Hinter freiwilligem sozialen Engagement, Corporate Social Responsibility oder Corporate Volunteering stehen Menschen, die sich engagieren – der karriereführer stellt sie vor.
„Gut, dass ich es versucht habe“
Der Schweizer Toni Rüttimann baut seit 26 Jahren Hängebrücken für Menschen in den ärmsten Regionen dieser Welt. Und will nicht einmal Geld dafür.
Konzept gegen die Gier
Ein cooles Produkt, mit dessen Kauf man Gutes tut – das ist die Idee von I Wish U Sun und der Gründer-Geschwister Cathy Boom und Patrick Andrist. Der Kauf einer Jacke finanziert eine Operation der Augenkrankheit Grauer Star in Bangladesch – mit jedem verkauften T-Shirt bezahlt das Sozialunternehmen dort eine Brille für bedürftige Schulkinder. Erschienen im karriereführer handel 2013.2014.
Autisten gesucht
Matthias Prössl vertritt die Specialist People Foundation in Deutschland, eines der ersten Unternehmen weltweit, das gezielt Menschen mit Autismus und ähnlichen Herausforderungen einstellt, um deren oft speziellen Fähigkeiten dem Markt zugänglich zu machen.
Erschienen im karriereführer informationstechnologie 2013.2014.
Tausche Wissen gegen Zeit
Im Chancenwerk e. V. helfen Studenten älteren Schülern bei schulischen Problemen, die wiederum jüngeren Schülern der eigenen Schule Nachhilfe geben. Lernkaskade nennt das Gründer Murat Vural, der für sein soziales Bildungsprojekt 2009 als „Bürger des Ruhrgebiets“ und 2010 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet wurde.
Erschienen im karriereführer ingenieure 2.2013.
Krisengespräche
Kaum zu glauben, dass niemand zuvor auf diese Idee gekommen ist: Der Psychologe Tom Frenzel gründete mit Kollegen die Hilfsorganisation Psychologen über Grenzen, um unabhängige und professionelle Unterstützung vor, in und nach Krisen zu leisten. Ehrenamtlich.
Erschienen im karriereführer hochschulen 2013.2014.
Marketing für Nepals Ureinwohner
Die Stiftung Manager ohne Grenzen entstand aus der Idee heraus, hilfsbedürftige Menschen weltweit mit Management-Know-how zu unterstützen. Erfahrene Fachkräfte aus dem Management bringen ihr Wissen während eines Projekteinsatzes gezielt vor Ort ein – in eines von weltweit rund 40 Non-Profit-Projekten.
Erschienen im karriereführer wirtschaftswissenschaften 2.2013.
Rechtschrittmacher
Die Law Clinic ist eine Kooperation der Bucerius Law School und der Diakonie Hamburg. Ehrenamtlich beraten 18 Hamburger Rechtsanwälte gemeinsam mit etwa 40 Studierenden der Law School Hilfesuchende von verschiedenen Beratungseinrichtungen der Diakonie in Rechtsangelegenheiten.
Erschienen im karriereführer recht 2.2013.
Zurück ins Leben
Back to Life e. V. wurde von Stella Deetjen gegründet, einer Deutschen, die 1996 während einer Indienreise eine Straßenklinik für Leprakranke errichtete. Seitdem ist Deetjen in Indien und Nepal unterwegs, um Hilfsprojekte zu initiieren.
Erschienen im karriereführer naturwissenschaften 2013.2014.
Beratung für den Wertewechsel
Für das Projekt „Join the Changemakers” führten die Unternehmensberatung McKinsey und die Organisation Ashoka im Herbst 2012 Studierende, McKinsey-Berater und Social Entrepreneure zusammen, um innovative und ökonomisch tragfähige Social-Business- Ideen in Österreich zu lancieren.
Erschienen im karriereführer consulting 2013.2014.
Grünes Geld
Die 1997 gegründete Umweltbank mit Sitz in Nürnberg finanziert und fördert mit dem Geld aus ethischökologischen Anlagen ausschließlich Umweltprojekte in Deutschland. Eva-Maria Reihofer ist Trainee bei der Bank – der Umwelt zuliebe.
Erschienen im karriereführer banken/versicherungen 2013.2014.
Operation am Ende der Welt
„Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières“ wurde 1971 von französischen Ärzten und Journalisten gegründet. Die private, regierungsunabhängige humanitäre Organisation leistet medizinische Nothilfe in Katastrophenoder Konfliktgebieten, unabhängig von der politischen oder religiösen Überzeugung oder der ethnischen Herkunft der Menschen. Erschienen im karriereführer ärzte 2013.2014.
Grenzenlos
„Ingenieure ohne Grenzen“ leistet seit 2003 internationale Entwicklungszusammenarbeit durch ingenieurwissenschaftliche Projekte in den Bereichen Wasser-, Sanitär- und Energieversorgung sowie Brückenbau.
Erschienen im karriereführer ingenieure 1.2013.
In dubio pro bono
Der Verein Pro Bono Deutschland e.V. wurde 2011 von 16 internationalen Anwaltssozietäten mit dem Ziel gegründet, die unentgeltliche Rechtsberatung (Pro Bono) gemeinnütziger Organisationen zu fördern.
Erschienen im karriereführer recht 1.2013.
„Spendet Bücher – wir bauen daraus Schulen“
Die „Bücher Börse Köln“ verkauft gespendete Bücher zu kleinen Preisen und in großen Mengen, mit den Einnahmen werden in bildungsschwachen Regionen dieser Welt Schulen gebaut. Ein umfangreiches literarisches, musikalisches und gastronomisches Rahmenprogramm verleiht der Börse Eventcharakter.
Erschienen im karriereführer wirtschaftswissenschaften 1.2013.
Comeback der Masche
In Kassel häkeln ältere Damen modische Mützen für junge Leute. Jeder verkauften Mütze liegt eine Postkarte bei: Die Käufer können darauf Grüße an die Häkelheldinnen schreiben. Ganz nebenbei entspinnt sich ein Dialog zwischen den Generationen.
Erschienen im karriereführer frauen in führungspositionen 2013.2014.
Der deutsche Maschinenbau steckt in der Krise – und sucht händeringend Ingenieurnachwuchs. Nun kommt es auf die junge Generation an. Mit Lust auf Leistung und mutigem Handeln muss es gelingen, die Stimmung zu drehen. Ein Ereignis aus dem Bereich der KI zeigt, dass Überraschungen möglich sind. Wenn man mutig ist. Dinge ausprobiert. Und aus der Not eine Tugend macht. Ein Essay von André Boße
„Meine Blicke so wie Lottoscheine, ich glaube weiter an mein Glück.“ Was hat der Song „Lottoscheine“ von AnnenMayKantereit mit Maschinenbauingenieuren zu tun? Schauen wir uns die Lage der Maschinenbaubranche an: Man kann sich das Maschinenbaubarometer der Unternehmensberatung PwC wie einen Blick aus dem Fenster vorstellen, um zu schauen: Wie ist die Lage? Für den Report befragt werden regelmäßig Entscheidungsträger*innen aus allen relevanten Bereichen des Maschinen- und Anlagenbaus. Im Dezember 2024 erschien die jüngste Studie mit dem Untertitel „Ausblick 2025“. Der zentrale Satz klingt ernüchternd: „Der Pessimismus unter den deutschen Maschinen- und Anlagenbauern erreicht ein Rekordhoch.“ Oder anders gesagt: Die Lage ist mies.
Überraschend kommt das nicht. „Bundesrepublik vor längster Rezession der Geschichte“, titelte das Handelsblatt zu Beginn des Jahres. Drei Jahre ohne wirtschaftliches Wachstum: Das hat Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg nicht erlebt. Der Maschinenbau wird häufig als Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichnet. In guten Zeiten stützt er sie. In weniger guten Zeiten hat gerade diese Branche große Probleme. Die jüngste Konjunkturerhebung des Maschinenbauverbands VDMA zeichnete Ende 2024 ein düsteres Bild: Mehr als 37 Prozent der Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau beurteilen ihre aktuelle Lage als schlecht oder sehr schlecht.
Krise – und doch Personalbedarf
Zunächst einmal: Von der Krise betroffen ist die junge Ingenieurgeneration nicht direkt. Wer ein Ingenieurstudium abgeschlossen hat und sich bewirbt, hat auch weiterhin beinahe freie Wahl. „Rechnerisch fallen auf jeden Interessenten mehr als drei offene Stellen“, fasste eine Meldung der Tagesschau Ende 2024 die Lage des Arbeitsmarktes für Ingenieur*innen zusammen. Dieser sei damit weiterhin ein „Angebotsmarkt“, was bedeutet, dass das Angebot an Arbeitskräften unter der Nachfrage liegt. Das gilt insbesondere für den Maschinenbau – eine Branche, in der bei der letzten Erhebung des Statistischen Bundesamts der Anteil der Ingenieur*innen unter allen Beschäftigten bei 17,1 Prozent lag.
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Wege aus der Krise: Kosten runter und Automatisieren
Die Managementberatung Horvarth legte im zweiten Halbjahr 2024 eine Studie vor, die für den Maschinenbau Wege aus der Krise vorzeichnet. Befragt wurden mehr als 700 Vorstände und Geschäftsführungsmitglieder großer international agierender Unternehmen. Was diese laut Horváth-Partner und Industrieexperte Dr. Ralf Sauter richtig machen: Sie setzen auf „knallharte Kostenoptimierung und Automation“, wie er in der Studie zitiert wird. Mehr als acht von zehn Unternehmen lassen laut Untersuchung weiterhin Maßnahmen zur Kostenreduktion laufen, zwei Drittel setzen darauf einen starken strategischen Fokus. Ähnlich viele Unternehmen digitalisieren und automatisieren sich mit Hochdruck weiter, auch mit Unterstützung von KI-Systemen.
Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) wertet regelmäßig die zu erwartenden Absolventenzahlen der verschiedenen Fachbereiche aus. Das Ergebnis der Untersuchung von Ende 2024: Es studieren immer noch zu wenige junge Menschen Ingenieurwissenschaften, um den Bedarf der Unternehmen zu decken. Da halfen auch die arbeits- und bildungspolitischen Maßnahmen der vergangenen Jahre nichts. „Diese Bemühungen waren leider nicht in ausreichendem Maße erfolgreich“, wird Studienautor Marc Hüsch auf der Homepage des CHE zitiert. „Trotz zahlreicher Kampagnen ist in den vergangenen Jahren in vielen Ingenieurstudiengängen eher ein Rückgang der Erstsemester- und Studierendenzahlen zu beobachten.“ Größter Verlierer sei der Studienbereich Maschinenbau/ Verfahrenstechnik. Mit einem Minus von fast 16.000 Studienanfänger* innen im Zehn-Jahres-Vergleich gibt es hier einen Rückgang um rund 45 Prozent, heißt es in der Studie.
