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„Alles auf Chinesisch gesetzt“

Shanghai statt Hamburg: Wegen seiner exzellenten Chinesischkenntnisse wechselte Dr. Christoph Schröder 2012 in das Shanghaier Büro seiner Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle, wo der 40-Jährige für die chinesischen Mandanten zuständig ist. Im Interview erzählt er, wie er die Sprache lernte und wie sie seine Karriere förderte. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Christoph Schröder, Foto: CMS Hasche Sigle
Christoph Schröder, Foto: CMS Hasche Sigle

Christoph Schröder, 40 Jahre, ist Counsel im Shanghaier Büro der Kanzlei CMS Hasche Sigle. Wegen seiner exzellenten Chinesischkenntnisse wechselte er 2012 vom Hamburger Büro nach Shanghai, wo der Rechtsanwalt für die chinesischen Mandanten verantwortlich ist und sie in den Bereichen Gesellschaftsrecht, M&A und Handelsrecht berät. Zudem hält der promovierte Jurist regelmäßig Präsentationen in chinesischer Sprache.

Herr Schröder, was ist die Grundlage Ihrer Chinesisch-Kenntnisse?
Ich habe in den letzten drei Jahren meiner Schulzeit von 1991 bis 1994 drei Stunden pro Woche Chinesisch gelernt. Weiter ging es mit Privatunterricht in Hamburg, einem mehrwöchigen Intensivkurs an der Beijing Language and Culture University und einigen Sprachkursen im Rahmen meines Sinologiestudiums als Nebenfach in Würzburg. Den eigentlichen Durchbruch habe ich aber im Studienjahr 1998/1999 in China erlebt. In dieser Zeit habe ich alles auf Chinesisch gesetzt: Ich bin aus dem Wohnheim für Ausländer der Universität Nanjing ausgezogen und habe dann bei einer chinesischen Familie gewohnt. Ich habe versucht, jedes Gespräch auf Chinesisch zu führen, ob mit der Univerwaltung, beim Buchen der Flugtickets, mit den Professoren in der Bibliothek oder beim Volleyball mit den chinesischen Kommilitonen. Ich habe auch fast täglich Zeitungen auf Chinesisch gelesen.

War das nicht mühselig?
Anfangs schon, da musste ich fast jedes zweite chinesische Schriftzeichen im Wörterbuch nachschlagen. Zeichenerkennungs-Apps gab es damals noch nicht. Aber nach und nach konnte ich mich immer besser durch die Texte hangeln. Gleichzeitig habe ich mir chinesische Rechtsbegriffe angeeignet, vor allem bei der Übersetzung des Vertragsgesetzes der Volksrepublik China, die später auch veröffentlicht wurde.

Seit wann sprechen Sie mit Ihren Mandanten Chinesisch?
Erstmals während meiner dreimonatigen Entsendung nach China im Frühjahr 2011, regelmäßig seit Juli 2012. Auch einen Teil der E-Mail-Korrespondenz führe ich auf Chinesisch. Das gilt auch für Präsentationen. Bei der Veröffentlichung von Beiträgen in Zeitschriften benötige ich allerdings viel Unterstützung von den Kollegen.

Man lernt also nie aus.
Nein. Auch jetzt noch nehme ich einmal pro Woche Unterricht, insbesondere um Wirtschaftschinesisch und umgangssprachliche Redewendungen zu trainieren.

Ab wann war Ihnen klar, dass Ihre Sprachkenntnisse für Ihre Karriere von Vorteil sind?
Schon als ich die Doktorarbeit schrieb. Es vergingen dann keine zwei Wochen als Einsteiger bei CMS, als sich mir die erste praktische Gelegenheit bot: Unsere Kanzlei hatte eine chinesische Wirtschaftsdelegation eingeladen, und so konnte ich die Gäste in ihrer Muttersprache begrüßen. Später kamen immer mehr Chancen hinzu, zum Beispiel konnte ich einem Mandanten in einem transportrechtlichen Schadensfall die in Chinesisch verfasste Klageschrift zusammenfassen.

Viele Chinesen scheinen heute ein sehr gutes Englisch zu sprechen, oder täuscht das?
Unterschiedlich. In der Tendenz gilt: Je jünger der Ansprechpartner, desto besser seine Englischkenntnisse. Es gilt aber auch der Grundsatz: Je bedeutender der Ansprechpartner, desto älter ist er. Viele wichtige Mandanten fühlen sich daher sicherer, wenn sie mit uns auf Chinesisch sprechen und korrespondieren. Gerade im Kontakt mit den chinesischen Staatsunternehmen bestätigt sich: Die wichtigste Sprache ist die Sprache des Mandanten.

Chinesisch ist eine lebendige, sich verändernde Sprache. Wie halten Sie sich in dieser Hinsicht auf dem Laufenden?
Je mehr Zeit man mit Freunden oder Mandanten verbringt, desto mehr bietet sich einem die Chance, am Puls der Zeit zu bleiben und die neuesten sprachlichen Entwicklungen mitzubekommen. Es hilft auch, im Taxi das Smartphone mal wegzulegen und gemeinsam mit dem Fahrer Radio zu hören.

Angenommen, ein junger Jurist lernt gerade Chinesisch und ist erstmals in China. Was raten Sie ihm?
Die meisten Chinesen reagieren bereits auf erste Sprachversuche eines Ausländers mit ausdrücklicher Anerkennung – auch wenn das häufig nur aus Höflichkeit geschieht. Dadurch bietet sich jedoch manchmal eine entscheidende Chance, die Atmosphäre zu entspannen. Es ist daher als Chinesisch-Anfänger eine Überlegung wert, sich zunächst auf die gesprochene Sprache zu beschränken, weil man dann deutlich schneller vorankommt.

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