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Interview mit Olaf Koch

Olaf Koch ist Vorstandsvorsitzender der Metro Gruppe, einem der größten Handelsunternehmen der Welt mit Marken wie Saturn, Media Markt und Kaufhof. Im Interview erzählt der 44-Jährige, vor welchen Umbrüchen der Handel steht, wie Einsteiger davon profitieren – und warum laute Rockmusik einen wichtigen Einfluss auf die Konzernstrategie hat. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Olaf Koch, geboren 1970 in Baden Soden am Taunus bei Frankfurt am Main, studierte BWL an der Berufsakademie Stuttgart. 1994 stieg er bei Daimler ein, wo er schnell als Führungskraft unter anderem im Bereich E-Commerce aufstieg. 2002 wurde er bei Daimler Mitglied der Geschäftsleitung der Mercedes Car Group und war verantwortlich für Finanzen, Controlling und Strategie. 2007 wechselte er als Managing Director zum Finanzinvestor Permira. Zur Metro Gruppe kam er 2009 zunächst als Finanzvorstand. Seit Januar 2012 ist Olaf Koch Vorstandsvorsitzender der Metro AG.

Herr Koch, wie bleibt man als Vorstandsvorsitzender eines großen Unternehmens authentisch?
Wichtig ist, sich selber treu zu bleiben. Sich auch dann nicht zu verändern, wenn das berufliche Umfeld es erwartet, weil man eine neue Hierarchiestufe erreicht hat. Um es auf den Punkt zu bringen: Ich versuche weiterhin, mir das Privileg der Normalität zu erhalten. Gelingt mir dies, dann fühle ich mich wohl. Und dann kann ich auch gegenüber unseren Mitarbeitern authentisch auftreten, weil sie merken, dass da kein Schauspieler auf die Bühne tritt, der sich hier und jetzt nahbar gibt – aber nachher wieder zu einer ganz anderen Persönlichkeit wird.

Zum Privileg der Normalität gehört auch, dass Sie häufig selbst Auto fahren und dabei laute Rockmusik hören. Welche Musik hören Sie denn so?
Derzeit läuft sehr häufig das Album der US-Band Walking Papers, eine sehr vielfältige Platte. Ich höre aber auch gerne Bands wie Monster Magnet, auch wenn es in deren Schaffen schon einige schwächere Phasen gab. Wenn es was Ruhigeres sein soll, greife ich zu The National, die eine Musik zum entspannten Dahinfahren spielen. Brauche ich dagegen einen Energieschub, höre ich Kasabian.

Geben Ihnen diese Autofahrten mit Musik Inspiration für Ihre Arbeit?
Durchaus. Auf dem Weg nach Hause fahre ich bis zu vier Stunden, da habe ich viel Zeit zum Sinnieren und Nachdenken. Einmal zum Beispiel habe ich die Band Royal Teeth gehört, die in einem ihrer Refrains singen: „Just because we‘re growing up, it doesn‘t mean we‘ve had enough.“ Als ich das hörte, wurde mir klar: Das ist genau die Botschaft, die zum 50-jährigen Bestehen unserer Großhandelstochter Metro Cash & Carry passt: Wir werden 50 – sind aber immer noch jung und wild. Wir haben dazu mit unseren Mitarbeitern einen kleinen Clip gedreht, den man im Internet finden kann.

Ist das eine coole Geste? Oder kann so eine Aktion mehr leisten?
Ich denke, es war ein wichtiges Aufbruchsignal, gerade mit Blick auf unsere Cash-and-Carry-Märkte, bei denen wir vor notwendigen Umbrüchen stehen. Die Botschaft lautet: Leute, hört auf, den Kopf in den Sand zu stecken, wir haben hier ein tolles Geschäft – lasst uns was daraus machen, indem wir wieder mutiger und zuversichtlicher sind. Wir haben den Clip vor rund einem Jahr erstmals vorgestellt, und der Film funktioniert noch immer, weil er die Leute emotional packt. Ich bin davon überzeugt, dass Musik die Sinne öffnet. Ein guter Song mit einer klaren und nachvollziehbaren Botschaft besitzt viel Kraft, um Menschen zu motivieren.