Die Situation ist also besonders: Der Maschinenbau steckt in der Krise, er braucht händeringend neue Leute. Wer diese gewinnen will, muss für den Nachwuchs attraktiv sein. Das funktioniert aber nur, wenn ein Unternehmen trotz der Krise als innovativ gilt und wenn es sich nicht scheut, gerade in schwierigen Zeiten zu investieren. Doch tut sich hier nur wenig: Das PwC-Maschinenbaubarometer zeigt, dass die Branche weiterhin nicht den Mut aufbringt, der Krise mit Investitionen zu begegnen. 56 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Investitionen in naher Zukunft nicht steigen. 25 Prozent glauben sogar, sie werden sinken. Die Gewerkschaft IG Metall sieht hier einen Grund für die Schwierigkeiten der Branche. „Mit ihrer Investitionsbremse setzen die Chefetagen die Zukunftsfähigkeit einer der deutschen Kernbranchen aufs Spiel“, wird der zweite Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner, in einer Pressemitteilung der IG Metall zitiert. Für die Branche verlangt er eine „Investitionsoffensive“.
Für den Nachwuchs attraktiv zu sein, funktioniert für die Maschinenbauunternehmen auch mit Hilfe von Arbeitsmodellen, die das Thema New Work nicht als illusionäre Vorstellung der Generationen Y und Z betrachten. Sondern als Möglichkeit, den Bedürfnissen des Nachwuchses entgegenzukommen. Und nicht zuletzt funktioniert es über Gehälter: Laut PwC-Maschinenbaubarometer gehen mehr als 70 Prozent der befragten Entscheider*innen davon aus, dass die Personalkosten 2025 steigen werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 waren es lediglich 35 Prozent. Besonders interessant: Bei den Kosten für Rohstoffe für Vorprodukte sowie für die Energie erwarten rund die Hälfte der Befragten, dass sie stabil bleiben. Nicht wenige glauben sogar, dass die Preise in diesem Jahr sinken werden.
Mit Freude an der Zukunft
Wenn also das Personal der zentrale Kostentreiber für die Unternehmen ist – dann ist das doch im Kern eine Entwicklung mit Potenzial. Für Strom oder Rohstoffe muss man bezahlen. In Personal kann man investieren. Mit der Aussicht, dafür belohnt zu werden, und zwar in Form einer motivierten und leistungsbereiten Belegschaft, die durch ihr Engagement in der Lage ist, den Maschinenbau wieder in den Bereich des Wachstums zu führen. Die junge Generation der Ingenieur*innen kann sich das zunutze machen. Denn auf sie kommt es im Maschinenbau jetzt an. Auf Einsteiger*innen und junge Führungskräfte, die jetzt sagen: Wir sind bereit! Wir haben Lust! Und wir machen es auf unsere Art – nämlich mit Freude an der Zukunft.
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Ingenieurfachkräfte aus dem Ausland
Die Untersuchung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) über die Entwicklung in den Ingenieurstudiengängen belegt, dass die deutschen Hochschulen nicht genug Absolvent*innen ausbilden, um sowohl die aktuelle Lücke als auch den kommenden Fachkräftebedarf in den Ingenieurwissenschaften zu decken. Noch herausfordernder wäre diese Entwicklung „ohne den gleichzeitigen deutlichen Anstieg bei den ausländischen Studierenden“, wie es in der Studie heißt. Die Ingenieurwissenschaften haben mit 25,6 Prozent den höchsten Anteil an ausländischen Studierenden aller Fächergruppen. Bemerkenswert ist der laut Studie vergleichsweise hohe Frauenanteil bei ausländischen Studierenden in den Ingenieurwissenschaften: Ein Viertel ausländischer Erstsemester seien Frauen, bei den deutschen Starter*innen ist es nur ein Neuntel.
Klar, da kann es Widerstand geben. Jeder frische Wind sorgt dafür, dass sich einige so fühlen, als ständen sie in der Zugluft. Aber wie heißt es im Song „Zukunft“ des Rappers FiNCH: „Wir sind Zukunft – und damit müssen sie klarkommen!“ Wobei er mit „sie“ die älteren Generationen meint. In seinem Song lässt FiNCH auch einige der Klischees vom Stapel, die Nachwuchskräfte in Unternehmen häufig zu hören bekommen. „Du bist zu jung, das ist kein Spiel“, zum Beispiel. „Werd‘ erstmal so alt, (…) dann wirst du es kapieren.“ Oder: „Denk an deine Zukunft und unsern guten Ruf.“ Das mögen gut gemeinte Ratschläge sein. Doch ist es in der Zeit einer Krise nicht angebracht, so vorsichtig einzusteigen, dass jegliche Anfangseuphorie nach wenigen Wochen abflaut. Die Zeiten sind zu kritisch, um sich als junger Mensch bremsen zu lassen – und dann darauf zu warten, genügend Erfahrungen gesammelt zu haben. Stattdessen geht es um Mut. Um Leidenschaft. Um die Lust an der Veränderung. Es klingt paradox, aber vielleicht ist da was dran: Je ernster die Zeiten, desto wichtiger ist der Spaß an der Sache. Daran, der Konkurrenz zu zeigen: Wir können auch anders.
Erfolg mit begrenzten Ressourcen
Ein aktuelles Beispiel aus der Welt der künstlichen Intelligenz, das dem Maschinenbau Mut machen kann, weil es zeigt, dass es möglich ist, mit Mut und Eigenwilligkeit überraschende Entwicklungen in Gang zu setzen: Im Januar 2025 sorgte das in China entwickelte KI-Sprachmodell DeepSeek für Aufmerksamkeit und Turbulenzen. Weil es dafür sorgte, dass die vermeintlichen Platzhirsche plötzlich recht klein wirkten. Im Tech-Magazin 1E9 veröffentlichte der leitende Redakteur und KI-Experte Michael Förtsch einen Meinungsbeitrag, der die Folgen des Launches analysierte. Seine Kernfrage: „Das chinesische KI-Start-up DeepSeek lehrt amerikanische Tech-Giganten wie OpenAI, Google und Meta das Fürchten: Sein KI-Modell DeepSeek R1 kann mit deren Topmodellen mithalten – obwohl es für einen Bruchteil der Kosten und auf schwacher Hardware entwickelt worden sein soll. Kann das sein?“
Limitierung ist die Mutter aller Erfindungen. Weil sie sich mit Behelfslösungen auseinandersetzen mussten, haben sie am Ende etwas viel Effizienteres geschaffen.
Im Silicon Valley habe sich Unsicherheit breitgemacht, sogar Panik sei zu spüren, schreibt Förtsch. Dass da aus China ein Modell auf den Markt kommt, das wesentlich schlanker, günstiger und offener daherkommt, bei mindestens gleicher wenn nicht sogar besserer Leistung – das passt nicht ins Konzept der Marktführer aus den USA. Es wurden Zweifel laut: Ist DeepSeek wirklich so gut, wie behauptet wird? Ja, schreibt Förtsch: „Wie KI-Enthusiasten, -Entwickler und -Forscher in der vergangenen Woche festgestellt haben, entsprechen die Angaben von DeepSeek der Wahrheit.“
Doch die Leistung ist nicht der einzige Vorzug von DeepSeek. Hinzu komme, dass das R1-Modell von DeepSeek unter einer MIT-Open-Source-Lizenz stehe. „Diese erlaubt es jedem, es völlig kostenlos zu nutzen, zu modifizieren und weiterzuentwickeln – auch für kommerzielle Zwecke“, schreibt Michael Förtsch. Und noch ein zentraler Aspekt sorgte für die Unruhe bei den bisherigen Marktführern aus den USA: „DeepSeek R1 soll um ein Vielfaches effizienter sein als die Konkurrenz“, schreibt Michael Förtsch. „Für den Betrieb soll weniger Rechenkraft nötig sein, was direkt den Preis für die Nutzung drückt.“ So verlange OpenAI mehr als das Fünfzigfache für die Verarbeitung der Zeichenketten. Das Fazit des KI-Experten: „Das stellt sowohl das Geschäftsmodell als auch die Technologie des gefeierten US-Unternehmens in Frage.“
Wie das gelungen ist? Not macht erfinderisch. Oder, in den Worten von Aravind Srinivas, Chef des KI-Suchmaschinen-Unternehmens Perplexity: „Limitierung ist die Mutter aller Erfindungen. Weil sie sich mit Behelfslösungen auseinandersetzen mussten, haben sie am Ende etwas viel Effizienteres geschaffen“, wird er in einem Analysebeitrag der US-Nachrichtenmediums CNBC zitiert. Weil dem Entwicklerteam aus China nur begrenzte Hardware-Ressourcen zur Verfügung standen, ist es ihm durch zahlreiche Optimierungen und die Entwicklung eigener Methoden gelungen, die Effizienz enorm zu steigern.
Prognosen auf den Kopf stellen
Die Welt der Technik ist nie ausgereizt. Es gibt immer noch etwas zu optimieren. Hier liegt die große Chance für den Maschinenbau.
Was dieses Beispiel aus der KI-Welt für den Maschinenbau aussagt? Die Zeit von in festem Fundament gegossenen Strukturen ist vorbei. Die Welt und die Märkte sind volatil. Man kann diese Flüchtigkeit als Grund für die Krisen sehen. Man kann sie aber auch als Chance begreifen: Es ist möglich, auch im Maschinenbau durch das Hinterfragen von etablierten Prozessen, durch das mutige Ausprobieren, durch Investitionen in Zukunftsteams und durch das ernsthafte Umsetzen neuer Ideen Innovationen zu entwickeln, die in Sachen Effizienz alles in den Schatten stellen, was es vorher gab. Das funktioniert bei Produktionsanlagen in den Nischen des Maschinenbaus genauso gut wie bei IT-Themen aus dem KI-Kosmos.
