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„Biotreibstoffen gehört die Zukunft“

Interview mit Dr. Gunter Festel

Dr. Gunter Festel ist Experte, wenn aus biotechnologischen Ideen funktionierende Geschäftsmodelle entstehen sollen. Der 47-Jährige hat als Business Angel mehreren Start-ups bei der Gründung geholfen. Zuvor hat er als McKinsey- Consultant vor allem Chemie- und Biotechnologiekonzerne beraten. Im Interview erklärt er, welche Bedeutung Biokraftstoffe haben werden und warum es auch für Naturwissenschaftler sinnvoll ist, BWL-Vorlesungen zu besuchen. Die Fragen stellte André Boße.

Zur Person

Dr. Gunter Festel, Foto: Privat
Dr. Gunter Festel, Foto: Privat
Gunter Festel studierte Chemie, Betriebswirtschaftslehre sowie Finanzen und promovierte in Chemie und Wirtschaftswissenschaften. Anfang 2003 gründete er das Investmentunternehmen Festel Capital, das sich auf die Kommerzialisierung von Technologien in den Bereichen Energie, Ernährung, Gesundheit, Materialien und Umwelt spezialisiert hat. Bis Ende 2002 leitete er bei Arthur D. Little in Zürich das Beratungsgeschäft im Chemie- und Pharmabereich, zuvor war er als Berater bei McKinsey tätig. Seine berufliche Karriere startete er bei Bayer in verschiedenen Managementpositionen in Forschung und Marketing.

Herr Dr. Festel, können Sie sich noch daran erinnern, wann Ihnen zum ersten Mal bewusst wurde, wie groß das wirtschaftliche Potenzial der industriellen Biotechnologie ist?
Wie innovativ die Branche ist, merkt man spätestens, wenn man von der Uni kommt und zum ersten Mal in der Industrie unterwegs ist. Schon in den großen Konzernen passiert eine Menge. Noch spannendere Dinge geschehen dann in Ausgründungen oder Start-ups, also in kleinen, dynamischen Firmen, die sich speziellen Innovationen widmen.

Ein Absolvent, der sich für die Biotechnologie interessiert, hat verschiedene Einstiegsmöglichkeiten: Konzern oder junges Unternehmen, Forschung an der Uni oder in einem privaten Institut. Welche Art des Einstiegs empfehlen Sie?
Wer als Absolvent noch nicht genau weiß, wohin die Reise gehen soll, ist in großen Unternehmen zunächst am besten aufgehoben. Erstens, weil er dort lernt, wie die industrielle Biotechnologie tickt. Zweitens, weil der Weg vom großen ins kleinere Unternehmen immer möglich ist. Vom Kleinen ins Große zu gehen, bereitet dagegen in der Regel mehr Schwierigkeiten. Dennoch: Wer von Beginn an weiß, in welche Richtung es ihn zieht, sollte sich nicht von seinem Weg abhalten lassen.

Angenommen, ich habe als Absolvent für mich ein spannendes Thema im Bereich der industriellen Biotechnologie entdeckt und traue mir zu, mit dieser Geschäftsidee ein eigenes Startup zu gründen. Ist diese Gründung schwieriger oder leichter, als man gemeinhin denkt?
Eher schwieriger. Die Realität hält immer ein paar Prüfungen bereit, die man nicht auf dem Schirm hat. Die größte Hürde ist sicherlich das Geld: Man benötigt Investoren und muss diese davon überzeugen, dass es für sie von Vorteil ist, Geld in dieses junge Biotechnologieunternehmen zu stecken. Es reicht nicht aus, eine Technologie zu entwickeln, die irgendwie nett ist und schick wirkt. Die Problematik ist, dass Investoren zunächst einmal sehr positiv auf Geschäftsideen reagieren. Interessant und spannend ist vieles. Wenn es dann konkret wird und wirklich Geld fließen soll, werden die Hürden immer höher.

Sie unterstützen mehrere junge Biotechnologieunternehmen, die sich auf Biotreibstoffe fokussieren. Das ist für die Zukunft ein riesiges Geschäftsfeld. Wie sieht die Situation heute aus?
Wie in so vielen forschungsintensiven Branchen, ist dieses Thema noch eine Wette auf die Zukunft. Es zeichnet sich aber ab, dass die immer spezifischer werdenden Anforderungen an Treibstoffe dazu führen werden, dass sich für eine Vielzahl an Anwendungen unterschiedliche Lösungen durchsetzen werden. Heute gibt es Diesel, Benzin und Kerosin, alle werden aus dem gleichen Rohstoff gewonnen und sind eng verwandt. Im Zeitalter des Biotreibstoffes wird sich die Palette an Biokraftstoffen ausdifferenzieren. Man hat Biodiesel für den einfachen Straßenverkehr, Biokersosin mit einer ganz anderen Rohstoffbasis für den Luftverkehr. Dazu eigene Treibstoffe für den Last- oder Schiffsverkehr, für die Landwirtschaft oder die Industrie. Es entsteht also ein sehr heterogenes Bild mit vielen Möglichkeiten.

Was muss ich als Einsteiger können, um von diesen Möglichkeiten zu profitieren?
Das Besondere an der Branche ist: Die Technik steht im Prinzip. Jetzt kommt es auf den Preis an. Beste Aussichten hat also jemand, der in der Lage ist, die Produktionskosten zu senken. Entscheidend ist auch, genügend viel und qualitativ hochwertige Rohstoffe zu einem angemessenen Preis zur Verfügung zu haben. Benötigt werden Leute, die sich darauf verstehen, Produktionsprozesse zu konzipieren und große Anlagen zu bauen. Und final kommt es darauf an, die Logistik und den Vertrieb zu organisieren.

Sprich: Der Naturwissenschaftler muss denken wie ein Ökonom, ein Ingenieur und ein Vertriebler.
Genau. Diese Interdisziplinarität ist ja schon lange ein Thema, mittlerweile gibt es spezielle Studiengänge wie Wirtschaftschemie, in der BWL und Chemie kombiniert wird. Wer an der Uni weiterhin jedoch den klassischen naturwissenschaftlichen Weg geht, tut sich später in der freien Wirtschaft eventuell schwer. In vielen Fächern ist das Studium nämlich immer noch nicht flexibel genug. Neben den fachlichen Dingen bleibt zu wenig Zeit für ökonomische oder ingenieurwissenschaftliche Aspekte.

Welche Weiterbildungen empfehlen Sie?
Der MBA lohnt immer. Am besten berufsbegleitend, wobei hier natürlich der Arbeitgeber mitspielen muss. Unabhängig vom Arbeitgeber kann man an den Fern-Unis entsprechende Kurse ausfindig machen. Und wer in der Endphase seines Studiums ist, sollte sich die Zeit nehmen, woanders reinzuschnuppern. Zum Beispiel mal die Wirtschaftswissenschaftler besuchen und dort nach Veranstaltungen Ausschau halten, die einen interessieren.

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