Dr. Rainer Schofer ist Präsident des Deutschen Verbands der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft (DVP). Seine Botschaft an Bauingenieure, die sich für eine Karriere im Projektmanagement interessieren: Nicht allein das Interesse gibt einen Startvorteil gegenüber anderen Absolventen, ohne vielfältiges Know-how geht es nicht. Die Fragen stellte André Boße
Dr. Rainer Schofer ist Gesellschafter des Berliner Bau-Projektmanagerunternehmens SMV und Präsident des Fachverbandes DVP. Sein Studium als Bauingenieur absolvierte er an der TU Berlin, wo er 1981 auch promovierte.
Herr Dr. Schofer, was sollten Bauingenieure mitbringen, wenn sie ins Projektmanagement einsteigen möchten?
Ein gut absolviertes Grundlagenstudium ist die Voraussetzung. Wobei Bauingenieure gegenüber Wirtschaftsingenieuren und Betriebswirtschaftlern einen Vorteil haben, weil diese in ihrem Studium oft zu geringe technische Grundkenntnisse vermittelt bekommen haben. Danach wäre ein spezielles Projektmanagement-Aufbaustudium ideal. Wer Zeit sparen möchte, kann auch entsprechende Seminare belegen, die zum Beispiel von der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement oder der Berliner Akademie der Immobilienwirtschaft angeboten werden. Ein wesentliches Know-how besteht heute in interdisziplinären Fachkenntnissen. Dazu gehören das Bauordnungs- und Vertragsrecht, die Technische Gebäudeausrüstung oder Produktkenntnisse bei Baustoffen und ihren Zertifikaten.
Wie hat sich das Projektmanagement großer Bauvorhaben gewandelt?
Die Entwicklung geht hin zu interdisziplinären Ansätzen. Kein Gewerk ist mehr für sich abgrenzbar. Zum Beispiel umfassen energetische Optimierungen nicht nur alle Gebäudebestandteile und Anlagen, sondern gleichermaßen auch das kommunale Umfeld sowie die Versorgungs- und Anbindungsmöglichkeiten. Die Folge ist eine immer größere Komplexität: Wo wir vor 15 Jahren die Projektsteuerung weitgehend auf die konkrete Planungs- und Ausführungsphase beschränken konnten, müssen wir heute bereits in der Projektentwicklung damit beginnen, Lösungskonzepte zu prüfen und Ziele zu definieren. Mit Blick auf die Finanzkrise ist festzustellen, dass nach Maßgabe der Banken ein höherer Controlling- Bedarf entstanden ist – wobei das Controlling auch die Aufgabe des Projektmanagers ist.
Welche Rolle spielt der Projektmanager nach der Übergabe des Objekts an den Bauherrn oder Entwickler?
Früher war das Projekt damit abgeschlossen. Heute gibt es eine Vielzahl von Aufgaben, die zum Teil noch Monate nach der Abnahme anstehen, da das Projektmanagement fest in den Ablauf der Inbetriebnahme integriert ist. Zu den Aufgaben zählen zum Beispiel die Mängelbeseitigung und die Erfassung von Nutzungskosten, die Sanierung der Altstandorte und die Koordination von notwendigen Nachhaltigkeitszertifizierungen.