Wenn Ingenieur*innen eines wissen, dann doch das: Die Welt der Technik ist nie ausgereizt. Es gibt immer noch etwas zu optimieren. Hier liegt die große Chance für den Maschinenbau. Die Branche ist längst nicht so festgefahren, wie es in der Krise erscheint. Die junge Generation hat die Chance, alle Prognosen auf den Kopf zu stellen. Indem sie aus der Not eine Tugend macht. Mit wenig viel erreicht. Für Überraschungen sorgt. Was man dafür benötigt: Fachwissen, klar. Dazu ein Unternehmen als Arbeitgeber, das Möglichkeiten bietet, sich zu entwickeln. Das den Mut fördert und eine motivierende Fehlerkultur besitzt. Und natürlich Einsteiger*innen, die Lust mitbringen, die Lage zu ändern – oder eben, wie im Song „Lottoscheine“, das Glück zu erzwingen.
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Rückkehr aus dem Ruhestand
Wer heute im Maschinenbau einsteigt, wird in den Unternehmen auf viel Erfahrung treffen. Ein weiterer Weg vieler Arbeitgeber, den Fachkräftemangel abzufedern, ist es nämlich, Mitarbeitende aus dem Ruhestand zurückholen. Laut einer Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) setzten bereits mehr als die Hälfte der Maschinenbauunternehmen auf die Beschäftigung von Ruheständler*innen. Jedoch bemängelt das IW zahlreiche regulatorische Hürden. Und auch mit Blick auf die Arbeitskultur müsse sich etwas tun: „Arbeiten bis zum gesetzlichen Rentenalter und darüber hinaus sollte nicht länger als Zumutung gelten, sondern als Chance“, wird Oliver Stettes vom IW in der Zusammenfassung der Studie zitiert.
Mit einer mehr als 570 Jahre langen Geschichte zählt Achenbach Buschhütten zu den ältesten Unternehmen Deutschlands. Im Bereich des Maschinenbaus fürs Walzen dünnster Aluminiumfolien ist das Unternehmen Weltmarktführer. André E. Barten leitet das Unternehmen in achter Generation. Worauf es dabei ankommt, erzählt er im Interview. Die Fragen stellte André Boße
Zur Person
André E. Barten, Foto: Achenbach Buschhütten
André E. Barten, Jahrgang 1981, ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Achenbach Gruppe und führt das Familienunternehmen in der achten Generation. Nach seinem Studium des Wirtschaftsingenieurswesens stieg er 2008 in das Unternehmen ein, wurde ab 2012 Geschäftsführer der verschiedenen Unternehmensteile und übernahm 2020 die Gesamtverantwortung. Zusammen mit seinem Vater und dem Betriebsratsvorsitzenden erhielt er 2021 den renommierten „Preis für soziale Marktwirtschaft“ der Konrad-Adenauer- Stiftung. Als Mitglied des Industry Advisory Board des Exzellenzclusters „Internet of Production“ der RWTH Aachen ist André E. Barten in verschiedenen Aktivitäten rund um die Digitalisierung der Produktionstechnik engagiert.
Herr Barten, wann wird Ihnen im Alltag die lange Historie Ihres Unternehmens bewusst?
Man merkt an vielen Stellen, dass hier seit 573 Jahren unternehmerisch gearbeitet wird. Das Unternehmen befindet sich noch an dem Standort, an dem es 1452 gegründet wurde. Man kann diese Stelle benennen, anhand einer Wasserrechtszuteilung des damaligen lokalen Prinzen. Und genau dort steht heute unser Campus, wo Studierende und Auszubildende all das lernen, was sie für die Zukunft brauchen. Sie tun das in einer Halle, die zwar komplett modernisiert wurde, aber auch schon mehr als 100 Jahre auf dem Buckel hat.
Wie hilft diese Historie beim innovativen Denken? Unsere lange Historie ist ein Fundament, das sich zum Beispiel bei den Werten, die wir als Unternehmen leben, niederschlägt. Beim innovativen Denken hilft die Geschichte aber nicht. Im Gegenteil, sie darf uns nicht daran hindern, immer wieder neu zu denken, Neues zu entwickeln. Wir sind Weltmarktführer in einer Nische des Maschinenbaus, in einem sehr dezidierten Bereich. Unsere ganze Historie und die guten Entwicklungen der vergangenen 50 Jahre nützen uns in dem Augenblick nichts mehr, wenn es so weit kommen sollte, dass ein anderes Unternehmen das, was wir heute besonders gut machen, plötzlich noch ein wenig besser macht. Deshalb sind Innovationen für uns überlebenswichtig.
Sie leiten das Unternehmen in achter Generation. Wie haben Sie Ihren eigenen Weg gefunden, es zu führen?
Dieser Weg ergibt sich von allein, weil sich ein Unternehmen in der heutigen Zeit ständig neu erfinden muss. Alle zehn Jahre, vielleicht sogar alle fünf Jahre. Das ist eine große Aufgabe, aber natürlich auch eine große Chance. Ich will zwei Beispiele aus dem Maschinenbau nennen: Eines ist die enorme Entwicklung im Bereich von Werkstoffen und Werkstoffverbunden. Hier gibt es Möglichkeiten, immer wieder andere Materialien einzusetzen. Ein zweites Beispiel sind die Vernetzungslösungen: Wir sind ein Systemanbieter und arbeiten mit einem Cloud-System, das alle Maschinen miteinander vernetzt. Wir nutzen es schon seit Jahren, weil es gerade für unser Geschäft von großer Bedeutung ist.
Warum? Weil es uns hilft, unser Nischenwissen in die digitale Welt zu führen. Im Prinzip ist das nichts Neues: Wir machen etwas, sammeln Daten – und sorgen in der Analyse dafür, dass wir Muster erkennen und noch besser werden. So arbeitet der Maschinenbau seit vielen Jahren. Wobei uns heute digitale Methoden dabei helfen, diese Lern- und Erneuerungseffekte zu vergrößern. Die Digitalisierung unterstützt den Maschinenbau also dabei, das, was er kann, noch besser zu machen.
Innovation kommt immer aus dem Ingenieur heraus. Was dieser früher in der Mechanik und später dann in der Automatisierung gemacht hat, findet nun in der Welt der digitalen Daten statt.
Heißt aber auch: Die Innovation entsteht nicht durch die Technik allein.
Nein, sie kommt immer aus dem Ingenieur heraus. Was dieser früher in der Mechanik und später dann in der Automatisierung gemacht hat, findet nun in der Welt der digitalen Daten statt. Weshalb es so wichtig ist, den Menschen die digitale Transformation nicht aufzudrücken. Ohnehin ist die Art des Denkens bei den Ingenieuren oder Technikern bereits angelegt.
Sie sind Weltmarktführer. Was bedeutet das für Ihre tägliche Arbeit?
Wir sind Weltmarktführer in einer Nische. Diese ist für große Anbieter nicht skalierbar und damit nicht interessant. Marktführerschaft wird immer dann ein Problem, wenn der Bereich zu groß wird. Weil man dann einen Großteil des Marktes verteidigen muss. Das müssen wir nicht. Wir müssen aber aufpassen, dass wir nicht eine Veränderung des Marktes verschlafen – und plötzlich andere Akteure auftauchen, die das, was mir machen, besser oder günstiger können.
Und Sie müssen aufpassen, dass die Nische nicht zu klein wird.
Genau. Daher ist es so wichtig, dass die Produkte, die wir liefern, Zukunftspro dukte sind. Wir bedienen in unserem Spezialgebiet Megatrends. Zum Beispiel die Elektromobilität und die Entwicklung von Batterien. Es gibt einen wahnsinnigen Bedarf an Speicher. Wenn Sie heute einen Staubsauger kaufen, finden Sie bei den meisten Geräten kein Kabel mehr. Immer mehr Maschinen oder Powertools laufen mit Batterien. Der Markt wächst, die Technologie wird immer besser und preisgünstiger, weil mehr Geld investiert wird. Ein weiterer Zweig, der wächst, ist der Markt für nachhaltige Verpackungen. Die Kreislaufwirtschaft hat erkannt, dass das Aluminium zwar bei der Erstherstellung sehr energieintensiv ist, es aber danach sehr lange im Kreislauf bleibt. Das heißt, ich kann aus einer Espresso- Kapsel wieder eine Espresso-Kapsel und wieder eine Espresso-Kapsel machen. Gleiches gilt bei Blister-Verpackungen für Tabletten.
Was fasziniert Sie als Wirtschaftsingenieur an dem, was Sie mit dem Unternehmen machen?
Der tatsächliche Prozess, der mit unseren Maschinen abläuft. Wir beginnen mit einem dicken Walzbarren, am Ende haben wir Folien mit einer Stärke von 0,0045 Millimetern. In dem Prozess drücken wir mit einer Kraft von 600 bis 800 Tonnen auf den Barren, sprühen bis zu 10.000 Liter Öl drauf. Wir ziehen und erwärmen die Walzen, pumpen sie teilweise auf 500 bar auf. Da wirken die Kräfte einer Diesel-Lok. Und wenn man dann sieht, dass sich eine unserer Batteriefolien in einem Akku befindet und diese Batterie dafür sorgt, dass ein Auto damit fährt – dann ist das für einen Ingenieur schon sehr spannend.
Neben Tiefe und Ernsthaftigkeit für eine Sache braucht es Mut, den einen Schritt weiter zu machen und Dinge auszuprobieren.
Wie gelingt es Ihnen im Unternehmen, die Innovationskraft der verschiedenen Generationen zu bündeln? Das funktioniert über gegenseitigen Respekt. Hier hat die junge Generation heute einen Vorteil: Sie bringt Erfahrungen mit, die die Älteren nicht unbedingt haben. Nämlich die Erfahrung, wie sich digitale Methoden gewinnbringend einsetzen lassen. Das kennt jeder aus der Familie: Früher war es immer der Opa, der dem Enkel etwas beigebracht hat. Heute kann der Enkel bei bestimmten digitalen Themen auch dem Opa helfen. Diese Form von Kollaboration ist nicht einfach zu organisieren, sie ist aber eine Riesenchance für traditionelle Unternehmen aus dem deutschen Maschinenbau. Weil man von beiden Seiten innovatives Denken einbringen kann. Damit das funktioniert, darf es kein Hierarchie- Gefälle von Alt nach Jung geben. Und: Die Kollaboration muss im Unternehmen gut moderiert werden. Weil alles, was disruptiv ist, bei den Jungen dazu führen kann, dass sie ein bisschen zu hoch fliegen – und den Älteren sagen: „So, wie Ihr das macht, ist’s Mist.“ Wodurch die Älteren eine Abwehrhaltung entwickeln könnten. Diese Fronten dürfen sich nicht bilden. Ein Spannungsfeld soll es aber bleiben, denn ein solches bewirkt Innovationen.
