

Sie haben zwei Kinder und einen zeitintensiven Job – wie schaffen Sie es, Beruf und Familie zu vereinbaren?
Als Geschäftsführerin habe ich den Vorteil, dass ich mir manches anders einrichten kann. Unsere erste Tochter habe ich bis zu ihrem ersten Lebensjahr jeden Tag in die Firma mitgenommen, denn neben meinem Büro ist ein eigenes Kinderzimmer. Inzwischen habe ich jemanden, der in der Firma auf unseren jüngeren Sohn aufpasst, und die Ältere geht in den Kindergarten.

Ihr Mann arbeitet ebenfalls in der Geschäftsleitung von Brückner – wie funktioniert diese enge familiäre Zusammenarbeit?
Jeder hat seine Aufgabenbereiche, und wir sind vom Typ her sehr unterschiedlich. Mein Mann ist eher der Stratege, der langfristig überlegt, in welchen Bereichen was zu tun ist. Ich bin hingegen diejenige, die schnelle Entscheidungen durchführt. Hier ergänzen wir uns sehr gut.

Welche Ratschläge können Sie Absolventen geben, die wie Sie eine Unternehmensnachfolge in einem mittelständischen Unternehmen anstreben?
Man muss sich über seine eigene Rolle klar werden, wie man von anderen wahrgenommen wird und wahrgenommen werden will. Ich habe am Anfang ein Coaching gemacht, um mir einige Dinge bewusst zu machen. Dabei wurde mir klar, dass ich den Erwartungen, die andere in mich hatten, gar nicht gerecht werden konnte. Daher ist es nicht nur zu Beginn wichtig, ganz viel zuzuhören und ein Gespür für die Aussagen zwischen den Zeilen zu bekommen. Als junger Mensch macht man wahrscheinlich eine ganze Reihe von Fehlern, das gehört dazu. Aber man muss lernen, damit umzugehen.

Zum Unternehmen Brückner Group GmbH

Snowboards, Surfbretter, Tennisschläger, Kleidung – Brückner ist weltweit einer der führenden Anbieter von Anlagen für die textile Trockenveredlung. Mit Brückner-Maschinen werden Textilien wie Kleidung, Bettwäsche oder Gardinen nach dem Färben und Bedrucken veredelt, imprägniert und getrocknet. Auch technische Textilien wie etwa Glasfasern bekommen bei Brückner den letzten Schliff. An zwei deutschen Standorten erwirtschaften 330 Mitarbeiter einen Umsatz von rund 70 Millionen Euro. Hinzu kommen 90 Vertretungen und Servicestationen weltweit. Derzeit sucht das Unternehmen vor allem Maschinenbau-Absoventen. Stammsitz ist Leonberg.

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