Jeder kennt ihn – aber nicht alle wissen, dass er als Jurist beim ZDF anfing, um dann doch der Karriere vor der Kamera den Vorzug zu geben: Dr. Alfred Biolek im Gespräch mit dem karriereführer. von Gabriele Roeder
Mit welcher Intention haben Sie seinerzeit das Fach Jura studiert?
Ich wollte ursprünglich die Rechtsanwaltspraxis meines Vaters übernehmen.
Welche „Berührungspunkte“ bestehen zwischen Ihrer heutigen Tätigkeit und Ihrer juristischen Ausbildung?
Es gibt eigentlich keine Berührungspunkte. Wobei ich sagen würde, dass Jura zu studieren eine Art Lebenserfahrung ist, weil man mit sehr vielen verschiedenen Aspekten konfrontiert wird, aus den Bereichen der Kriminalität über Erbschaftsfragen bis hin zu internationalen Angelegenheiten. Das Studienfach Jura ist sehr breit gestreut, sodass es einem natürlich sehr viel über das Leben vermittelt. Meine Arbeit heute hat ja ebenfalls mit dem Leben zu tun. In dieser Hinsicht gibt es eine Verbindung, aber die ist sehr indirekt.
Würden Sie sich selbst juristisch vertreten, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten?
Nein, auf keinen Fall. Ich habe sehr schnell, etwa nach einem oder zwei Jahren, aufgehört juristisch zu arbeiten. Am Anfang war ich kurze Zeit in der Rechtsabteilung des ZDFs tätig und bin dann schnell ins Programm gekommen.
Ich fühle mich auch nicht als Jurist und kann somit schlecht sagen, ich bin Jurist. Ich habe mir auch ganz schnell klar gemacht, dass ich meine juristische Tätigkeit beende. Wenn ich heute eine juristische Beratung benötige, dann hole ich mir einen professionellen Ratgeber.
Wie kamen Sie als ZDF-Jurist zum Programm?
1963 wurde das ZDF gegründet und das Fernsehen steckte sozusagen noch in den Kinderschuhen. Es gab schon ein bisschen ARD und noch nicht einmal die dritten Programme. Und natürlich gab es noch nicht so viele Leute, dass man sie alle für das ZDF hätte abwerben können, um es aufzubauen. Es gab aber auch keine Fernsehakademien etc. Und das bedeutet, dass man natürlich allen Leuten, von denen man glaubte, dass sie ganz gut ins Team passen und ein bisschen talentiert sind, eine Chance gegeben hat. Das war sozusagen die Goldgräberzeit.
Die neuen Mitarbeiter wohnten alle in Mainz in Hotels und trafen sich abends im Restaurant zum Essen. Ich war dann auch da und habe sie unterhalten. Dies führte dazu, dass sie erkannt haben, dass ich offensichtlich noch ein anders Talent besitze. Dass ich im Fernsehprogramm gelandet bin hat wirklich mit dieser damaligen Zeit zu tun. Das gibt es heute so nicht mehr.
Welche beruflichen Chancen bietet nach Ihrer Ansicht die heutige Medienlandschaft für junge Juristen?
Alle Chancen – junge Juristen können sehr vielseitig sein. Wenn man das Jurastudium als eine Art Basis ansieht, dann kann man überall in die Medien. Es besteht die Möglichkeit, als reiner Jurist in die Medien zu gehen, als Verwaltungsdirektor eines Senders oder eben auch in den Bereich des Programms. Das Handwerkliche oder Fachliche müssen sie dann natürlich noch dazulernen.
Auf welche „Soft Skills“ legen Sie bei den Mitarbeitern und Kollegen wert?
Meine Mitarbeiter sollten angenehme, intelligente und bewegliche Leute sein, die Menschlich vor allem in Takt sind. Sie müssen positiv und freundlich sein und auf jeden Fall Humor besitzen. Im fachlichen Bereich sollten Sie schon viel wissen oder sehr schnell dazulernen.
Welchen „Rat fürs Leben“ möchten Sie der jungen Generation mit auf den Weg geben?
Jeder muss da seinen Weg finden, das Wichtigste ist, dass man sich nicht selbst verrät und aufgibt. Von Bedeutung ist ebenfalls, dass man nicht etwas tut, was man schlecht findet, nur weil man glaubt, andere erwarten es oder der Beruf verlangt es. Also mit sich selbst im Reinen sein, mit sich selbst eins sein und nur Sachen machen, zu denen man auch steht und die man auch verantworten kann, das halte ich für sehr entscheidend. Allerdings sind ja auch Intriganten schon Intendanten geworden. Mein persönlicher Rat ist, dass man sich selbst immer treu bleibt, aber ob das letztendlich immer zum Erfolg im Sinne von Karriere führt, das weiß ich nicht.
Was möchten Sie in Ihrem weiteren beruflichen Leben noch erreichen?
Nichts mehr. Ich möchte, dass das Erreichte jetzt nicht mehr in Frage gestellt wird. Dass ich jetzt keinen Fehler mehr begehe und auch keine Sendung mehr mache, die sozusagen das wieder relativiert, was ich bis jetzt erreicht habe. Beruflich muss ich nichts mehr erreichen.
Ihre persönliche Definition von Erfolg?
Der Erfolg besteht darin, dass man etwas erreicht hat – sowohl vom Ansehen, von der Befriedigung und vielleicht auch vom Einkommen her. Dass man etwas erreicht hat, mit Dingen, die man gerne macht und zu denen man stehen kann. Dass man von sich selbst sagen kann, ich habe Erfolg, aber dieser Erfolg ist nicht teuer erkauft – mit Verrat an sich selbst, zu viel Arbeit, sodass man kein Privatleben mehr hat. Dann ist es für mich kein Erfolg. Erfolg steht in einer vernünftigen Relation zu dem Preis, den man gezahlt hat, den intellektuellen, den psychologischen und den zeitlichen Preis. Ich habe immer auch Zeit gehabt für mein Leben. Es gibt nichts, was ich bedauere oder wo ich sagen würde, dass ich es anders machen würde, wenn ich von vorne anfangen würde. Das finde ich eigentlich einen sehr schönen Erfolg für mich selbst.
Was schätzen Sie an sich selbst, was halten Sie für verbesserungsfähig?
Das kann ich nicht beantworten, das sollen andere sagen.
Worauf möchten Sie mit 70 Jahren zurückblicken können?
Darauf, dass ich eben eine stetige und nicht sprunghafte oder explosionsartige Karriere gemacht habe. Auf diese Karriere möchte und kann ich auch wohl zurückblicken, wenn ich keine Fehler mehr mache. Ich will jetzt die nächsten Jahre, bis ich 70 bin, nicht mehr irgendeinen Quatsch machen. Ich bin also sehr, sehr vorsichtig mit dem, was ich jetzt mache. Um das Ansehen, das ich habe, nicht im Nachhinein zu gefährden. Es gibt im Fernsehen eine ganze Reihe von schlechten Beispielen, von Menschen, die hoch angesehen waren und phantastische Erfolge hatten und die dann einfach nicht aufhören, nicht loslassen konnten und dann Sachen gemacht haben, die ihrer unwürdig waren. Und das war dann sehr unerfreulich und eigentlich Schade. So ein schlechter Abgang!