Durch Ihren Campus kommen Sie regelmäßig mit der jungen Generation in Interaktion. Was würden Sie den Ingenieuren von morgen gerne mitgeben? Dass man zwei Dinge benötigt: Tiefe und Ernsthaftigkeit. Innovationen im Maschinenbau entstehen nicht, wenn man sich viele Videos im Internet ansieht. Und sie entstehen auch nicht durch endlose theoretische Reden. Man muss stattdessen Sachen machen, um sie zu verstehen. Genau das ist bei uns im Campus möglich: Er bietet ein Reallabor, eine Demonstrationsfabrik. Das passt zur Arbeit als Ingenieur: Der Maschinenbau ist dann erfolgreich, wenn er ins Machen kommt. Es gibt diesen Spruch, den ich gerne nutze: „Machen ist wie wollen, nur krasser.“ Um die nötige Tiefe und Ernsthaftigkeit zu erreichen, braucht man Disziplin, braucht man Biss, und zwar auf langer Strecke, nicht nur bei bestimmten Projekten. Und man braucht Mut. Mut, auch mal ins Risiko zu gehen, den einen Schritt weiter zu machen, Dinge auszuprobieren, auch wenn der Ausgang nicht zu einhundert Prozent sicher ist. Ich glaube, dieser Mut fehlt der jungen Generation manchmal ein bisschen. Weil die Angst, Fehler zu machen oder sich auf unsicheres Terrain zu begeben, heute größer ist, als es bei den Generationen davor der Fall war.
Haben Sie denn im Unternehmen eine Fehlerkultur, die der jungen Generation diesen Mut gibt?
Ich glaube noch nicht. Das ist natürlich abhängig von der individuellen Führungskraft, aber ich denke schon, dass wir selbst noch eines lernen müssen: Es gibt gute Fehler und dumme Fehler. Gute Fehler zu erlauben, das ist die Königsdisziplin. Und da müssen wir als Organisation sicher noch ein paar weitere Schritte machen.
Zum Unternehmen
1452 installieren die Brüder Busch an einem Bach in Kreuztal im Siegerland einen mit einem Wasserrad angetriebenen Eisenhammer, um schmiedbares Eisen herzustellen. Es ist der Beginn einer Unternehmensgeschichte, die sich bis heute fortsetzt. Mitte des 19. Jahrhunderts kauft die Familie Achenbach den Eisenhammer und baut an Ort und Stelle eine Gießerei. Acht Generationen später ist das Unternehmen Achenbach Buschhütten Systemanbieter und in wesentlichen Teilen Weltmarktführer für die Herstellung von Maschinen zum Flachwalzen und Folienschneiden von Nicht-Eisen-Metallen. Das Unternehmen ist weiterhin im Familienbesitz und beschäftigt aktuell rund 550 Mitarbeiter. Im Campus Buschhütten, beheimatet in einer alten Produktionshalle des Unternehmens, entwickeln Partner von technischen Universitäten und regionalen Industrieunternehmen praxisnah neue Produktionstechniken.
Die Bioingenieurin Christina Scherzer und ihr Team an der Hochschule München haben einen neuartigen Katheter entwickelt, der während einer Operation kontinuierlich durch Licht desinfiziert wird. Dieses neue Konzept soll Patienten effektiv vor Krankenhauskeimen schützen. Für ihre Innovation erhielt Christina Scherzer 2024 von der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (VDE DGBMT) und dem Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) den Preis für Patientensicherheit in der Medizintechnik. Klinische Studien für den Harnwegskatheter sind für Ende 2025 geplant.
Mehr Frauen fürs Ingenieurwesen
Das Projekt F-SIE – Frauen für Sicherheit, Innovation und Einsatz – an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) will den Frauenanteil in MINT- und vor allem in Ingenieurberufen durch Informationsaustausch, Karrierehilfen und Weiterbildung erhöhen. Die Karriereförderung setzt auf Begeisterung, Wissensvermittlung sowie eine alters- und disziplinübergreifende gegenseitige Unterstützung von Frauen im Ingenieurwesen. Die Projektpartner decken alle Zielgruppen des Projekts ab: Die Hochschule Furtwangen setzt ihren Schwerpunkt auf junge Studentinnen und Studieninteressierte, die Otto-von-Guericke- Universität Magdeburg und die BAM auf Studentinnen höherer Semester sowie auf Doktorandinnen und Post-Docs.
Zwei Ingenieurinnen ausgezeichnet
Der mit jeweils 3.000 Euro dotierte Dr. Wilhelmy VDE Preis geht jährlich an hervorragende Ingenieurinnen der Elektro- und Informationstechnik. 2024 wurde der Preis zum einen Dr. Liana Khamidullina für ihre Dissertation an der TU Illmenau zum Thema Signalverarbeitung gewidmet. Für medizinische Anwendungen wie EEGs hat sie ein Modell entwickelt, das auf Datenfusion basiert und somit in der Lage ist, die Informationen vieler Sensoren gleichzeitig zu verarbeiten. Dr.-Ing. Julia Rosenberger von der Universität Duisburg-Essen erhielt den Preis für ihre Industriepromotion über die Verarbeitung von industriellen Datenflüssen. Sie wollte damit Möglichkeiten aufzeigen, wie sich Datenflüsse softwarebasiert und damit wirtschaftlich handhaben lassen.
Erster Quantencomputer in Hessen
An der Frankfurter Goethe-Universität wurde der Quantencomputer „Baby Diamond“ in Betrieb genommen. Der erste Quantencomputer in Hessen verfügt über fünf Quantenbits. Das Besondere: Er läuft bei Raumtemperatur und muss nicht, wie andere Quantencomputer, mit flüssigem Helium gekühlt werden. Forschende und Studierende wollen untersuchen, wie „Baby Diamond“ Spezialaufgaben in großen Superrechnern übernehmen kann. Sie wollen Algorithmen für den Quantencomputer entwickeln und die Erzeugung der Quantenbits verändern.
„Hi! Ich bin Jan Hendryck Wandschneider. Ich spiele seit meinem 11. Lebensjahr Schlagzeug – aktuell bei der Big Band Bad Schwartau. Zum Ausgleich fahre ich gerne eine längere Strecke mit dem Fahrrad durchs Lübecker Umland. Ich habe in Berlin, Reykjavík und Wismar studiert und einen Master in Informations- und Elektrotechnik. Seit 2023 bin ich bei Dräger als Software Engineer angestellt und arbeite an einem neuen Anästhesiegerät. Auch nach der Arbeit bastle ich öfters mit Elektronik und Mikrocontrollern.“
Von Elektrotechnik habe ich zum ersten Mal auf dem Open Flair Festival 2015 gehört, wo ich mich mit einer Doktorandin unterhielt. Im Rahmen ihrer Dissertation programmierte sie ein MRT-System. Ich war begeistert. Als ich dann noch herausfand, dass Elektrotechnik eine Mischung aus meinen Lieblingsschulfächern Mathe, Physik und Informatik ist, war ich überzeugt. Studiert habe ich im Bachelor an der HTW Berlin. Für Elektrotechnik nicht sehr bekannt, aber besonders gefallen hat mir die Internationalität. Während eines Auslandssemesters im isländischen Reykjavík konnte ich den Informatik-Schwerpunkt vertiefen und Erfahrung mit der Programmiersprache C++ sammeln. Zum Master bin ich an die Hochschule Wismar gewechselt und habe dort Informations- und Elektrotechnik studiert. Der große Vorteil dieser kleinen Hochschule liegt in der nahezu individuellen Betreuung und dem direkten Kontakt zu den Professoren.
Mit einem Elektrotechnik-Studium hat man viele Möglichkeiten. Anfangs habe ich als Werkstudent bei einem Übertragungsnetzbetreiber, also in der Energiebranche, gearbeitet. Am meisten Spaß hatte ich dort beim Programmieren der Visual- Basic-Makros zur automatisierten Datenauswertung. Meinen ersten Kontakt zu Dräger habe ich durch meine Masterarbeit hergestellt, als ich in der Grundlagenentwicklung einen neuartigen Stickstoffdioxid-Sensor in eine IoT-Plattform eingebunden habe. Zum Ende meiner Arbeit hat Dräger in der Medizintechnik eine Stelle als Softwareingenieur*in ausgeschrieben. Embedded Softwareentwicklung in C++, hardwarenah arbeiten, Tests schreiben und die vielen Komponenten eines Anästhesiegeräts verknüpfen: Genau das wollte ich machen.
Konkret auf diese Tätigkeit hat mich mein Elektrotechnik-Studium natürlich nicht vorbereitet. Es hat aber die Grundlagen gelegt. Vieles war mir während des Berufseinstiegs unbekannt und ich musste immer bereit sein, mich mit neuen Themen zu beschäftigen, vor allem in den Bereichen Anästhesie und Beatmung. Derzeit befinden wir uns in der Entwicklung eines neuen Anästhesiegeräts. Meine Aufgabe ist dabei, neue Funktionen zu implementieren und zu testen. Dazu gehört auch die Vervollständigung von Tests für bestehende Implementierungen. Außerdem wollen wir die Stabilität des Geräts stetig verbessern, wozu ein klein wenig detektivisches Gespür hilfreich ist, um die Bugs zu finden.
Ich freue mich jedes Mal aufs Neue, wenn ich eine Fehlerursache finde oder komplexe Zusammenhänge verstehe. Bei der Implementierung neuer Funktionalitäten habe ich oft ein unbeschriebenes Blatt und kann dann darauf achten, intuitiv verständlichen Code zu schreiben – das macht die Arbeit interessant. Ich finde es erfüllend, damit etwas Sinnvolles für eine bessere Medizintechnik beitragen zu können.
