Wer nicht weiß, was ein „Biltroller“ ist oder was er macht, befindet sich in guter Gesellschaft. Vielen geht es ähnlich. Als Biltrolling bezeichnet man die immer stärker zunehmende Verzahnung von Buchhaltung und Controlling. In der Person des Biltrollers werden zwei Berufe zumindest weitgehend vereint: der des (Bilanz-)Buchhalters und der des Controllers. Mit anderen Worten: Ein Biltroller ist sowohl im klassischen externen Rechnungswesen, der Buchhaltung, als auch im internen Rechnungswesen, dem Controlling, zu Hause und besitzt in beiden Bereichen sehr gute fachliche Kenntnisse. Aufgezeichnet von Thomas Koch
Jörgen Erichsen, Inhaber einer Unternehmensberatung und Mitglied im Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller e. V. (BVBC)
Buchhalter arbeiten in erster Linie vergangenheitsbezogen. Sie kümmern sich um die Erstellung von Jahresabschlüssen und berücksichtigen dabei vor allem rechtliche Anforderungen. Controller fungieren eher als interne Unternehmensberater und unterstützen Geschäftsleitung und Führungskräfte eines Unternehmens dabei, richtungsweisende Entscheidungen zu treffen. Sie blicken in die Zukunft, erstellen Planungen, führen Wirtschaftlichkeitsrechnungen durch und unterstützen die Geschäftsleitung bei der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen. Um gesetzliche Regelungen müssen sie sich selten explizit kümmern.
Und doch gibt es Gemeinsamkeiten. Beispielsweise ist ein Controller in vielen Dingen auf die Buchhaltungsdaten angewiesen, wenn er seine Aufgaben richtig erledigen möchte: Große Teile der Planung bauen auf den Zahlen des externen Rechnungswesens auf, Abweichungsanalysen können ohne Zahlen der Buchhaltung nicht durchgeführt werden, und auch Kennzahlen lassen sich schneller erstellen, wenn man die Daten der Buchhaltung sofort versteht und interpretieren kann. Umgekehrt kennen die Mitarbeiter der Buchhaltung die Abläufe und Zusammenhänge bei ihren Mandanten genau und sind in der Lage, passgenaue Controlling-Leistungen anzubieten.
Ich bin seit rund zehn Jahren als Unternehmensberater selbstständig und arbeite in erster Linie für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Begonnen habe ich meine Tätigkeit mit klassischen Controllingaufgaben, zum Beispiel habe ich meine Kunden bei der Einführung einer Kostenrechnung, der Durchführung von Planungsaufgaben, der Erstellung von Businessplänen oder der Finanzierung unterstützt. Schnell musste ich aber feststellen: Ohne Buchhalter oder Steuerberater ist eine umfassende betriebswirtschaftliche Unterstützung der Kunden kaum möglich beziehungsweise unvollständig. Daher habe ich mich mehr und mehr auch in typische Fragen der Buchhaltung eingearbeitet, um bei betriebswirtschaftlichen Entscheidungen, etwa bei Investitionen oder Gestaltungen zum Jahresende, auch buchhalterische und steuerliche Aspekte besser berücksichtigen und spezifische Fragen von Banken oder anderen Kapitalgebern fundierter beantworten zu können. Insofern betrifft der Trend zum Biltrolling auch mich, und ich stelle fest, dass es eine zunehmende Verzahnung der Bereiche gibt.
Wohin wird die Reise gehen? Ich denke, das ist heute in der letzten Konsequenz noch nicht abzusehen. Es gibt starke Argumente für eine weitergehende Harmonisierung des Rechnungswesens und eine Zusammenführung der Berufe des Buchalters und Controllers. Meine Erfahrungen zeigen, dass ein Biltroller, der Kompetenzen aus beiden Teilen des Rechnungswesens in einer Person vereint, besonders gut geeignet ist, in KMU eingesetzt zu werden, um hier effizient Unterstützung zu leisten. Für die Geschäftsführung liegen die Vorteile auf der Hand: Sie müssen nur eine Fachkraft bezahlen und haben eine Person, mit der sie alle betriebswirtschaftlichen Dinge besprechen und gegenüber Dritten, etwa Banken, vertreten können. Entscheidend bei einem weiteren Zusammenwachsen der Berufe ist, dass typische Controllingaufgaben, etwa Planung und Unterstützung bei der Unternehmensentwicklung, nicht vernachlässigt werden und am Ende des Tages nicht „nur“ buchhalterische Arbeiten erledigt werden. Dann ist langfristig unter Umständen sogar die Existenz eines Betriebes gefährdet.
Sicher ist, dass sich für Rechnungswesen- Fachkräfte gute Karrierechancen ergeben, wenn sie sich in beiden Welten auskennen. Daher sollten sich (Bilanz-) Buchhalter um eine Zusatzqualifikation zum Controller bemühen. Controller sollten prüfen, ob es sinnvoll ist, eine Zusatzqualifikation zum Bilanzbuchhalter zu erwerben. In jedem Fall müssen sie ihr buchhalterisches Wissen kontinuierlich ausbauen und erweitern.
Job-Steckbrief Biltroller
Voraussetzungen:
BWL-Studium mit Schwerpunkt Rechnungswesen/Controlling und eine Zusatzaus- oder -weiterbildung zum Buchhalter oder Bilanzbuchhalter bzw. langjährige buchhalterische Praxis. Soft Skills wie Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit, Offenheit für neue Entwicklungen, Einfühlungsvermögen, Fingerspitzengefühl, Konfliktlösungsfähigkeit, Überzeugungskraft, Verkäuferqualitäten sowie Moderationskenntnisse.Gehalt:
Eine gute Orientierung bieten die Einstiegsgehälter für Bilanzbuchhalter und Controller: Einstiegsgehälter in KMU circa 35-38.000 Euro/Jahr, nach 3 bis 5 Jahren ab circa 46.000 Euro/Jahr. Je nach Unternehmensgröße und Branche sind Abweichungen nach oben möglich. Experten glauben, dass die Gehälter in den nächsten Jahren deutlich steigen werden.Aufstiegsmöglichkeiten:
Gut bis sehr gut, beispielsweise zum kaufmännischen Leiter, zum Finanzchef oder – in Großunternehmen – zum Leiter Konzern-Rechnungswesen. Das Sahnehäubchen: Der Fachkräftemangel im Bereich Buchhaltung und Controlling wirkt quasi wie eine Jobgarantie für qualifizierte Personen.Informationen:
Jörgen Erichsen, Jochen Treuz: Biltroller – Vom Bilanzbuchhalter zum Controller.
NWB 2011. ISBN 978-3482632815. 34,80 Euro.
www.bvbc.de www.htw-aalen.de https://rsw.beck.de