„Auf jeden Fall ein Masterabschluss!“ So denken viele Absolventen. Ein Bachelorabschluss erscheint den meisten nicht ausreichend für den Berufseinstieg, sodass sich viele für ein zusätzliches Masterstudium entscheiden. Von Sabine Olschner
Über 80 Prozent der Universitäts-Absolventen und mehr als 60 Prozent der Fachhochschul-Absolventen schließen derzeit an ihren Bachelor ein konsekutives Studium an, zeigt eine aktuelle Studie der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS), die auch gleich die Gründe dafür nennt: Demnach wollen 89 Prozent der Befragten durch das Masterstudium ihre Berufschancen verbessern, 51 Prozent haben mit ihrem bisherigen Abschluss geringes Vertrauen in ihre Berufschancen. Laut Kolja Briedies, Projektleiter Absolventenstudien bei der HIS, geht die Tendenz dahin, dass in den nächsten Jahren sogar noch mehr Menschen den Master anstreben könnten.
Master für viele Berufe nicht nötig
Je nach Studienrichtung ist ein Master sicherlich sinnvoll für die Karriere: Bei vielen Berufen im naturwissenschaftlichen oder mathematischen Umfeld wurde und wird oft eine Promotion vorausgesetzt. Entsprechend hoch liegt heute die Zahl der Masterinteressenten in den naturwissenschaftlichen Fächern – vor allem Chemiker (92 Prozent) sowie Physiker und Astronomen (100 Prozent) streben in den meisten Fällen einen Masterabschluss an, der Voraussetzung für die Promotion ist. Auch bei zahlreichen technischen Fächern erwarten Arbeitgeber eher den Master- als den Bachelorabschluss – weil dieser inhaltlich mehr dem früheren Titel Dipl.-Ing. entspricht. Bei vielen anderen Fächern ist ein Masterstudium aber nicht nötig, um erfolgreich in den Beruf einzusteigen. Und auch für Ingenieure und Naturwissenschaftler gibt es eine ganze Reihe von Einsatzbereichen, für die ein Bachelor ausreicht – zum Beispiel im Vertrieb. Schließlich wurde der Bachelor offiziell so angelegt, dass er einem „erster berufsqualifizierenden Abschluss“ entspricht.
Unternehmen begrüßen Bewerbungen von Bachelorabsolventen
Dass Unternehmen Bachelorabsolventen gern einstellen, haben sie bereits früh signalisiert: 2004, 2006 und 2008 haben Personalvorstände und -verantwortliche führender großer und mittelständischer Unternehmen in Deutschland Erklärungen zu „Bachelor Welcome!“, „More Bachelors and Masters Welcome!“ beziehungsweise „Bachelor Welcome – MINT-Nachwuchs sichern!“ abgegeben. Damit verpflichteten sich die Unternehmen, Bachelorabsolventen attraktive Berufseinstiege und Karrierewege zu eröffnen und das berufsbegleitende Studium angemessen und durch geeignete Rahmenbedingungen zu fördern. Im Jahr 2010 trafen sich erneut zahlreiche Personalvorstände, um mit der Aktion „Bachelor Welcome 2010 – Was die Studienreform erreicht hat und was noch vor uns liegt“ eine Zwischenbilanz des Bologna-Prozesses zu ziehen. Erstunterzeichner dieser Erklärung waren 43 Unternehmen mit über drei Millionen Beschäftigten, darunter die Hälfte der DAX-Unternehmen. 2012 wurde die Bachelor-Welcome-Initiative unter dem neuen Motto „Bologna@Germany“ fortgesetzt.
Persönlichkeit zählt mehr als der Titel
Fragt man Personaler, ob sie Bachelor- oder Masterabsolventen bevorzugen, ist der Tenor der Aussagen für die meisten Einsatzgebiete: Die Persönlichkeit zählt mehr als der Abschluss. Ob jemand Zielstrebigkeit, unternehmerisches Denken, interkulturelle Orientierung und Kommunikationsfähigkeit mitbringt, ist keine Frage des Studientitels. Auslandsaufenthalte, Praktika und anderes außeruniversitäres Engagement sind oft wertvoller als ein zusätzliches Studium. Im Zweifel hat ein Bachelorabsolvent mit Praxiserfahrung bessere Chancen als ein Masterabsolvent ohne zusätzliche Qualifikationen. Dass Bachelorabsolventen nicht soviel Fachwissen mitbringen wie ihre Masterkollegen, ist in der Regel zweitrangig, weil besondere Kenntnisse für eine bestimmte Aufgabe ohnehin unternehmensintern und berufsbegleitend vermittelt werden. Spezielle Traineeprogramme für Bachelorabsolventen gibt es in den Unternehmen nur selten.
Gehaltsunterschiede bemerkbar?
Und wie sieht es mit dem Gehalt aus? Verdienen Masterabsolventen mehr als ihre Kollegen mit Bachelortitel? Hier gibt eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2012 Auskunft:
Diese zeigt, dass Masterabsolventen in der Tat im Schnitt mehr Gehalt einstreichen – allerdings fangen Bachelorabsolventen zwei Jahre früher mit dem Geldverdienen an. Damit gleicht sich die Differenz im Laufe der Jahre etwas aus. Und wer sich nach einigen Berufsjahren doch noch für ein Masterstudium entscheidet, wird das voraussichtlich ebenfalls auf seinem Gehaltszettel merken. Daher spricht eigentlich nichts dagegen, nach dem Bachelorabschluss direkt in den Beruf durchzustarten – oder?