Elisa Finck arbeitet als Lebensmitteltechnologin und Vertriebsingenieurin bei einem Maschinenbauunternehmen in Paderborn. Im karriereführer berichtet sie über ihre Aufgaben im Vertrieb und warum Hundefutter und Pflegecremes sehr spannend sein können. Aufgezeichnet von Sabine Olschner
Mein Interesse für die Lebensmitteltechnologie wurde schon in der Schulzeit durch ein Praktikum bei einem Schokoladenhersteller geweckt. Hier haben mich besonders die Geheimnisse der Verfahrenstechnik fasziniert. Daher habe ich mich nach der Schule für ein Studium der Lebensmitteltechnologie entschieden. Nach meinem Bachelor of Science in Lebensmitteltechnologie an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) in Lemgo habe ich direkt den Master in Life Science Technologies dort angeschlossen.
Während meines Masterstudiums habe ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin zwei Jahre lang in der Labor- und Verfahrenstechnik im Labor an der TH OWL gearbeitet. Nach Ende meines Studiums habe ich als Lebensmitteltechnologin bei einem Start-up in Bielefeld in der Produktentwicklung angefangen und bin ein Jahr später zum Maschinenbauunternehmen Glass nach Paderborn gewechselt.
Das inhabergeführte Unternehmen baut Mischer und Prozessanlagen für die Lebensmittelbranche, aber auch für Tierfutter oder Pharmaprodukte. Am Anfang steht immer die grundsätzliche Frage, ob das Produkt schonend, wie bei einem Feinkostsalat, oder intensiv, wie zum Beispiel bei Mayonnaise, vermischt werden soll. Je nach Applikation werden verschiedene Inhaltsstoffe zum Beispiel zu Suspensionen oder Pulvermixturen vermengt. Dazu sind die Prozesse sehr unterschiedlich: von einfachem Vermischen über Erhitzen, Kühlen oder Homogenisieren. Neben unseren Mischern bauen wir auch Plätter, Steaker, Tumbler und automatisierte Woks, um zu plätten, zu marinieren oder zu braten.
Schließlich lässt sich eine Maschine nur dann verkaufen, wenn der Kunde sein Produkt damit bestmöglich fertigen kann. Meine Aufgabe ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dies der Fall ist.
Ich arbeite bei Glass im Vertrieb und begleite Kunden auf dem gesamten Weg, von der ersten Beratung bis zur Inbetriebnahme der Maschine in der Produktion. Ich bin dabei das Bindeglied zwischen dem Kunden und unserer Fertigung. Dazu besprechen wir zunächst die Anforderungen, die für die individuelle Anlage des Kunden bestehen. Danach machen wir bei uns im Technikum mit den Produkten des Kunden Tests, denn Mischen heißt Versuchen. Nach den Versuchen erstelle ich ein passgenaues Angebot. Auf dieser Basis konstruieren meine Kollegen aus der Fertigung die maßgeschneiderte Maschine, die nach Fertigstellung wiederum im Technikum mit dem Produkt des Kunden getestet wird.
Auch in dieser Phase bin ich wieder die Schnittstelle zwischen Technikern und dem Kunden. Ist die Maschine fertig gebaut, verfolge ich die finale Funktionsprüfung hier vor Ort und bei der anschließenden finalen Werksabnahme. Am Ende wird die Maschine ausgeliefert. Ich fahre mit raus zum Kunden und gebe den Mitarbeitern Einweisungen, wie sie die Maschine bedienen. Darüber hinaus stelle ich sicher, dass die Maschine ordnungsgemäß installiert wurde und betriebsbereit ist.
Arbeit im Technikum, Foto: Privat
Neben dem intensiven Projektmanagement und dem Vertrieb besuche ich Messen und bin selbst im Ausstellungsteam auf unseren Messeständen vertreten. Zu guter Letzt betreue ich noch die Praktikanten und die Studierenden bei uns im Haus, erkläre Besuchern unser Technikum und halte Fachvorträge über die Entwicklung in der Branche, zum Beispiel auf Kongressen oder bei Vorlesungen an Hochschulen. Am Vertrieb gefallen mir die Vielfalt und der Praxisbezug. Durch unsere Arbeitsweise im Team bin ich als Projektverantwortliche von Anfang an an allen Prozessschritten beteiligt. Mal führe ich Versuche an der Maschine durch, mal gebe ich Schulungen.
Vielfältige Aufgaben
Meist kommen Unternehmen zu uns, weil ihre Prozesse komplexe Anforderungen an die Anlagen stellen und wir eine individuelle Lösung finden müssen. Letztens hatte ich zum Beispiel einen Kunden, der eine sehr hohe Bandbreite von Produkten fertigt, die nur in kleineren Chargen hergestellt werden. Daher findet bei der Verarbeitung ein häufiger Wechsel von Inhaltsstoffen sowie Aggregatzustand statt. Dies wurde bisher umständlich aus gewachsenen Prozessen mit zwei Maschinen durchgeführt. Durch Versuche im Technikum und eine individuelle Planung der Maschine konnte aus den bisher verwendeten zwei Maschinen der Prozess auf eine Maschine übertragen werden. Unsere Techniker haben ein neues Mischwerkzeug entwickelt, eine neue Motorserie verwendet und die Maschine kompakter gebaut, damit sie weniger Platz benötigt. Meine Aufgabe bestand in der Leitung des Projekts: Was fordert der Kunde? Wie können unsere Techniker das umsetzen? Was für Möglichkeiten gibt es? Ist das Ganze überhaupt realisierbar?
Ich habe bei unseren Kunden schon so viele spannende Produkte kennengelernt. Es macht mir jedes Mal viel Spaß, die Projekte mit all ihren Herausforderungen umzusetzen und am Ende positives Feedback von den Kunden zu bekommen. Es freut mich immer wieder, wenn sie begeistert sind und ihre Produkte mit unserer Hilfe herstellen können – oft mit besserer Leistung oder nachhaltiger als zuvor.
Mein Tipp für Lebensmitteltechnologen, die ebenfalls in den Vertrieb gehen möchten: Man sollte keine Angst vor dem Vertrieb haben, auch wenn es dabei um kaufmännische Fragen geht, die im Ingenieurstudium nicht unbedingt vorkommen.
Man lernt vieles bei den täglichen Aufgaben. Ich finde es schön, als Ingenieurin weiterhin den Kontakt auch zur technischen Seite zu haben. Der Vertrieb spielt in einem Unternehmen ja eine sehr entscheidende Rolle. Schließlich lässt sich eine Maschine nur dann verkaufen, wenn der Kunde sein Produkt damit bestmöglich fertigen kann. Meine Aufgabe ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dies der Fall ist.
Trends in der Lebensmitteltechnologie
Zunehmende Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln und alternativen Proteinen, wie Fleisch aus dem Labor und pflanzenbasierter Milch
Personalisierte Ernährung
Hohe Automatisierung in der Produktion
Intelligente Verpackungslösungen (Smart Packaging), die die Haltbarkeit verlängern und die Bequemlichkeit für den Verbraucher verbessern
Blockchain-Technologien für die Rückverfolgbarkeit der Inhaltsstoffe
Technologien zur Abfallreduzierung (von Verpackung und Lebensmittelabfällen)
Vor zehn Jahren verkaufte Nvidia Grafikkarten für Videospiele zum Stückpreis von 200 Dollar. Heute verkauft es mehrere Millionen Dollar teure Ausrüstung für Superrechner. Alle großen KI-Applikationen – unter anderen Midjourney, ChatGPT, Copilot – sind auf Nvidia-Maschinen entwickelt worden. Wie wurde Nvidia zu einem der wertvollsten Unternehmen der Welt? Der US-Journalist Stephen Witt erzählt die Geschichte, wie Jensen Huang, ein Entwickler von Videospielgeräten, den Markt für KI-Hardware eroberte und dabei den Computer neu erfand. Stephen Witt: The Thinking Machine. Jensen Huang, Nvidia und der begehrteste Mikrochip der Welt. Campus 2025. 32 Euro.
Für eine erfolgreiche Digitalisierung
Die Digitalisierung verändert nicht nur die Art und Weise, wie Unternehmen Geschäfte machen, sondern sie verändert auch unsere Vorstellung von Business. Gleichzeitig ist die Digitalisierung eine der wichtigsten Grundlagen für die Entwicklung von künstlicher Intelligenz. In seinem Buch „Digitalisierungsmanagement“ stellt Roman Stöger Konzepte und Instrumente für eine erfolgreiche Digitalisierung vor. Von einem gemeinsamen Digitalisierungsverständnis über eine solide Digitalisierungsstrategie bis zu einer effizienten -struktur und einer robusten -kultur. Sein Buch bietet nützliche Werkzeuge und Methoden zur effektiven Umsetzung der Digitalisierung in Unternehmen und zeigt, wie künstliche Intelligenz dabei helfen kann. Roman Stöger: Digitalisierungsmanagement. Digitale Geschäftsmodelle und künstliche Intelligenz nutzen. Schäffer-Poeschel 2025. 49,99 Euro
Von der Küchenrenovierung bis zur Marsmission
Ob Elbphilharmonie, Berliner Flughafen oder Stuttgart 21 – Großprojekte gehen in der Regel schief. Sie werden zu teuer, dauern zu lange oder erfüllen nicht den Zweck, für den sie gedacht waren. Aber auch bescheidenere Unternehmungen scheitern häufig, sei es die Gründung eines kleinen Unternehmens, die Organisation einer Konferenz oder einfach nur das Zusammenbauen eines Kleiderschranks. Oxford-Professor Bent Flyvbjerg ist der weltweit renommierteste Megaprojekt-Forscher. Er identifiziert die Fehler, die dazu führen, dass Projekte scheitern und zeigt die Prinzipien auf, die den Erfolg eines Projektes sicherstellen. Sein Buch „How Big Things Get Done“ erklärt, wie man jedes ambitionierte Projekt erledigt – pünktlich und im Budget. Bent Flyvbjerg, Dan Gardner: How Big Things Get Done. Wie Projekte gelingen: von der Küchenrenovierung bis zur Marsmission. Droemer Knaur 2024 . 20 Euro
Kein Stress in der hybriden Arbeitswelt
Die Arbeit zwischen Homeoffice und Büro bringt viele Vorteile, erfordert jedoch eine neue Art des Stressmanagements für jeden Einzelnen. Besonders der Wechsel zwischen Präsenzarbeit und Homeoffice kann eine große Herausforderung darstellen. In ihrem „Praxisbuch Stressmanagement für die hybride Arbeitswelt“ erklärt die Psychologin Dr. Sandra Waeldin unter Berücksichtigung neuester Forschungsergebnisse und mithilfe zahlreicher alltagstauglicher Übungen, wie multimodales Stressmanagement erfolgreich gelingt. Sandra Waeldin: Praxisbuch Stressmanagement für die hybride Arbeitswelt. Übungen für einen gesunden Alltag zwischen Homeoffice und Büro. Wiley-VCH GmbH 2024. 19,99 Euro
THINK POSITIV!