Gibt es etwas, was Manager von großen Musikerpersönlichkeiten wie Bruce Springsteen oder Mick Jagger lernen können?
Das ist schwierig. Große Künstler sind irgendwann selber zu einer Marke geworden. Dieser Versuchung sollte man als Manager widerstehen, denn wer sich zu sehr um die eigene Vermarktung kümmert, schlägt einen falschen Weg ein. Man tut dann Dinge nur, um diese Marke weiter zu formen. Manager sind keine Stars. Manager sind Menschen, die für die Geschicke vieler anderer mitverantwortlich sind.

Was raten Sie in dieser Hinsicht Einsteigern, die sich im Unternehmen ja zunächst einmal einen Namen machen müssen?
Wer zum ersten Mal Verantwortung übernimmt, wird im Unternehmen bekannter und schärft sein Profil. Dagegen ist nichts zu sagen. Ich rate jungen Menschen aber davon ab, mit dem „Posen“ anzufangen – also eine Show zu machen, um besser rüberzukommen.

Nun leben Künstler immer auch von der Geschichte, die sie zu erzählen haben. Mit Blick auf die Handelsbranche: Wie wichtig es für Ihr Unternehmen, Ihren Kunden eine Geschichte zu bieten?
Das wird immer wichtiger. Der Handel ist nicht nur eine Funktion, sondern lebt immer stärker auch von den Emotionen. Die Aufgabe von Handelsunternehmen ist es daher, den Kunden nicht nur mit logischen Argumenten, sondern auch auf der Gefühlsebene zu vermitteln, warum es sinnvoll ist und Spaß macht, hier einzukaufen. Bei unseren Cash-&-Carry-Märkten ist die Geschichte schnell erzählt: Unser Ziel ist es, andere Unternehmer erfolgreich zu machen. Wir sind also Dienstleister im Sinne des Kunden. Das ist eine ganz andere Story als früher, als wir die große, internationale, mächtige Metro verkörpert haben. Heute sagen wir: Wir möchten nicht, dass der Kunde über unsere Größe staunt, sondern dass er mit uns – also seinem Servicepartner – eine enge Beziehung eingeht. Wir merken: Gelingt uns das, dann machen wir sehr gute Geschäfte. Also gilt es, die Idee des Handels weiterzudenken.

Wie sieht das konkret aus?
Es muss uns gelingen, bei allen unseren Vertriebsmarken dafür zu sorgen, dass der Kunde das Geschäft betritt und sich denkt: Wow, hier erhalte ich die beste Lösung für meine Bedürfnisse. Nehmen wir Media Markt, auch hier hieß es lange: Wir bieten die Vielfalt. Heute muss es heißen: Wir bieten die Vielfalt. Zu den besten Preisen. Und dazu noch die besten Innovationen, die der Markt hergibt. Wir müssen der Ort werden, an dem der Kunde die Dinge erleben kann, über die man in den Medien noch als Zukunftsvision spricht. Bei allen unseren Vertriebsmarken zentrieren wir uns also deutlicher auf den Kunden. Wir sehen erste Erfolge dieser neuen Strategie. Aber es gibt auch noch sehr viel zu tun.

Welche Möglichkeiten bieten Sie jungen Nachwuchskräften, die sich bei diesem Wandel einbringen möchten?
Es geht ja in vielen Bereichen darum, Herangehensweisen, die im privaten Leben schon erprobt sind, auch im Geschäftsumfeld zu etablieren. Zum Beispiel im Umgang mit dem Internet und sozialen Netzwerken. Wir bieten einen Innovationsbereich, der sich damit befasst, wie man den Handel der Zukunft gestalten kann. Generell haben jedoch alle Mitarbeiter die Möglichkeit, über verschiedene Kanäle und Formate Ideen und Wünsche einzubringen. Hier sind natürlich auch junge Menschen und frische Ideen von Absolventen gefragt. Wir sagen: Traut Euch, denn es gibt in diesen Zeiten eigentlich keine dumme Idee mehr.

Zum Unternehmen

Die Metro Gruppe mit Stammsitz in Düsseldorf gehört zu den größten internationalen Handelsunternehmen mit weltweit rund 2200 Standorten in 31 Ländern in Europa und Asien sowie rund 250.000 Mitarbeitern, von denen rund 60 Prozent in Deutschland tätig sind. Die Gruppe verfügt über fünf Vertriebsmarken: Metro Cash & Carry ist weltweiter Marktführer im Selbstbedienungsgroßhandel, Media Markt und Saturn zählen europaweit zu den führenden Elektrofachmärkten. Hinzu kommen die Real-Warenhäuser sowie die Kaufhauskette Galeria Kaufhof.

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