Gute Führung spürt man kaum – schlechte umso mehr. Positive Leadership lenkt die Aufmerksamkeit auf die positive Abweichung, also auf das Gelingende und positiv Herausragende. Der Ansatz befähigt Führungskr.fte, ihre Teams und Organisationen durch authentisches, empathisches und inspirierendes Handeln zu stärken. Das Buch „Positiv führt!“ zeigt, welches Führungsverhalten heute zeitgemäß ist, und versteht sich als Anleitung, um eine zukunftsfähige, resiliente und positive Führungs- und Unternehmenskultur zu gestalten. Elke Katharina Meyer, Thomas Achim Werner, Frank Nesemann: Positiv führt! Mit Positive Leadership Teams und Organisationen empowern. BusinessVillage 2024. 34,95 Euro
Nachhaltig erfolgreich!
Annahita Esmailzadeh ist als Tochter iranischer Einwanderer in einem sozialen Brennpunkt aufgewachsen. In ihrem Buch berichtet die mittlerweile vielfach ausgezeichnete Wirtschaftsinformatikerin und Microsoft- Managerin über ihre Erfolgsgeheimnisse. Sie deckt die unsichtbaren Spielregeln auf, die entscheidend sind, um in der modernen Geschäftswelt zu überleben und nachhaltig erfolgreich zu sein. So entlarvt sie die subtilen Mechanismen und Machtstrukturen und zeigt, worauf es wirklich ankommt. Annahita Esmailzadeh und Swantje Allmers: Was du nicht hören willst. Aber wissen solltest, um erfolgreich zu sein. Haufe 2025. 18 Euro
Neue Leadership-Komptenzen
Die Wirtschaftslage in Deutschland war lange Zeit stabil und wachstumsorientiert, die Fachkräftedeckung hinreichend. Doch der Wind hat sich gedreht, Krisen und Veränderungen brachen wie gigantische Wellen über die Unternehmen herein. Business-Coach Ben Schulz fordert daher eine neue Betrachtung der Leadership- Kompetenzen: eine „radikale Perspektive“, ein radikales Umdenken und Handeln – für ein höheres Veränderungstempo, eine deutliche Aufbruchstimmung, für mehr Motivation und Handlungsfähigkeit. Sein Ziel: Führungskräfte zu Hoffnungsträgern und Perspektivenmachern zu entwickeln. Ben Schulz: Führungskräfte als Hoffnungsträger. Durch Selbstreflexion und adaptive Strategien in Krisenzeiten bestehen. Remote Verlag 2025. 19,99 Euro
Das Recycling-Start-up ScrapBees, bekannt unter der Marke SchrottBienen, hat sich auf Altmetall- Abholung spezialisiert. Mit einer eigenen Flotte von über 30 Fahrzeugen holen sie Metallabfälle direkt vor Ort ab, wiegen sie und führen sie über Rohstoffhändler in den passenden Recyclingkreislauf zurück. Das Unternehmen aus Neuss im Rheinland wurde 2020 von Florian Kriependorf, Sebastian Kopsan und Thilo Hamm gegründet und ist mit seinen Fahrzeugen außer in Nordrhein-Westfalen auch in zahlreichen deutschen Metropolregionen unterwegs. www.schrottbienen.de
Energiewende einfach gemacht
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Solaranlagen, Wärmepumpen oder Batteriespeicher: Der Start eines eigenen Energiewende-Projektes ist für viele Menschen sehr kompliziert. Für Energiedienstleister ist die komplexe Erstberatung von Endkunden sehr zeitaufwändig. Fabian Reetz und Céline Göhlich wollen mit ihrer digitalen Energieberatung Everyone Energy Energiedienstleistern helfen, ihre Vertriebsprozesse sowie die Projektumsetzung zu automatisieren und zu digitalisieren. Dazu haben sie eine Software für maßgeschneiderte Beratungsdienste zu erneuerbaren Energielösungen entwickelt, die sowohl die technischen als auch die regulatorischen Fragen der Endkunden beantworten. www.everyone-energy.de
Textilien gerettet
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Textilien retten und ihnen ein zweites Leben schenken, das ist das Ziel des Berliner Start-ups Moot. Moot steht für „Made out of trash“ – und genau das machen der Modedesigner Nils Neubauer und Betriebswirt Michael Pfeifer. Sie entwerfen Bekleidung und Accessoires aus Textilmüll, darunter aussortierte Bettwäsche, Stoffreste, Vorhänge oder Autogurte. Die Textilspenden werden in Handarbeit vor allem von Menschen mit psychischer Beeinträchtigung in einer Berliner Sozialeinrichtung zu bunter Mode mit Vintage-Touch verarbeitet. www.moot.eco
Bambus verwendet
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2012 entdeckten Jonas Stolke und Maximilian Schay aus Kiel ein Bild von einem Bambusfahrrad aus Ghana. Damit war ihre Geschäftsidee geboren: Sie wollten Fahrräder aus nachhaltigem Material herstellen. Die Fahrradrahmen ihrer Räder werden in Ghana hergestellt, um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu fördern und Kindern in der Region Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Kunden können ihr Modell individuell zusammenstellen, bevor es in kompletter Handarbeit hergestellt wird. www.my-boo.de
Die Technik steht nie still. Neue Materialien, innovative Konstruktionsmethoden und digitale Werkzeuge fordern von Ingenieur*innen ständige Anpassung. Wer als Ingenieur*in erfolgreich sein will, muss sich weiterbilden – und das nicht nur, weil es in vielen Bereichen vorgeschrieben ist. Weiterbildung ist die Eintrittskarte in eine spannende und zukunftsorientierte Karriere. Von Stefan Trees
Warum Weiterbildung so wichtig ist
Durch regelmäßige Fortbildungen können Ingenieur*innen ihre Projekte noch besser umsetzen. Präzisere Berechnungen, effektivere Konstruktionen und eine höhere Kundenzufriedenheit sind das Ergebnis. Weiterbildung eröffnet außerdem Türen zu spannenden Spezialisierungen und Führungspositionen. Spezialisierte Ingenieur*innen sind auf dem Arbeitsmarkt gefragt und können sich ihre Stellen oft selbst aussuchen. Weiterbildungsveranstaltungen sind hierbei der ideale Ort, um Kontakte zu knüpfen und Ihr berufliches Netzwerk auszubauen.
Wie können Sie sich weiterbilden?
Die Möglichkeiten sind vielfältig: Der klassische Weg zur Spezialisierung ist die mehrjährige Weiterbildung zum*zur Fachingenieur* in. Weiteres Fachwissen vermitteln Seminare, Kongresse und Workshops zu aktuellen Themen. Wer sich flexibel und zeitlich unabhängig vom eigenen Arbeitsplatz weiterbilden möchte, wählt aus einer wachsenden Zahl an Online-Kursen.
Anerkennung und Zertifizierung: das Gütesiegel für Weiterbildungen
Damit Weiterbildungen beruflich auch wirklich etwas bringen, gibt es Zertifizierungen. Diese garantieren, dass die Inhalte aktuell und hochwertig und international vergleichbar sind. Zertifikate öffnen Türen zu neuen Karrierechancen, denn oft sind spezifische Weiterbildungen Voraussetzung für den beruflichen Aufstieg und die Übernahme von Leitungsfunktionen.
Warum ist die Zertifizierung so wichtig?
Zertifizierte Weiterbildungen unterliegen strengen Qualitätsstandards. Die Inhalte sind aktuell, wissenschaftlich fundiert und entsprechen den neuesten technischen Erkenntnissen. Durch die Zertifizierung wird deutlich, welche Weiterbildungen anerkannt sind und welchen Qualit.tsansprüchen sie genügen. Kunden und Arbeitgeber können sich demzufolge auf die Kompetenz von Ingenieur*innen verlassen, die eine zertifizierte Weiterbildung absolviert haben. Darüber hinaus sind Zertifikate ein wichtiger Nachweis für die eigene Qualifikation und können den beruflichen Aufstieg erleichtern. Zuständig für die Zertifizierung sind Ingenieurkammern, Fachgesellschaften und unabhängige Zertifizierungsstellen.
Wie finanziere ich meine Weiterbildung?
Die Weiterbildung ist ein wichtiger Schritt in der Ingenieurkarriere, aber sie kostet auch Geld. Keine Sorge, es gibt viele Möglichkeiten, Ihre Weiterbildung zu finanzieren. So unterstützen viele Unternehmen ihre Mitarbeitenden bei der Weiterbildung. Das kann bedeuten, dass sie einen Teil der Kosten übernehmen, bezahlten Urlaub gewähren oder sogar Weiterbildungsangebote speziell für ihre Mitarbeitenden anbieten.
Online-Plattformen und Datenbanken
Ingenieur-Netzwerke: Plattformen wie LinkedIn oder Xing bieten Gruppen und Foren, in denen sich Ingenieur*innen über Weiterbildungsmöglichkeiten austauschen.
Weiterbildungsdatenbanken: Es gibt spezialisierte Datenbanken, die Weiterbildungsangebote für Ingenieur*innen zusammenfassen.
Online-Lernplattformen: Plattformen wie Coursera, edX oder Udemy bieten eine Vielzahl von Online-Kursen zu ingenieurtechnischen Themen an.
Bildungskredite sind eine Möglichkeit, die Kosten für Ihre Weiterbildung vorzufinanzieren. In der Regel gewähren diese längere Rückzahlungsfristen. Die Konditionen der Anbieter können sich allerdings sehr unterscheiden, eine intensive Prüfung der jeweiligen Angebote ist daher unerlässlich, um den günstigsten Kredit zu finden.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Förderprogramme und Stipendien, die speziell für Ingenieur*innen aufgelegt sind. Informieren Sie sich bei Ingenieurkammern und Fachgesellschaften sowie der Bundesagentur für Arbeit. Hier bekommen Sie auch Informationen über zahlreiche Stiftungen, die sich für die Förderung der ingenieurtechnischen Weiterbildung engagieren.
Weiterbildung und Beruf: Wie schaffe ich das?
Beruf und Weiterbildung unter einen Hut zu bekommen, ist eine Herausforderung. Flexible Lernformate, gute Planung und Unterstützung aus dem Umfeld helfen dabei. Weiterbildung ist ein lebenslanger Prozess, der auch für Ingenieur* innen von heute bereits von zentraler Bedeutung ist. Sie ermöglicht es, die eigene Kompetenz zu erweitern, die Projektqualität zu verbessern und die beruflichen Ziele zu erreichen. Dies wird in Zukunft immer individueller und digitaler vonstatten gehen: Künstliche Intelligenz und Datenanalyse werden den Lernprozess revolutionieren.
Ihre Weiterbildung – so treffen Sie die richtige Entscheidung
Neben der Finanzierung spielen noch weitere Aspekte eine wichtige Rolle bei der Wahl Ihrer Weiterbildung. Sprechen Sie mit erfahrenen Kolleg*innen, Mentor*innen oder ehemaligen Kommiliton*innen. Sie können Ihnen aus eigener Erfahrung wertvolle Tipps und Empfehlungen geben. Besuchen Sie Kongresse und Fachtagungen. Hier erfahren Sie nicht nur von aktuellen Entwicklungen, sondern Sie können auch direkt mit Weiterbildungsanbietern ins Gespräch kommen. Wählen Sie eine Weiterbildung, die zu Ihren persönlichen Interessen und Karriereplänen passt.
Achten Sie darauf, dass die Weiterbildung von Ihrer zuständigen Ingenieurkammer anerkannt wird. Nur so stellen Sie sicher, dass sie auch für Ihren beruflichen Werdegang zählt. .berprüfen Sie sorgfältig, ob die Inhalte der Weiterbildung zu Ihren persönlichen Lernzielen passen. Informieren Sie sich genau über die Dauer und den zeitlichen Aufwand der Weiterbildung. Planen Sie sie so, dass sie sich gut in Ihren Alltag integrieren lässt. Klären Sie die Kosten im Voraus ab und prüfen Sie alle möglichen Finanzierungsoptionen. Indem Sie diese Aspekte berücksichtigen, treffen Sie eine fundierte Entscheidung für Ihre Weiterbildung und legen damit den Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft in Ihrem Beruf.
Offizielle Stellen und Fachverbände
Bundesingenieurkammer: Die Bundesingenieurkammer bietet umfassende Informationen zu ingenieurtechnischer Weiterbildung, einschließlich einer Übersicht über anerkannte Weiterbildungsstätten und -programme.
Ingenieurkammern der Länder: Die jeweiligen Ingenieurkammern der Bundesländer informieren über regionale Weiterbildungsmöglichkeiten und spezifische Anforderungen.
Tillmann Durth (links) hat ein duales Studium der Elektro- und Informationstechnik an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm absolviert. Zusammen mit seinem Studienkollegen Christoph Kirschner (rechts) hat er nach dem Studienabschluss 2022 das Unternehmen Panelretter gegründet. Ihre Geschäftsidee: Solarmodule vor der Verschrottung retten und sie in Balkonkraftwerke umwandeln. Die Fragen stellte Sabine Olschner
Wie kamt Ihr auf die Idee zu Eurem Unternehmen Panelretter?
In Deutschland werden sehr viele noch gut funktionierende Solarpanel weggeworfen. Zum Beispiel in vielen großen Solarparks, die derzeit relativ neue Solarmodule gegen noch leistungsfähigere austauschen. Häufig gehen einzelne Solarmodule auch zum Beispiel durch Transportschäden kaputt und werden nicht mehr an den Kunden ausgeliefert. Das heißt aber nicht, dass man die gesamte Charge nicht weiter verwenden kann. Wir prüfen die entsorgten Module, bereiten sie wieder auf und verkaufen sie in Form von Balkonkraftwerken.
Woher bekommt Ihr die aussortierten Solarpanel?
Wir arbeiten mit einem Entsorgungsunternehmen zusammen, das uns mit ausrangierten Panels versorgt. Jährlich werden rund 800.000 Solarmodule aussortiert – an Nachschub wird es uns also erst einmal nicht mangeln.
Mit wem arbeitet Ihr sonst noch zusammen?
Wir haben mehrere Partner, die für uns die technischen Aufgaben übernehmen, etwa einen Dienstleister, der die Anlagen durchmisst und dadurch feststellen kann, ob sie noch verwendbar sind. Ein weiterer Partner kümmert sich um die Verpackung und den Versand. Anfangs haben wir das alles noch selber aus einem kleinen Lager heraus gemacht, weil wir schnell an den Markt gehen und schauen wollten, ob jemand wirklich Interesse an gebrauchten und aufbereiteten – neudeutsch: refurbished – Solarpanels hat. Nachdem wir mittlerweile viele Nachfragen nach gebrauchten Modulen haben, überlegen wir nun, wie wir expandieren können.
Seid Ihr als Ingenieure auch technisch ins Geschäft involviert?
Anfangs dachten wir, wir müssten für das Testen unserer Produkte ein technisches Problem lösen. Doch wir stellten fest, dass es die Technik bereits gab. Heute wissen wir: Wir müssen viel mehr aus Kundensicht agieren. Der Kunde will ein technisches Produkt, das garantiert funktioniert. Und er will auch mit einem Refurbished-Produkt eine angenehme Erfahrung machen. Wir stellen Testberichte zur Verfügung und zeigen die Vorteile von Refurbished-Produkten gegenüber fabrikneuen.
Was ist Euer Tipp für junge Ingenieure, die sich ebenfalls selbstständig machen möchten?
Man sollte schnell einen einfachen Weg finden, um zu testen, ob die Produkte am Markt ankommen. Wenn man weiß, was der Kunde will, kann man ein Produkt viel besser positionieren und dem Kunden genau das liefern, was er benötigt. Außerdem empfehle ich die Teilnahme an Hackathons. Wir haben darüber Kontakt zu einem Inkubator und zu Mentoren bekommen, die uns unterstützt haben. Letztlich bedeutet eine Gründung, viel, viel zu lernen. Da ist es gut, wenn man Erfahrung und Hilfe von anderen bekommt.
Was ist Eure Vision? Wir würden gern die Quote der Solarmodule, die refurbished werden, von derzeit unter drei Prozent langfristig auf 20 Prozent erhöhen.
Langsam, aber stetig: Frauen rücken verstärkt in Führungspositionen vor. Die Forschung zeigt, wie gut das Unternehmen tut. Kulturell. Aber auch finanziell. Doch der Fortschritt wird gefährdet von einem gesellschaftspolitischen Trend, der Gender-Vielfalt für unnötig hält und die „maskuline Energie“ feiert. Eine Bestandsaufnahme. Ein Essay von André Boße
Es geht voran. Eine Untersuchung der Unternehmensberatung EY kam Anfang des Jahres zu dem Ergebnis, dass in den Vorständen der deutschen Top-Konzerne so viele Frauen wie noch nie tätig waren. „136 Frauen sitzen in den leitenden Gremien der 160 DAX-, MDAX- und SDAX-Konzerne – 14 mehr als vor einem Jahr“, heißt es in einer Pressemitteilung auf der EY-Homepage. Beinahe jeder fünfte Vorstandsposten in diesen Unternehmen ist also weiblich besetzt. Von echter Gleichheit ist man damit noch weit entfernt, dennoch sind die Fortschritte erkennbar. Was auch folgende Zahl der Analyse belegt: „35 Prozent der neu bestellten Vorstände im Jahr 2024 waren Frauen.“
Ev Bangemann, die bei EY Deutschland den für das Thema Frauen in Führungspositionen verantwortlichen Bereich Climate Change & Sustainability Services leitet, sagt zu dem Ergebnis laut Pressemeldung: „Sehr viele Konzerne haben begriffen, dass Vielfalt in ihren Chefetagen ein wichtiger Aspekt ihres wirtschaftlichen Erfolges ist.“ Allerdings sei dies noch längst nicht überall der Fall. So bleibe der Anteil der Vorstände mit nur einer einzigen Frau im Gremium hoch. „Das wirft Fragen auf, wie ernst die Unternehmen das Thema Diversität in Führungspositionen nehmen“, wird Bangemann zitiert. Zudem sei zu beobachten, dass für Frauen der Weg in die Führungsebene steinig bleibe – „egal ob mittleres Management oder Führungsspitze von Unternehmen“. Was dazu führe, dass Frauen erwiesenermaßen länger bräuchten, um in Top-Funktionen zu kommen. Und dann dort auch kürzer verweilen. Und doch: Beim Thema Frauen in Führungspositionen ist ein Fortschritt erkennbar.
Foto: AdobeStock/agv
Kollaboration und Kooperation: der feine Unterschied
Wer kooperiert, der kollaboriert nicht zwangsläufig auch. Bei beiden Begriffen geht es um die Gemeinschaft. Doch werden bei einer Kooperation die Aufgaben zumeist untereinander aufgeteilt. So werden Silo-Grenzen beibehalten, also Abteilungen oder Teams, die isoliert voneinander arbeiten, tun dies weiterhin. Erst später werden die Resultate zusammengeführt. Die Kollaboration geht einen Schritt weiter: Hier wird gemeinsam an einer Lösung gearbeitet. In vielfältig besetzten Teams über Silo-Grenzen hinweg.
Achtung, Rückschrittgefahr!
Viele Jahre lang lautete die Frage an dieser Stelle: Warum so langsam? Gültigkeit besitzt diese Frage noch immer. Aber eine andere schleicht sich heran. Eine, die bei vielen, die für den Fortschritt und die Gleichberechtigung kämpfen, große Sorgenfalten verursacht: Wie lange noch? Besonders die Nachrichten aus den USA irritieren. „Donald Trump 2.0 – Rollback für Frauenrechte“, meldete das Online-Angebot der Tagesschau in einer Meldung Mitte November, kurz nach den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten. Schon bald folgten die ersten Maßnahmen der Trump-Administration, die Kultur veränderte sich. Diversity, der strategische Oberbegriff, zu dem auch Gender-Gerechtigkeit zählt, wandelte sich innerhalb weniger Wochen bei vielen amerikanischen Unternehmen von einem Müssen-wir-machen- zu einem Streich-Thema.
Anfang Februar 2025 zählte das Handelsblatt die Unternehmen auf, die ihre Gleichstellungsinitiativen ersatzlos gekappt haben: Ford und Toyota, McDonald’s und Harley Davidson, Walmart und der US-Bereich von Aldi. Und nicht nur US-Konzerne machen einen Schritt zurück, sondern auch Unternehmen in Europa. So haben mit Novartis und Roche zwei Schweizer Pharmakonzerne ihre Diversity-Regeln in den USA geändert. Parallel dazu forderte Meta-Chef Mark Zuckerberg im Podcast „The Joe Rogan Experience“ für seinen Konzern mehr „maskuline Energie“: Die Unternehmenskultur habe das Ziel verfolgt, sich von dieser zu entfernen, Zuckerberg spricht von „kultureller Neutralisierung“ – und davon, dass es gut sei, wenn Meta als Konzern die „Aggression ein wenig mehr feiere“. Eine Aussage, die man als bewussten Affront gegen den empathischen Führungsstil lesen kann, der mit Frauen in Verbindung gebracht wird.
Hoch im Kurs: Fürsorge als Führungsstil
Fortschritt auf der einen, Backlash auf der anderen Seite. Wie geht das zusammen?
Fortschritt auf der einen, Backlash auf der anderen Seite. Wie geht das zusammen? Gar nicht, wenn man sich anschaut, wonach die Mitarbeitenden von ihren Führungskräften verlangen und wie Unternehmen performen. Ein Forschungsteam der Hochschule Niederrhein identifizierte 2024 im Rahmen der Studie „Future Leadership – Führungskompetenzen für die neue Arbeitswelt“ eine Reihe von Skills, „die für eine erfolgreiche Bewältigung der zukünftigen Führungsherausforderungen erforderlich erscheinen“, wie der leitende Professor Dr. Alexander Cisik in der Zusammenfassung der Ergebnisse schreibt. Basis der repräsentativen Umfrage war der Status quo: Wie zufrieden sind die Mitarbeitenden mit ihren Führungskräften? Das Zeugnis, laut Studie: ausbaufähig.
Die Mehrheit der Mitarbeitenden ist mit ihrer Führung „nicht wirklich zufrieden“, heißt es in der Zusammenfassung. 43 Prozent der Befragten sehen ihre Erwartungen an die Führungskraft erfüllt oder sogar übertroffen. 27 Prozent sind zwar unzufrieden, möchten der Führungskraft aber helfen, gemeinsam besser zu werden. Bei neun Prozent werden die Erwartungen an die Führung definitiv nicht erfüllt. 21 Prozent der Beschäftigten gaben an, sich die Führungssituation „schön zu reden“ oder hätten „ihre Ansprüche an die Führung reduziert“. Diese Antwortkategorie ist für Unternehmen besonders bedenklich, weil Menschen, die ihre Führungskraft auf diese Art beurteilen, in der Regel bereits innerlich gekündigt haben.
Auf die Frage der Studie, welche Führungsqualit.ten den Beschäftigten wichtig wäre, antworteten die meisten soziale Kompetenz: „Sie wünschen sich menschliche, selbstbewusste und fürsorgliche Führungskräfte“, bringt es der Studienleiter Alexander Cisik im Summary der Studie auf den Punkt. Weniger bedeutsam hingegen seien digitale Kompetenzen: „So wichtig und präsent die digitale Transformation in den Unternehmen auch sein mag, sämtliche diesbezüglichen Verhaltensweisen bilden das Schlusslicht der Bedürfnisrangreihe.“ Auch unternehmerisch-visionäre Kompetenzen seien als deutlich weniger wichtig eingestuft worden. „Menschen wollen menschlich geführt werden“, wird Alexander Cisik zitiert. Jedoch stehe dieser laut Untersuchung wichtigste Skill „Fürsorge“ im Ranking der erlebten Kompetenzen an letzter Stelle.
Der Rückbau von Gender-Gerechtigkeits-Themen zum Vorteil männlich konnotierter Führungsmerkmale entspricht nicht dem, was die Beschäftigten wollen.
Cisiks Fazit: „Angesichts zunehmend an Relevanz gewinnender weicher Werte im Arbeitsumfeld, überrascht es nicht, dass vor allem persönliche Attribute wie Menschlichkeit und Fürsorge von den Beschäftigten in Deutschland deutlich höher gewichtet werden als unternehmerische Kompetenzen. Soziale Kompetenz wird immer wichtiger – neue Leader braucht das Land!“ Wenn weiche Werte wichtig sind, gewinnen logischerweise „Soft Skills“ an Bedeutung. Diese sind das Gegenteil von dem, was Zuckerberg mit seiner „maskulinen Energie“ und der Forderung, Aggression zu „feiern“, meint. Weshalb der Rückbau von Gender-Gerechtigkeits-Themen zum Vorteil männlich konnotierter Führungsmerkmale nicht dem entspricht, was die Beschäftigten in der modernen Arbeitswelt von ihren Führungskräften wollen.
Kollaboration führt zu Erfolg
Aber stehen Frauen in Führungspositionen wirklich für diese gewünschten Kompetenzen? Mit dieser Frage beschäftigt sich seit vielen Jahren die US-Forscherin Heidi K. Gardner von der Harvard University. Bei ihren Untersuchungen hat sie festgestellt, dass weibliche Führungskräfte rund doppelt so viel Zeit mit kollaborativen Bemühungen verbringen, die nicht in ihre formelle Stellenbeschreibung fallen. Und genau diese Kollaboration sei es, die heute zum Erfolgsmodell für Unternehmen werde. „Smart Collaboration“ hat Heidi K. Gardner ihr Buch zu diesem Thema benannt. Ihre Kernthese darin formuliert sie auf ihrer Homepage: „Wenn Spezialisten über Grenzen hinweg an Smart Collaboration beteiligt sind, erzielen Unternehmen höhere Margen, erzeugen sie eine stärkere Kundenbindung, leisten sie innovativere Arbeit und gewinnen und binden sie die besten Talente.“
Diese Unternehmen erzielen damit offensichtlich einen Wettbewerbsvorteil. Das Problem sei nur: Die Kosten, notwendigen Bemühungen und Änderungsprozesse eines solchen kollaborativen Ansatzes seien sofort erkennbar. Der Ertrag dagegen erst später. Auch das ist ein Grund, warum aktuell Backlashes beim Thema Frauen in Führungspositionen erkennbar sind: Programme zurückzufahren spart auf den ersten Blick unmittelbar Geld und Kapazitäten. Die negativen Auswirkungen dieses Rückbaus werden erst später ersichtlich. Geben wird es sie wohl. Und sie werden besonders wehtun.
Dabei sein ist nicht alles
Wenn Frauen im Top-Management sowie im Vorstand tätig sind, komme es, so Heidi K. Gardner, sehr darauf an, dass sie dort auch tatsächlich „inkludiert“ werden. Sprich, dass sie „gehört, geschätzt und wirklich einbezogen werden“, schreibt sie in einem Beitrag für die Harvard Business Review, den sie zusammen mit Randall S. Peterson verfasst hat, Professor an der London Business School. Ist diese Inklusion gelungen, zeigen sich in den gendergerecht besetzten Gremien die Vorteile. Einer von ihnen:
Unternehmensvorstände seien in Entscheidungsprozessen „stärker auf Zusammenarbeit ausgerichtet“. Besteht das Gremium dagegen nur aus Männern, werde „wettbewerbsorientierter“ kommuniziert, verliefen Abstimmungen routinemäßig, ohne „unterschiedliche Standpunkte umfassend zu diskutieren“. Das führe zu einem Problem, wie Gardner und Peterson schreiben: „So werden häufig zugrunde liegende Meinungsverschiedenheiten verschleiert. Was dazu führe, dass diese Vorstände zu selbstsicher in ihren Entscheidungen wurden.“ Es reicht halt nicht aus, Entscheidungen deshalb selbstbewusst zu kommunizieren, weil es im Vorstand selbst dagegen keinen Widerstand gab. Entscheidend ist der Moment, wenn die Entscheidungen auf die Realität treffen. Und dann rächt es sich, wenn im Entscheidungsprozess bestimmte Perspektiven ignoriert wurden oder die Lösung eines Problems nicht vom Ende her gedacht wurde.
Was niemand braucht: Abnick-Gremien
Im Gegensatz dazu neigten Vorstände mit engagierteren Frauen dazu, „sich die Zeit zu nehmen, um bei Meinungsverschiedenheiten ein gemeinsames Verständnis des Problems zu erreichen“. Was zu einheitlicheren Entscheidungen führe, „bei denen jeder verstand, worum es ging, und keine Stimme übergangen wurde“, heißt es im Beitrag. Was dieser inkludierende Ansatz auf wirtschaftlicher Ebene bringe, zeigen die konkreten Zahlen von Gardner und Peterson: „Insbesondere Unternehmen, deren Vorstände über gut integrierte Frauen verfügen, verzeichnen eine um zehn Prozent höhere Aktienrendite.“ Und auch das Verhältnis zwischen Vorstand und Investoren sei besser: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktionäre formell gegen Vorstandsentscheidungen stimmen, ist bei solchen Unternehmen um acht Prozent geringer als bei Unternehmen, die Frauen im Vorstand nicht bewusst inkludierten. Es rechnet sich also, den Status und die Erfahrungen möglichst früh in Frage zu stellen. Was gegen Gremien spricht, die kollektives Abnicken mit Entschlusskraft verwechseln.
Buchtipp: „Smart Collaboration“
Zwar gibt es Heidi K. Gardners Buch „Smart Collaboration: How Professionals and Their Firms Succeed by Breaking Down Silos“ nicht in deutscher Übersetzung, doch lohnt sich die Lektüre des englischen Originals. Die Autorin ist eine ehemalige McKinsey-Beraterin und Professorin an der Harvard Business School, die heute an der Harvard Law School lehrt. Die empirischen Ergebnisse ihrer Studien zeigen, dass sich eine „smarte Zusammenarbeit“ sowohl für Fachleute als auch für ihre Unternehmen auszahlt. Im Buch bietet sie Rezepte, wie es Führungskräften gelingt, die Zusammenarbeit zu fördern und Silos aufzubrechen. Fallstudien zeigen die konkrete Anwendbarkeit der Forschungsergebnisse. Heidi K. Gardner: Smart Collaboration: How Professionals and Their Firms Succeed by Breaking Down Silos. Harvard Business Review Press 2017. 27,40 Euro.